Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexenheide

Hexenheide

Titel: Hexenheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: aerts
Vom Netzwerk:
betrifft, auf das wir nicht so stolz sein können. Gut, und jetzt zu Alberdine.« Er nickt Karim noch einmal zu, der sich auf seinem Stuhl kerzengerade aufrichtet.
    »Alberdine war die Tochter eines Müllers, das einzige Kind, keine Brüder und Schwestern. Ihre Mutter war im Wochenbett bei Alberdines Geburt gestorben. Solche Dinge sind damals leider ziemlich häufig passiert. Alberdine wohnte zusammen mit ihrem Vater in der Mühle, und es war selbstverständlich, dass sie als einziges Kind das alles einmal erben würde. Deshalb wollte so mancher junge Mann aus dem Dorf sie nur allzu gerne heiraten. Müller war ein guter Beruf, da hatte man praktisch eine Garantie auf ein gutes Einkommen. Viele Menschen waren sehr arm und lebten von dem kleinen Stück Land, das sie besaßen, oder sie waren Tagelöhner oder betrieben einen kleinen Handel. Doch Alberdine, eigensinnig, wie sie war, wies einen Heiratskandidaten nach dem anderen ab. Nun hat am Rand von unserem Dorf eine reiche Familie gewohnt. Diese Familie hatte eine Tochter und immerhin fünf Söhne. Sie besaßen wohl viele Ländereien und Grundstücke, doch wenn man das Ganze unter so vielen verteilt, dann bleibt für jeden nicht so viel übrig. Der Vater von all den Söhnen fasste daher den Plan, den Jüngsten mit Alberdine zu verbinden, denn dann war der Junge gut untergebracht und die Familie um einen neuen, reizvollen Besitz reicher. Als der Müller dann eines Tages starb, blieb Alberdine allein zurück. Innerhalb kürzester Zeit stand der reiche Herr mit seinem Sohn vor der Tür. Und nicht etwa, um ihr ein freundliches Angebot zu machen, glaubt das nur nicht. Er verlangte, dass sie seinen Sohn heiraten sollte, Punkt und Schluss. Doch Alberdine, störrisch und eigensinnig, verwies ihn von ihrem Land. Der reiche Herr wollte jedoch auf keinen Fall weichen, daher machte Alberdine sein Pferd scheu, das Tier floh, stolperte über eine Baumwurzel und brach sich ein Bein. Doch das hätte sie besser nicht tun sollen. Zu jener Zeit wurden nämlich vor allem vermeintliche Hexen beschuldigt, Pferde scheu zu machen. Im Handumdrehen machten die wildesten Gerüchte im Dorf die Runde, wozu die reiche Familie zweifellos kräftig beigetragen hatte, rachsüchtig, wie sie war. Der älteste Sohn derselben Familie war verheiratet und seine Frau schwanger. Als diese dann eine Fehlgeburt hatte, wurde sofort mit anklagendem Finger auf Alberdine gezeigt. Sie hätte das noch ungeborene Kind verflucht, behauptete die Frau, die das Kind verloren hatte! Sie waren sich auf dem Markt begegnet, und wer weiß, vielleicht hatte Alberdine die schwangere Frau, von der sie wusste, dass sie zu der Familie gehörte, die ihr das Leben schwer machte, einfach nur unfreundlich angesehen. Aber die schwangere Frau hat das für den bösen Blick gehalten und jedem, der es hören wollte, erzählt, dass sie von diesem Augenblick an gespürt habe, wie die Frucht versteinerte, die sie in ihrem Schoß trug. Nach einiger Zeit wurde ein großer Bogen um die Mühle gemacht, und Alberdines Einkünfte ließen kräftig nach. Kindern wurde verboten, sich in der Nähe der Mühle aufzuhalten und dort zu spielen, denn es wurde erzählt, dass Hexen bei ihrem Hexensabbat Kinder opferten. Nun kam auch noch der unglückselige Umstand hinzu, dass es im Sommer eine Missernte gab. Das lag zweifellos daran, dass jenes Frühjahr total verregnet war, doch es war natürlich viel einfacher, einer Person die Schuld daran zu geben. Und natürlich war es Alberdine, die vermeintliche Hexe, auf die ganz schnell wieder gezeigt wurde. Und eines Abends brach die Hölle los. Ein Kind war verschwunden, es hatte draußen gespielt und war nicht zum Abendessen nach Hause gekommen. Die Menschen strömten scharenweise zusammen. Alberdine hatte das Kind mitgenommen, das wussten sie genau! Bauern mit ihren Rechen und Mistgabeln, Dorfleute mit Messern und schreiende Mütter, die selbst kleine Kinder hatten – sie alle zogen als wüster Haufen zur Mühle. Vorneweg ein paar Leute mit Fackeln, die alles niederbrennen wollten. Letzteres wurde vom jüngsten Sohn der reichen Familie verhindert. Die Mühle in Brand zu setzen schien ihm dann doch eine Sünde. Er wollte natürlich seine Chance nutzen und sich die Mühle unter den Nagel reißen. Alberdine hatte Glück – na ja, was man so Glück nennt – und konnte der wütenden Menge entkommen. Der jüngste Sohn war auf einem Pferd vorausgeritten, fühlte sich wegen der Menge, die hinter ihm herkam, besonders

Weitere Kostenlose Bücher