Hexenjagd
sollte.“ Wieder rieb sie sich die Stirn, hinter der ein bohrender Schmerz wütete. Sie hatte zwar einen Computerkurs absolviert, erinnerte sie sich, der sich sehr intensiv mit dem Arbeitsprogramm des Betriebs beschäftigt, aber die eigentliche Funktionsweise des Rechners nicht ausreichend erklärt hatte. Man hatte einen Folgekurs angeboten, der ihr jedoch nicht wirklich wichtig erschienen war, so dass sie auf ihn verzichtet hatte. Jetzt allerdings bereute sie diesen Entschluss, weil sie erkannte, dass sie durch ihr Unwissen dem Gerät hilflos ausgeliefert war, sobald ein technisches Problem auftauchte.
„Können Sie denn diese Befehle rückgängig machen?“, fragte sie ernst.
„Klar kann ich das“, antwortete er. „Sie sollten sich aber wirklich mit diesen Dingen vertraut machen. Wenn Sie nämlich keine Ahnung haben, brauchen Sie nur auf einen verkehrten Knopf zu drücken, und schon ist wieder ein Fehler drin, der Sie völlig durcheinander bringt, weil Sie ihn nicht verstehen und deshalb auch nicht beheben können.“
Es war beileibe kein Vorwurf, den er da von sich gab, doch Celiska fasste es als solchen auf und schaute infolgedessen schuldbewusst drein.
„Bloß keine Panik“, lachte er. „Ist doch nur ’ne dumme Kiste, die ohne Sie gar nichts macht. Nur wenn Sie Befehle eingeben, kann sie reagieren! Allerdings braucht es dazu die richtigen Befehle, sonst stellt sie sich tot. Und ’ne tote Kiste ist keine Hilfe, nicht wahr?“ Wieder lachte er, wurde jedoch sofort wieder ernst, als er Celiskas hochrotes Gesicht wahrnahm. „Wollen Sie vielleicht einen Crashkurs in PC-Technologie?“, fragte er.
„Haben Sie denn Zeit?“, fragte sie schüchtern zurück.
*
Celia hob den Kopf und lauschte angestrengt. Außer dem sanften Rauschen der Obstbäume und dem fröhlichen Gezwitscher der Vögel war kein Laut zu hören. Dennoch hatte sie das untrügliche Gefühl einer drohenden Gefahr.
Die junge Frau erahnte den nahenden Reiter, ehe sie ihn wirklich sah, raffte eilig den langen Rock und begann zu laufen. Ihre Füße flogen förmlich über den dicken Teppich saftig grünen Grases und konnten sie doch nicht schnell genug tragen. Gehetzt schaute sie sich immer wieder um, bemerkte die schwindende Entfernung zwischen sich und dem Pferd und rannte mit stetig größer werdender Furcht im Herzen immer weiter in den Obstgarten hinein. Sie floh an Bäumen vorbei, deren Äste mit Früchten schwer beladen waren und beinahe bis zum Erdboden hinab reichten, wich trotz aller Eile den ausladenden Sträuchern aus, deren reife Früchte sie normalerweise zum Naschen verleitet hätten, und sah schließlich voller Entsetzen die hohe Mauer immer näher kommen, die den nördlichen Teil des Gartens vom angrenzenden Wald trennte. An dieser Seite gab es keine Pforte, dachte sie, da blieb ihr Fuß an einer Baumwurzel hängen, was sie straucheln und der Länge nach hinfallen ließ.
„Verfluchtes Gesindel! Ich werde euch lehren, die Finger bei euch zu behalten!“
Die sonore Männerstimme trieb sie wieder auf die Beine, doch kam sie nicht schnell genug hoch, um zu fliehen: Sie hatte gerade wieder festen Boden unter beiden Füßen, als der Reiter mit einem Satz vom Pferd sprang und sich vor ihr aufbaute, eine Hand bereits nach ihrem Arm ausgestreckt, um sie daran festzuhalten. Zu langsam, um seinem Griff auszuweichen, duckte sie sich, weil ihr Gegner die andere Hand hochschnellen ließ, als hole er zum Schlag aus. Doch statt des erwarteten Hiebes fühlte sie einen Atemzug später seine Finger an dem Tuch zerren, das ihre rotbraune Haarpracht verbarg. Gleich darauf hörte sie ihn heftig Atem holen und dann unterdrückt fluchen, wobei er einen Ausdruck gebrauchte, der ihr die Schamröte ins Gesicht trieb, und ging nun ihrerseits zum Gegenangriff über. Die Fäuste geballt, drosch sie auf seinen breiten Brustkorb ein und versuchte sich zugleich aus seinem Griff zu befreien.
„Verdammtes Weibsstück“, zischte er zornig, derweil er nur noch fester zupackte. „Hat man Euch nicht wiederholt verboten, allein in den Obstgarten zu gehen? Wollt Ihr mit aller Gewalt, dass man Euch schändet?“ Gleichzeitig begann er sie zu schütteln.
Wie eine knochenlose Puppe schwankte Celia unter dem Ansturm von Victors Körperkraft hin und her, unfähig, sich aus seinem stählernen Griff zu winden. Die Augen weit aufgerissen, starrte sie zu ihm hinauf und verging nahezu vor Angst, weil sie ihn nie zuvor so böse erlebt hatte.
„Wenn es das ist, was
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