Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
Vom Netzwerk:
etwas fester:
»Ich war nicht dabei.«
    »Wo waren Sie nicht bei?«
    »Bei… als Herr Meisen gestorben ist.«
    »Aber Sie haben davon gehört.« Es war einfach zu
offenkundig, dass dieses junge Mädchen zumindest einiges
darüber erfahren hatte, vielleicht durch eine Kollegin. Sie
wirkte einfach zu verstört.
    »Ja… ja.« Das Mädchen schaute rasch in
Richtung des Rollwagens. In dem Zimmer dahinter blieb alles
still.
    »Wenn Sie mir etwas sagen könnten, was Frau Meisens
innere Unruhe dämpfen kann, wäre ich Ihnen sehr
verbunden.«
    »Ich… das kann ich wohl nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Ich habe nur kurz gehört, wie sich Doktor Schwarz und
Doktor Fritzen darüber unterhalten haben. Ich habe das nicht so
genau verstanden, ich bin ja noch am Anfang meiner Ausbildung.«
Sie lächelte verschämt. »Aber sie waren sehr
aufgeregt.« Sie senkte die Stimme. »Anneliese, meine
Freundin, war dabei. Sie hat mir nichts Genaues gesagt. Es gab da
wohl Veränderungen an seinem Körper.«
    »Veränderungen?«
    »So genau habe ich das nicht verstanden, aber es muss auch
nach seinem Tod noch weitergegangen sein.« Sie zupfte am Kragen
ihres Kittels. »Die Ärzte waren entsetzt. Eigentlich darf
ich Ihnen das gar nicht sagen, aber seit Herrn Meisens Tod ist hier
auf der Station ein unerträgliches Klima.«
    »Ist der Leichnam noch hier?«, wollte Arved wissen.
    Die Schwesternschülerin fuhr zusammen, als sich die Tür
öffnete, vor der der Rollwagen stand. Eine weiß gekleidete
Gruppe rauschte hinaus in den Gang.
    »Schwester Monika!«, rief einer der Ärzte
streng.
    »Ich muss gehen«, flüsterte sie Arved zu. »Die
Leiche ist schon fort. Abgeholt.«
    Arved schaute sie verwundert an. »Schon beim Bestatter? Macht
man keine Obduktion?«
    Schwester Monika schüttelte den Kopf. »Geht nicht«,
flüsterte sie und lief dem Arzt entgegen, der wie ein Herr auf
sein Hundchen wartete.
    Arved ging an ihm und den anderen Weißkitteln vorbei. Sie
sprachen ihn nicht an. Zum Glück.
    Als er wieder draußen stand, dachte er über die letzte
Antwort der Schwesternschülerin nach. Geht nicht, hatte sie
gesagt. Wieso konnte man keine Obduktion vornehmen? Der Fall wurde
immer verwirrender. Offenbar herrschte unter jenen, die irgendwie mit
der Angelegenheit in Berührung gekommen waren, große
Unruhe. Vielleicht sollte Arved noch einmal den Bestatter besuchen.
Er machte sich auf den Weg zu seinem Auto.
    * * *
    Der junge, würdige Mann erkannte Arved sofort und schaute ihn
verwundert an. »Haben Sie etwas vergessen?«
    »Nein.« Er überlegte kurz, was er dem Mann sagen
konnte, denn er und Frau Meisen würden für die
nächsten Tage ja in Verbindung stehen. Er entschied sich
trotzdem für die Seelsorger-Variante.
    Es war deutlich zu sehen, dass der Bestatter vorhin andere
Gedanken gehabt hatte. Er bat Arved wieder in das Zimmer mit den
Abendstimmungen und Diplomen. Nachdem Arved sein Sprüchlein von
der Trauerbewältigung durch das Wissen um die Todesursache
aufgesagt hatte, meinte der Bestatter: »Frau Meisen hat mir
gegenüber nicht den Wunsch geäußert, ihren Mann noch
einmal zu sehen.«
    »Sie wusste nicht, dass er… schon hier ist«, gab
Arved zu bedenken und verlagerte sein nicht unbeträchtliches
Gewicht in Richtung Stuhlkante. »Darf ich fragen, ob Sie eine
Vermutung haben? Die Ärzte und Schwestern haben ein großes
Geheimnis darum gemacht und weder Frau Meisen noch mir Informationen
gegeben. Sie haben den Leichnam doch sicher schon gesehen.«
    »Nein.«
    Arved schaute den jungen Mann in dem blauen Hemd und der
dunkelroten Krawatte erstaunt an. »Nicht?«
    Dem Bestatter schien unwohl zu Mute zu sein. »Der Sarg
wurde… wie soll ich das sagen. Können Sie mir versprechen,
darüber nicht mit Frau Meisen zu reden?«
    »Ich werde ihr nichts sagen, was ihren Zustand verschlechtern
könnte«, versprach Arved und beugte sich etwas vor.
    Der Bestatter nestelte an seiner Krawatte herum. »Also…
der Sarg, das heißt, der Zinksarg, in dem wir unsere
Kundschaft… unsere… der Zinksarg war verplombt und es wurde
mir auf ärztliche Anordnung untersagt, ihn zu
öffnen.«
    Arved sah den jungen Mann verblüfft an. »Dann
können sie ihn ja nicht einmal umbetten? Warum haben Sie Frau
Meisen denn die verschiedenen Sargtypen gezeigt?«
    »Der Zinksarg ist so geschnitten, dass er in die meisten
gängigen Sargtypen passt.«
    »Haben Sie so einen Fall schon einmal gehabt?«
    »Nein, weder ich noch mein Vater, von dem ich das
Geschäft übernommen

Weitere Kostenlose Bücher