Hexenjagd
vorbei, um aufzustehen und ein paar Schritte zu gehen. Sie fühlte nun nichts als bodenlosen Zorn in sich aufkochen.
„Warum?“, fuhr sie ihn an. „Warum habt Ihr das getan? Ich habe Euch nicht um Hilfe gebeten! Ich brauche nämlich keine Hilfe. Ihr habt mich fortgezerrt, obwohl Ihr genau wisst, dass ich heute vor Gott eine Ehefrau werden soll!“
Einer Erwiderung bewusst ausweichend – er fand nicht auf Anhieb die richtigen Worte, um sich zu erklären –, rappelte sich Victor aus seiner hockenden Stellung auf. Da er nun in voller Größe vor ihr aufragte, musste sie zu ihm hochschauen und wich ein paar Schritte weiter zurück, was deutlich machte, dass sie zwar aufgebracht, aber immer noch auf der Hut war.
„Ich habe Euch weggeholt“, begann er endlich mit belegter Stimme, „weil Ihr Nicholas nicht heiraten dürft. Wenn Ihr das nämlich tut, macht Ihr einen großen Fehler. Er liebt Euch nicht.“
„Woher wollt Ihr das wissen?“, fragte sie böse. „Hat Nicholas etwa so viel Vertrauen zu Euch, dass er Euch seine innersten Gefühle mitteilt?“
„Ich weiß es einfach“, behauptete Victor fest. „Wenn er Euch wirklich lieben würde, würde er keine andere Frau ansehen, geschweige denn das Bett mit ihr teilen – und das auch noch in der letzten Nacht vor seiner Vermählung!“
Celia biss sich auf die Lippen. Sicherlich sagte er nur die Wahrheit, dachte sie verletzt, aber das gab ihm immer noch nicht das Recht, so zu handeln, wie er es getan hatte.
„Das geht Euch nichts an“, stieß sie hervor.
„Oh doch“, erwiderte er. „Es geht mich sehr wohl etwas an, denn ich kann Euch nicht in so eine Verbindung rennen lassen, wo ich doch genau weiß, dass Ihr unglücklich dabei werdet!“ Ohne auf den Schrecken in ihren Augen zu achten, der ihn sofort ansprang, sobald er an sie herantrat, packte er ihren Arm und zog sie noch ein bisschen näher. „Ihr könnt jeden anderen Mann wählen, nur nicht Nicholas! Er würde Euch verraten, sobald es ihm in den Sinn kommt, wieder ein freier Mann sein zu wollen. Wie Ihr wisst, ist der Verdacht der Hexerei immer noch nicht aus der Welt. Man kann Euch jederzeit verhören lassen – und sei es auch nur, um Euch aus dem Weg zu schaffen.“ Er spürte das leise Beben ihres Körpers und zog sie endgültig an sich, auch wenn ihm bewusst war, dass er das gegen ihren Willen tat. „Warum seht Ihr das Offensichtliche nicht?“, fragte er leise. „Warum nehmt Ihr den Mann noch nicht einmal als solchen wahr, der Euch alles zu Füßen legen würde, was er besitzt?“
Celia fühlte seine Arme um ihre Mitte und seine Hände in ihrem Rücken und kämpfte um Selbstbeherrschung. Ihr Körper verlangte nach seiner zärtlichen Umarmung, so schmerzhaft drängend, wie er nach Wasser verlangt hätte, wäre sie am Rande des Verdurstens gewesen. Aber ihr Verstand schrie, sie möge so weit und so schnell wie nur irgend möglich vor ihm davonlaufen.
Teufelswerk! Ja, erkannte sie erleichtert. Sie musste sich nur immer wieder selbst daran erinnern, dass er der Höllenfürst war und nur eines von ihr begehrte. Er wollte weder ihre Liebe noch ihre Treue. Er wollte ihre Seele, um sie in den Höllenschlund mitzunehmen, damit er sich dort an ihren Qualen ergötzen konnte!
„Lasst mich los“, forderte sie tonlos. „Ihr werdet mich nicht bekommen. In hundert Jahren nicht! Und wenn Ihr in zweihundert Jahren wiederkommt, werde ich Euch immer noch die gleiche Antwort entgegen schreien!“ Sie steigerte sich regelrecht in ihren Zorn hinein, wobei sie wie eine Löwin um ihre Freiheit zu kämpfen begann. Sie trat und biss, bis er sie tatsächlich losließ. „Ihr mögt aufgrund Eurer Kraft imstande sein, auch gegen meinen Willen meinen Körper zu nehmen“, spie sie ihm entgegen, „aber dann seid gewiss, dass ich Euch verfluchen werde! Gott möge mein Zeuge sein. Ihr sollt keine ruhige Nachtstunde mehr haben, wenn Ihr mich anrührt.“ In ihrer Raserei war sie so schön wie nie zuvor.
Victor sah sie an und konnte nicht länger widerstehen. Trotz ihrer wilden Gegenwehr zog er sie erneut an sich und verschloss ihren Mund mit seinen hungrigen Lippen. Dass sie fast augenblicklich die Besinnung verlor, merkte er wohl. Dennoch gab er sich einen Atemzug lang der Illusion hin, sie habe aus freien Stücken aufgehört, gegen ihn zu kämpfen, um seinen Kuss zu genießen. Am Ende nahm er sie auf seine Arme und brachte sie zu dem Diwan zurück, um sie darauf niederzulegen. Auf der Kante des Lagers sitzend,
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