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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
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Bock«, sagte Marie. Anna drehte sich zum Sideboard um und rückte die Obstschale zurecht. Wenn er ihr Gesicht sähe, würde er explodieren. Sie hatte kürzlich dasselbe zu ihm gesagt, wortwörtlich, Marie ahnte nicht, wie nah sie der Wahrheit kam. Annas Schultern zuckten.
    »Ihr stammt aus derselben verkommenen Brut! Pfui Teufel! Raus!«
    »Hat dein Mann etwas?« Marie sah von Till zu Anna.
    »Frag ihn selbst«, sagte die.
    »Lieber nicht. Komm, stell dein Gepäck ab und laß uns den Nubbel verbrennen.« Marie wandte sich noch einmal zu Till um: »Ich nehme nicht an, daß du mit uns zusammen den Nubbel verbrennen willst?«
    Tills Antwort ging in der Wasserspülung unter, Anna war rasch noch mal aufs Klo gegangen, Aufregung schlug ihr immer zuerst auf die Blase. Einen Augenblick lang stützte sie die Hände aufs Waschbecken, sie blieb so stehen, ohne sonst etwas zu tun, sie schaute noch nicht einmal in den Spiegel.
    Merkwürdig, dachte sie, meine Wut auf ihn ist nicht kleiner geworden, während ich weg war, im Gegenteil. Aber er ist geschrumpft, irgendwie. Wie er da vor dem Fernseher mit seiner Zeitung rummachte und Marie ins Messer lief, konnte er einem fast schon wieder leid tun. Aber wahrscheinlich war es das Schicksal von solchen Männern, daß sie keinem leid taten. Wehe, wenn seine Tussis dahinterkamen, wie schlapp er in Wahrheit war. Vielleicht waren sie ihm ja auch schon auf die Schliche gekommen, warum sonst hing er am Karnevalsdienstag zu Hause herum. Es sah nicht so aus, als wenn er noch weggehen wollte. Es war Wochen her, daß er zuletzt um diese Zeit zu Hause gewesen war. Ob es etwas damit zu tun hatte, daß sie weggefahren war?
     
    Im »Stösser« schlugen der Lärm der Musikbox und der Qualm und das Stimmenwirrwarr über den beiden Frauen zusammen. Der »Stösser« war eine Kneipe in Maries Viertel, wo sich viele angegraute Achtundsechziger trafen. Früher waren sie zusammen auf die Straße gezogen und hatten Gebäude besetzt, einmal hatten sie sogar den Dekan der Uni eingesperrt, Marie war auch dabei gewesen. Sie trafen sich noch immer in ihrer alten Stammkneipe, ziemlich viele von ihnen, natürlich hatten sich die Reihen gelichtet.
    »Zieh nicht gleich den Kopf ein«, sagte Marie und schubste Anna vorwärts. »Da hinten.« Sie winkte der Gruppe an dem Ecktisch zu, sie hatte die ersten bekannten Gesichter entdeckt.
    »Ich weiß nicht.« Anna zögerte, irgendwie ging alles drunter und drüber, vom Mittelalter in die Neuzeit und wieder zurück. Sie kam sich vor wie ein Wesen von einem anderen Stern, was sollte sie hier?
    »Nun komm schon!« Die Leute auf der Bank rückten zusammen. »Hallo, Marie!« Die winkte und sagte: »Das ist meine Schwester Anna«, sie rückten noch mehr zusammen, »hallo, Anna!« Anna kam neben einem mit Pappnase zu sitzen, eine Zeitlang nahm sie nichts wahr außer dieser lächerlichen Nase und dem gelichteten Haar darüber und dem Bierglas, daß der Kellner ihr hinstellte. Sie trank nie Bier.
    »Prost denn«, sagte der Mann. Es hörte sich fremd an.
    »Prost«, erwiderte sie und setzte das Glas an die Lippen, schon der Schaum war ihr eklig, sie stellte das Glas rasch wieder ab.
    »Du bist wohl auch nicht aus Köln?«
    »Doch, aber ich mag kein Bier.«
    »Ich schon, aber ich bin Hamburger.«
    »Das gleicht sich aus.« Anna sah ihn an, eigentlich hatte er nette Augen. »Kannst du nicht mal die bescheuerte Nase ausziehen«, sagte sie.
    »Liebend gern.« Er zerrte an dem Pappmachegebilde, das ruckte vor und flitschte zurück, es war mit einem Gummi befestigt.
    »Laß mich mal.« Anna zog ihm behutsam die Gummischnur über den Kopf, seine Haare waren sehr weich, fast flaumig. Till schmierte irgendein Gel in seine Haare, bei ihm fühlte es sich wie ein Panzer an, überhaupt mochte er nicht, wenn sie ihm seine Frisur durcheinanderbrachte.
    Während sie dem Fremden die Gummischnur über den Kopf zog, strich sie mit dem kleinen Finger über seine Kopfhaut, er plinkerte ihr zu. »Hm«, sagte er, und Anna darauf: »Sie sind mir einer.«
    Nun mußten sie beide lachen.
    »Trinken wir Limo?« fragte er.
    »Der Kellner steinigt uns.«
    »Tut er nicht.« Er hob die Hand und bestellte zwei Limo. Der Kellner verzog das Gesicht, in einer kölschen Kneipe trank man Bier, aber er sagte nichts.
    »Als Hamburger habe ich hier Narrenfreiheit, stimmt’s?« Er sah sie an, und als Anna nickte, beugte er den Kopf vor und plazierte einen Kuß mitten auf ihrem Mund. Seine Lippen fühlten sich auch sehr

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