Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexenkuss

Hexenkuss

Titel: Hexenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
Vom Netzwerk:
kleine Schlucke Wasser nahm er diese Vorstellung in sich auf und ließ alle anderen Gedanken los - über das verpatzte Lammasritual, seinen Bruder und seinen Vater, über Seminararbeiten, Kari und die Frage, wie sein Leben nach dem Studium aussehen sollte... Jede seiner Sorgen erschien ihm nun wie ein fernes, seltsames Objekt, das er entschlossen verwarf. So klärte er seinen Geist von Schutt und Chaos.
    Das Feuer schien größer zu werden, die Steine darin glichen kleinen Felsbrocken. Die Flammen wurden zu großen Feuern, die Scheite zu gefällten Bäumen. Er starrte in den Rauch, der sich wirbelnd zu Formen verdichtete, die seiner Kultur fremd waren. Sie ähnelten eher Eddies und Kialishs Totems und Symbolen als seinen eigenen - Lachse und Orcas und Bären mit seltsamen Klauen. Raben flogen überall herum, und andere Vögel schlossen sich ihnen an. Sie kreisten an einem Himmel, an dem Feuer und Rauch brodelten. Bussarde schossen zum Mond empor, begleitet von Falken. Die Raben umkreisten die anderen Vögel, während ein Bussard und ein Falke sich zum Kampf stellten. Sie rasten aufeinander zu, kreischten mit klappernden Schnäbeln und klatschten mit den Flügeln. Wumm, wumm, wumm. Der rauchige Himmel vibrierte von den Schlägen ihrer gewaltigen Schwingen.
    Wumm, wumm, wumm ...
    Ihm wurde bewusst, dass sein Herzschlag sich dem Rhythmus der Schwingen anglich. Dann veränderte sich der Klang zu etwas, das sich wie Schläge einer mit Tierhaut bespannten Trommel anhörte: Brum, brum, brum ...
    ... und Jer war an einem anderen Ort, weit weg von der Schwitzhütte. Und er war nicht er selbst, aber jemand, der gar nicht so anders war als er... jemand namens Jean, der ein Deveraux war wie er...
    Die Trommeln schlugen, während die Große Jagd durch die Wälder zog. Der volle, hallende Klang erinnerte Jean an die Trommelschläge vor einer bedeutenden Hinrichtung. Eine Totenklage, entschlossen, erbarmungslos... Der Tod kommt zu uns allen, doch in diesem Augenblick sind wir seine Armee, dachte er belustigt.
    Er ritt auf Cockerel, seinem liebsten Streitross, am Kopf einer Phalanx von Jägern. Fantasme, der Bussard, das Hexentier seines Zirkels, ritt auf seiner Schulter wie ein begieriger kleiner Bruder und kreischte nach seinem Abendmahl.
    Die Trommler marschierten zu Fuß mehrere Meter vor ihnen. Alles in allem boten sie einen prachtvollen Anblick, die Deveraux auf ihrem Zug durch den Wilden Wald, Heimat des Gottes in seiner Erscheinung als König der Natur und der Jagd. Livreen in Grün und Rot, feinster Hermelinbesatz, scharlachrote Juwelen und goldene Umhänge aus dem Heiligen Land schimmerten, blitzten und glitzerten unter der lächelnden Sonne.
    Mit stolzgeschwellter Brust gab Jean den Treibern ein Zeichen, mit der Arbeit fortzufahren. Mit langen Holzstangen schlugen sie auf das Unterholz ein und trieben damit die Füchse, Hermeline, Bären und anderes Wild heraus, das Jean und die übrigen dann abschlachteten. Mit den Sporen an den Flanken ihrer Pferde schwangen sie Schwerter und Beile, von denen das Blut tropfte.
    Sie scheuchten schon seit Stunden Tiere auf, und das mit großem Erfolg. Hinter den Reihen der Adligen luden Diener die Kadaver der erlegten Tiere auf Karren. Der Blutgeruch machte die Jagdhunde wild, die neben den Karren an ihren Leinen zerrten. Ihre Jagdlust und Blutgier waren so groß wie die der Männer.
    Jeans Vater, der Duc Laurent de Deveraux, trabte neben seinen Sohn und lächelte ihn breit an. Er neigte den Kopf, der in einer samtenen Kopfbedeckung mit goldener Quaste steckte, vor Fantasme, der zur Antwort kreischte. Laurent trug prächtige Jagdgewänder aus Leder und Hermelin. Jean war eine jüngere Ausgabe des großen Schlossherrn - blitzende dunkle Augen und kräftige Augenbrauen, volles, dunkles, glänzendes Haar und ebensolcher Bart. Ihre Nasen waren gerade, die Münder energisch, die Lippen nicht zu fleischig. Die Züge der Deveraux waren hart und scharf. Die Gesichter der Deveraux versprachen weder Gnade noch Zartgefühl oder Wärme. Es waren die Gesichter von Kriegern. Von Anführern. Und manche sagten, von Teufeln...
    »Wir werden ein prächtiges Festmahl haben«, sagte der Herzog erfreut und wies mit einem Nicken über die Schulter auf die großen Mengen an Wild, die sie erlegt hatten. »Wir werden diesen posierenden Cahors zeigen, wie echte Männer ein Hochzeitsbankett bestücken.«
    Jean lächelte seinen Vater stolz an. »Und das Bett dazu.«
    Die beiden lachten lüstern. Der Herzog klopfte

Weitere Kostenlose Bücher