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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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jetzt fiel ihr auf, wie still es plötzlich war. Conrad sagte nichts mehr. Sie lauschte seinem Atem, der die Grenze zwischen ihnen durchbrach, sie in ihrer Welt einholte und ihn in der seinen zurückließ.
    Was soll ich nur machen?

    So tun, als wäre nichts geschehen, als wäre alles wie früher, und über seine … Nein, sie konnte es nicht einmal zu Ende denken. Und doch nicht darüber hinwegsehen.
    Seine Behinderung.
    Was für ein grausames Wort.
    Was soll ich nur machen?
    Musste sie besonders umsichtig mit ihm sein, anfangen, ihn zu beschützen? Ylva stöhnte auf. Genau. Eine bessere Methode, ihn zu kränken, würde sie sicherlich nicht finden. Aber was dann? Was?
    Du hast ganz besondere Fähigkeiten. Also nutze sie.
    Der Dämon zerrte an ihrem Verstand, kratzte ihre Seele auf. Das Dunkle begann in ihr zu brodeln, Kraft zu schöpfen und zu ihrem Hirn vorzudringen, während sie selbst immer mehr zurückwich.
    Und welche Fähigkeiten sollen das bitte schön sein?
    Denk an das, was am Dammtor geschah. Warum sonst hat er danach die Angst vor Berührungen verloren?
    Ich unterhalte mich mit dem Dämon , dachte Ylva erschrocken. Ich muss völlig übergeschnappt sein.
    Bist du. Aber jetzt geht es nicht um dich. Wenn du es nicht tust, wird er auch mit professioneller Hilfe lange nicht darüber hinwegkommen. Jahrelang nicht. Womöglich nie. Diese Zeit habt ihr nicht. Oya wird immer stärker, gewinnt immer mehr an Macht. Über die anderen Hexen, über das Schattenreich, über mich … Du musst es tun. Jetzt!
    Was? Wie? Mit zittrigen Fingern fuhr Ylva sich über die Stirn.

    Der Dämon hüllte sich in Schweigen. Strafte er sie für ihre Dummheit?
    Wie? , fast hätte sie es herausgeschrien.
    Du musst seinen Schmerz greifen, deinen Totenküsser zwingen, ihn erneut zu erleben.
    Sie schluckte. Ihre eigene Spucke schien wie Galle zu schmecken. Ich kann das nicht. Fast hätte sie aufgelacht. Kann ich überhaupt was?
    Aber ich. Das Dunkle bäumte sich in ihr auf. Ylva bemerkte zu spät, wie stark die Präsenz des Dämons geworden war, wie nah die rauchigen Tentakel an ihr Hirn vorgerückt waren, wie schutzlos sie ihrem inneren Feind ausgeliefert war.
    Nein!
    Doch ihr Hilfeschrei war vergebens.

Kapitel 23
    C onrad spürte Ylvas Berührung. Ihre warmen, leicht feuchten Hände, die sich über die seinen legten, über die Stelle, an der ihm der Finger fehlte, strichen und zurückschreckten.
    Ich kann das nicht! Ihre Verzweiflung durchbrach die Grenzen des Âjnâ, und er las ihren Schmerz, und es machte ihn selbst noch verwundbarer, unsicherer, sich seiner Nutzlosigkeit noch bewusster. Langsam ballte er die Hände zu Fäusten, doch die Schwäche schien bereits in seinen Gliedern zu nisten, und so öffnete er die Finger, die er noch besaß, wieder. Die Schwärze um ihn herum verdichtete sich, und obwohl Conrad den Platz jedes Gegenstandes in seinem Zimmer inzwischen gut kannte, schien eine boshafte Macht alle Entfernungen noch länger zu ziehen und ihn im Nichts balancieren zu lassen. Er musste Ylva beschützen, sie davor bewahren, sich mit ihm in diesem Nichts zu verlieren. Denn sie …
    … sie würde es nicht ertragen. Nicht auf Dauer. Das von ihr zu verlangen, wäre egoistisch und rücksichtslos.
    Sie muss gehen , versicherte er sich selbst, denn bei ihm würde sie nichts als Schmerz empfinden, jedes Mal, wenn sie ihn anschauen würde. Oder wenn die Erinnerungen
ihn abermals einholen, wenn er Ylva und die ganze Welt von sich stoßen würde, um endlich nichts mehr zu empfinden. Wenn er sich erneut in seinem Zimmer einschließen würde, ohne einen Ausweg aus seiner Depression zu finden, oder in ungeahnter Wut um sich schlagen würde … Konnte er ihr das zumuten? Immer und immer wieder? Nein. Dafür … liebte er sie zu sehr.
    Ich kann das nicht, dachte sie stumm, und natürlich vernahm er es, so nah, wie er sich ihr fühlte.
    »Nein, musst du auch nicht«, sagte Conrad und machte einen Schritt, um sie sanft zu berühren, doch seine Hände griffen ins Leere. Mit einem Mal überkam ihn das Gefühl, die Gegenstände würden sich einfach auflösen, sobald er im Begriff war, etwas anzufassen. Wie dämlich er in diesem Moment aussehen musste! Wie lächerlich er sich machte, wenn er auch nur versuchte, eine ganz gewöhnliche Bewegung zu vollführen! Eine Bewegung, über die er sich vorher nie Gedanken gemacht hatte. Jetzt stellte die einfachste Handlung ihn vor ein nahezu unüberwindbares Problem.
    Conrad konzentrierte sich auf das, was er

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