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Hexenkind

Hexenkind

Titel: Hexenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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noch.
    »Du weißt ja nicht, wie ich mich fühle. Du hast Franky nicht erlebt. So bin ich jedenfalls kein Mensch mehr.«
    Romano rieb sich die Stirn. Sarah sah, dass seine Hand zitterte.
    »Na? Was ist? Sag doch mal was!«
    »Und was ist mit Studium?«
    Sarah machte eine wegwerfende Handbewegung. »Nichts. Vergiß es. Ich kann nicht studieren, wenn mich Franky vor der Tür belauert. Ich kann auch nicht studieren, wenn ich schwanger bin. Das hat bei Elsa auch nicht geklappt. Und mit zwei kleinen Kindern kann ich erst recht nicht studieren.«
    »Aber willst du denn nicht Abschluss machen? Du hast es doch schon fast geschafft?«
    »Ich will mit dir nach Italien gehen, und ich will mit dir und meinen Kindern in Frieden leben. Weiter nichts.«

    Romano sagte nichts. Er begann in der Küche auf und ab zu gehen und schwieg. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken.
    Sarah nippte an ihrem Wasser und wartete. Dann sagte sie leise: »Ich gehe, Romano, ich gehe auf alle Fälle. Irgendwohin, wo ich wieder angstfrei leben kann. Mit Elsa an der Hand und mit deinem Kind im Bauch. Und ich weiß nicht, ob wir uns dann noch mal wiedersehen.«
    Als Romano sich zu ihr umdrehte, sah er ungewohnt ernst aus. Er ging zu ihr, zog sie vom Stuhl hoch und nahm sie fest in die Arme. So standen sie mehrere Sekunden lang. »Zwei Wochen«, sagte er leise. »Zwei Wochen, mehr brauche ich nicht. Und dann fangen wir in meiner Heimat ein neues Leben an.«

24
    »Ach, das ist aber nett, dass du uns deinen neuen Begleiter auch einmal vorstellst«, sagte Regine zuckersüß, als am darauffolgenden Sonntag Sarah und Romano mit einer wütenden Elsa im Schlepptau und einem Kuchenpaket vor der Tür standen. Sie sagte »Begleiter«, was Sarah sofort unangenehm aufstieß.
    Romano reichte ihr die Hand und machte einen Diener. »Piacere«, sagte er. »Ich freue mich sehr.«
    Bei der anschließenden Kaffeetafel legte Regine Wert darauf, dass ihr selbst gebackener Kuchen gegessen wurde und nicht der gekaufte von Sarah und Romano. Wenn sie »der gekaufte Kuchen« sagte, klang es wie »der vergiftete Kuchen«.
    Herbert hielt sich sehr zurück. Die Kuchenfrage war ihm völlig gleichgültig, und er hörte kaum hin. Er versuchte trotz Elsas hohem Quietschen in Frequenzen, die jedes normale Trommelfell durchlöchern mussten, sich auf Romano zu konzentrieren und beobachtete ihn wie ein Insektenforscher, kurz bevor er den Schmetterling aufspießt.
    »Was tun Sie, junger Mann?«, fragte er. »Was haben Sie gelernt?«
    »Ich kann kochen«, sagte Romano. »Habe ich von Mutter gelernt. Typische toskanische Küche. Cucina casa lingua.
Hier ich arbeite auch in italienisches Restaurant. Die Küche ist nicht so gut, sehr einfach, ein bisschen deutsch, wie Deutsche glauben, ist italienische Küche. Aber egal. Hier gibt mehr Geld als in Italien.«
    Herbert nickte. Ein Pizzabäcker. Das war nicht gerade das, was er sich für seine Tochter erträumt hatte.
    »Es gibt zwei Dinge, die wir euch heute sagen wollen«, begann Sarah, und Elsa quietschte deutlich lauter und unerträglicher.
    »Komm«, sagte Herbert und stand auf. Er hielt Elsa die Hand hin. »Wir gehen ein bisschen rechnen.« Elsa strahlte, griff die Hand, sprang vom Sofa und folgte ihrem Opa mit Begeisterung. Herbert setzte sich mit ihr an seinen Schreibtisch in der gegenüberliegenden Ecke des Wohnzimmers.
    »Heute lernen wir die Zahlen bis fünfzig«, meinte er.
    »Kann ich schon.« Elsa machte eine typisch italienische Handbewegung, als würde sie irgendetwas über die linke Schulter hinter sich werfen.
    »Gut, dann bis hundert.«
    »Malnehmen und teilen macht am meisten Spaß«, handelte Elsa, und Herbert musste lächeln. Er drückte Elsa an sich und fragte: »Was kommt denn nach siebenundvierzig?«
    Elsa begann die nächsten Zahlen herunterzuschnurren und wirkte absolut entspannt und zufrieden.
    »Es wäre natürlich gut, wenn Papa das, was wir zu sagen haben, auch mitkriegt«, meinte Sarah. Es nervte sie, dass sich die Kaffeerunde so zerfranste.
    »Ich höre alles«, meldete sich ihr Vater aus der anderen Ecke des Zimmers. »Rede ruhig.«

    Sarah holte tief Luft. Dann sah sie Romano an und nahm seine Hand. »Romano und ich – wir bekommen ein Kind.«
    Keine Jubelschreie bei Regine, sondern eine große Pause. Dann sagte sie: »Das ging ja schnell.«
    »Prima«, meinte Herbert in der Ecke, »und was ist dreiunddreißig geteilt durch drei?«
    Sarah war augenblicklich angesäuert. »Da ihr euch so riesig freut,

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