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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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wieder an der Haustür. Das konnte nur Ulrich sein.
    Arved öffnete und Ulrich kniff die Augen zusammen.
»Vielleicht solltest du dir etwas überziehen«, meinte
er, »auch wenn dieser Schlafanzug recht kleidsam ist.«
    Erst jetzt bemerkte Arved seine Nachlässigkeit. Er wurde rot
und stammelte eine Entschuldigung, die Ulrich zum Schmunzeln brachte.
Er führte seinen Gast ins Wohnzimmer und zog sich rasch
zurück. Eine Viertelstunde später erschien er frisch
gewaschen, rasiert und gekämmt, und er trug eine
zweckmäßige schwarze Cordhose sowie einen weiten grauen
Pullover.
    »So erkennt man dich ja gar nicht wieder«, meinte Ulrich
und grinste. »Recht schick.«
    Sie packten alle Utensilien zusammen und wollten gerade das Haus
verlassen, als Arved plötzlich den Koffer wieder abstellte.
»Ich habe vergessen, die Katzen zu füttern.« Er machte
kehrt und lief in die Küche. Ulrich folgte ihm. Die Katzen
warteten bereits. Als sie Ulrich sahen, machten beide einen Buckel
und ihr Fells sträubte sich. Sie rannten zwischen Arveds Beinen
hindurch aus der Küche und waren nicht mehr zu sehen.
    Arved öffnete erstaunt einen neuen Sack mit Trockenfutter und
schüttete je eine Portion in die Näpfchen. »Komm, wir
gehen«, sagte Arved und warf Ulrich einen fragenden Blick
zu.
    »Ich war bei Katzen noch nie sehr beliebt, obwohl ich sie
gern mag«, meinte dieser und zuckte die Achseln. Als sie zur
Tür gingen, fauchte es aus einer dunklen Ecke der Diele.
    Arved schloss die Tür hinter ihnen ab. Es klang schrecklich
endgültig. Arved kam der Gedanke, dass er möglicherweise
nie wieder hierher zurückkommen würde, falls etwas schief
ging. Was sollte schief gehen? Was erwartete er überhaupt? Er
drehte sich zu Ulrich um, der ihn aufmunternd anlächelte. Dann
gingen sie in die Garage.
    Ulrich war von dem alten Bentley sehr beeindruckt. »Da bist
du ja weich gefallen«, meinte er. »Das Haus, das Auto
– wenigstens brauchst du dir keine Sorgen um deine finanzielle
Zukunft zu machen. Du solltest stärker an die göttliche
Vorsehung glauben«, meinte er, als sie den Verteilerkreis
verließen und auf die Autobahn fuhren.
    »Die göttliche Vorsehung hat dafür gesorgt, dass
ich das Erbe nur dann bekomme, wenn ich dem Glauben
abschwöre«, brummte Arved.
    Den Rest der Fahrt brachten sie schweigend hinter sich.
    Die Nacht war stürmisch. Der Himmel war ein rasch sich
ändernder Rickenteppich aus Dunkelgrau, Dunkelblau und Schwarz,
aber wenigstens regnete es nicht. Als Arved den Bentley bei
Manderscheid von der Autobahn auf die Landstraße lenkte,
trieben Zweige über die Fahrbahn und der Wagen schwankte immer
wieder, wenn er von einer heftigen Windböe erfasst wurde.
Dennoch fuhr Arved nicht langsamer. Er hatte die Zähne
zusammengebissen; sein Mund war nur noch eine schmale Linie.
Allmählich verspürte er trotz seiner Aufregung doch Hunger.
Aber er musste sich rein halten.
    Die kurvenreiche Straße hinunter ins Tal der Lieser nahm er
mit größtmöglicher Geschwindigkeit. Ulrich hielt sich
an dem ledernen Haltegriff über der Tür fest; Arved sah ihn
nur als Schatten in der Schwärze des Wageninneren. Kein Mond,
keine Sterne waren zu sehen; Schleier aus Finsternis wurden vom Wind
in das enge Tal geworfen. Die Niederburg war angestrahlt und ragte
wie ein schlafendes Tier über den schroffen Bergrücken.
Kurz dahinter ging es hoch nach Manderscheid.
    Arved nahm die Kurven mit quietschenden Reifen. Niemand war auf
der Straße zu sehen; der Ort lag im Banne des Schlafs. Oben am
Kreisel fuhr Arved nach links, vor dem Maarmuseum wieder nach links,
vorbei an einem kleinen Neubaugebiet zur Linken und einer ehemaligen
Tankstelle zur Rechten, und schon lag der Ort hinter ihnen. Er
brauste in den Kunowald hinein und wurde erst langsamer, als er jeden
Augenblick hinter der nächsten Biegung den Parkplatz erwartete.
Die Lichtfinger der Scheinwerfer tasteten die Bäume und
Sträucher zu beiden Seiten der schmalen Straße ab, rissen
sie aus dem Dunkel und stießen sie sofort darauf wieder hinein.
Endlich kam das kleine blaue Parkplatzschild in Sicht. Arved lenkte
den Wagen auf den schlammigen Platz und bremste abrupt.
    Ulrich zuckte nach vorn. Arved hielt sich am hölzernen
Lenkrad fest. Er holte tief Luft, während er die Scheinwerfer
ausstellte und der Wald vor ihnen mitsamt des kleinen,
vernachlässigten Spielplatzes mit der Finsternis verschmolz. Der
Wind heulte um den Wagen. Arved stieß entschlossen die Tür
auf. Ein Luftstoß drang in das

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