Hexenjagd
keineswegs, dennoch legte er überrascht die Hand auf die Stelle, auf die sie zum ersten Mal in seinem Leben geschlagen hatte.
„Das meine ich nicht“, schimpfte Anna mit ungewohnt lauter Stimme. „Ich meine deine Anschuldigung wegen des Geldes!“ Sie zitterte am ganzen Körper und suchte dabei sichtlich nach Worten. „Sie ist nicht so“, brachte sie endlich heraus. „Celiska hat es bestimmt nicht nötig, wegen Geld zu heiraten! Du … du …“
„Es ist gut, Anna“, versuchte Felix zu schlichten. „Der Junge hat’s bestimmt nicht so gemeint. Lass ihn zufrieden.“
Während nun auch Vincent aufstand, um sich mit knappen Worten zu verabschieden, saß Celiska bereits in ihrem Wohnzimmer und starrte dumpf vor sich hin. Es war ihr egal, was er von ihr hielt, dachte sie mit leichtem Erstaunen. Und im Grunde genommen war ihr eigentlich alles ziemlich egal. Nur Anna tat ihr Leid, weil sie sich das alles hatte anhören müssen. Aber wenn sie genau darüber nachdachte, hatte Vincent eine gute Tat vollbracht. Jetzt, in diesem Augenblick, würde sie ein für alle Mal die Weichen für ihr weiteres Leben stellen!
Sie nickte heftig, als wolle sie noch einmal bekräftigen, was sie sich gerade vorgenommen hatte. Sie würde Nils nicht heiraten! Es gab wirklich keinen Grund, es zu tun. Weder war sie auf sein Vermögen aus, noch brauchte sie seinen persönlichen Schutz, denn Vincent war keine Gefahr mehr. Seine ablehnende Haltung und ihre Gleichgültigkeit gegenüber der Anwesenheit des Mannes, der sie bisher immer aus der Fassung gebracht hatte, waren der beste Beweis dafür, dass sie endgültig kuriert war. Er konnte ihr nicht mehr gefährlich werden, allerdings konnte sie nicht genau definieren, wie sie das eigentlich meinte. Aber das war ja auch gar nicht mehr wichtig. Was zählte, war die Tatsache, dass sie in seiner Gegenwart nichts mehr spürte – weder das sehnsüchtige Verlangen, von ihm gehalten und geliebt zu werden, noch die panikartige Furcht, die sie stets zur Flucht gedrängt hatte.
Höchst erleichtert darüber, dass sie nun endlich einen deutlich erkennbaren Zukunftsweg vor sich sah, stand sie auf, ging ins Badezimmer und öffnete das kleine Medizinschränkchen, das neben der Tür an der Wand hing. Sie würde ausnahmsweise eine Schlaftablette nehmen, rechtfertigte sie ihre Handlung vor sich selbst, weil sie am nächsten Morgen ausgeruht sein wollte und daher keinen weiteren Alptraum gebrauchen konnte. Wenn sie Nils gegenübertrat, musste sie einen klaren Kopf haben!
„Du willst was?“
„Ich will die Verlobung lösen“, wiederholte Celiska ruhig.
„Und das fällt dir jetzt ein? Wo alles schon arrangiert ist? Bist du von Sinnen?“ Nils sprang von seinem Stuhl auf und begann unruhig im Raum auf und ab zu laufen. „Willst du mich vor aller Welt lächerlich machen, oder was?“, stieß er vorwurfsvoll hervor, während er direkt vor ihr stehen blieb, um sie anzusehen.
„So ist es nicht“, erklärte Celiska ruhig. „Wirklich. Ich hab mir das genau überlegt, weißt du. Ich kann dich nicht heiraten. Es ist ganz unmöglich. Meine Gefühle für dich reichen nicht für eine solche Bindung.“ Weder sein plötzlich bleiches Gesicht noch der unübersehbare Schmerz in seinen Augen erzeugten eine Regung bei ihr. „Ich mag dich zwar sehr gern, aber für eine Ehe reicht das nicht.“
„Also stimmt es!“ Die Feststellung war kaum heraus, da erkannte er das Unverständnis in ihren Augen und lachte rau auf, weil er ihre Reaktion für gespielt hielt. „Ein anderer Kerl – natürlich! Warum sonst sollte eine Frau wie du ihre Entscheidung ändern? Aber ich bin ja selber schuld, dass es überhaupt so weit kommen konnte. Man hat mich gewarnt, weißt du. Ich hab es nur nicht glauben wollen. Jetzt allerdings sehe ich einige Dinge klar. Wie lange geht das schon so?“ Ohne es selbst zu merken, nahm er unvermittelt eine drohende Körperhaltung an. „Und versuch nicht, mich zu belügen! Man hat den Kerl in das Haus gehen sehen, in dem du wohnst. Sehr bequem, nicht wahr? Dem Verlobten sagt man ab, weil man müde ist, aber in Wirklichkeit wartet man auf den anderen!“
Celiska brauchte einige Zeit, bis ihr seine Anschuldigung verständlich wurde. Aber dann lachte sie, weil ihr sein Vorwurf allzu albern erschien.
„Du meinst doch nicht etwa, ich hätte was mit Vincent?“ Sie sah ihn zusammenfahren, maß dieser Beobachtung jedoch keine weitere Bedeutung zu. „Du … Es …“ Wieder ernst werdend, schluckte sie
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