Hexenjagd
lange Zeit nicht wieder hervorzukommen. Und genau das galt es zu verhindern, denn er wollte nicht wieder bei null anfangen.
*
In Gedanken bei einer wichtigen Geschäftsabwicklung, strebte die junge Frau auf ihr Büro zu, öffnete die Tür, betrat den Raum und blieb dann wie angewurzelt stehen, wobei ihr unwillkürlich die Tränen in die Augen schossen: Die Pflanzen, die sie bisher mit äußerster Sorgfalt gehegt und gepflegt hatte, ließen allesamt die Fittiche hängen, was auf den ersten Blick Wassermangel vermuten ließ. Doch war dies nicht der Grund, dass ihre grünen Zimmergenossen beim Sterben waren, eher das Gegenteil. Jeder, aber auch wirklich jeder Topf war bis zum Überlaufen mit Wasser gefüllt, so dass nun ein stechend fauliger Geruch in der Luft lag. Das wies darauf hin, dass sowohl die Erde als auch die Wurzeln der Pflanzen schon länger übernässt waren. Also musste noch vor dem Wochenende jemand hier gewesen sein. Und zwar nachdem sie selbst schon gegangen war!
Das Fenster weit öffnend, damit die frische Junimorgenluft hereinströmen konnte, überlegte sie, wie sie ihre Schützlinge doch noch retten könnte. Als sie sich jedoch noch einmal im Raum umblickte, wurde ihr klar, dass wohl jede Mühe umsonst sein würde.
„Was ist denn hier los?“ Nils Redehof war schon auf halbem Wege zu seinem eigenen Büro, da registrierte er erst, dass das Vorzimmer irgendwie anders war als sonst. „Warum stinkt denn das hier so?“
Celiska sah ihn bloß mit einem hilflosen Blick an. War es ihr bisher gelungen, ihre Beherrschung einigermaßen zu wahren, begann sie nun doch zu weinen.
„Ist ja gut.“ Zunächst nicht ganz sicher, ob er es tatsächlich wagen durfte, zog er sie am Ende doch sanft, aber bestimmt an sich, um ihr mit einer tröstenden Geste über das Haar zu fahren. Gleichzeitig betrachtete er den Raum vor sich, erkannte die Ursache für den üblen Geruch und fluchte unterdrückt. Wer auch immer für diese Schweinerei verantwortlich war, Celiska war es nicht, da war er sicher. Also hatte sie nicht gelogen, als sie sagte, man versuche ihr neuerdings ständig Fehler unterzuschieben, die sie gar nicht begangen haben konnte. Die unzustellbare Postsendung fiel ihm ein, deren Beschriftung sie selbst übernommen hatte, nachdem sie sich die Adresse von der Sekretärin seines Vaters hatte geben lassen. Dann die Datei ihres Terminals, in der sämtliche Telefonnummern und Geschäftsadressen mit einem Mal unvollständig oder falsch gewesen waren. Und das waren sicherlich nicht alle Vorkommnisse, dachte er mit wachsendem Zorn. Sicher, Celiska war nicht der Typ, der sich wegen jeder Kleinigkeit beschwerte. Dennoch wäre es besser gewesen, sie hätte beizeiten den Mund aufgemacht, damit man die Verantwortlichen zur Rede stellen und weitere Streiche dieser Art verhindern konnte.
„Komm mit.“ Ihren Arm nehmend, wollte er sie mit sich ziehen. „Diese Sache wird jetzt geklärt!“
Celiska brauchte einen Moment, um seine Absicht zu erkennen. Als sie jedoch begriff, was er vorhatte, blieb sie abrupt stehen, befreite sich aus seinem Griff und hob abwehrend beide Hände. Dabei schüttelte sie heftig den Kopf.
„Nein. Oh, nein! Das lasse ich nicht zu!“ Seiner Hand erneut ausweichend, trat sie immer noch weinend einen Schritt zurück, um genügend Abstand zu ihm zu gewinnen. „Damit hätten sie nämlich genau das erreicht, was sie beabsichtigt haben! Sie wollen mich bloßstellen und als inkompetent erscheinen lassen. Nur weil ich auch privat mit dir gesehen wurde, denken sie alle, ich hätte diesen Posten nur einer einzigen Sache zu verdanken. Und wenn du jetzt etwas unternimmst, werden sie denken, dass ich dich darum gebeten habe. Das will ich nicht! Hörst du?“
Sie hatte wahrscheinlich Recht, dachte er für sich. Dennoch konnte er die Sache nicht auf sich beruhen lassen, weil es ja im Grunde sein Büro war, das man praktisch unbenutzbar gemacht hatte. Es würde wahrscheinlich mehrere Tage dauern, bis die Pflanzenleichen und der Mief hinaus waren. Wenn sie also partout nicht wollte, dass er sich für sie selbst einsetzte, würde es zumindest ein Donnerwetter wegen seines Büros geben. Auch wenn der wahre Schuldige nicht gefunden werden würde, sollte dem Betreffenden unmissverständlich klar werden, dass solch ein Verhalten indiskutabel war, dachte er grimmig.
„Weißt du was? Du nimmst dir heute frei“, bestimmte er fest. „Du hast genug Überstunden. Und ich werde bis morgen ein anderes Büro für uns
Weitere Kostenlose Bücher