Hexenstunde
Dämon. Leg dich nur dort hin und rufe ihn gleich her!«
Sie schlug mich. Ich lachte nur noch mehr; das Brennen auf meiner Wange war plötzlich ein süßes Gefühl, und sie schlug mich wieder und wieder, und da hatte ich, was ich wollte: die Wut, die mir half, sie bei den Handgelenken zu packen und auf das Bett zu schleudern. Und dann riß ich ihr das Kleid herunter und die Bänder aus dem Haar, und ebenso rauh beseitigte sie die feinen Kleider, die ihre Zofen mir angelegt hatten, und dann waren wir zusammen, so hitzig wie beim erstenmal.
Dreimal geschah es schließlich, und als ich im Halbschlaf lag, verließ sie mich still, und nur das Tosen des Meeres leistete mir Gesellschaft.
Am Spätnachmittag wußte ich, daß ich das Haus wirklich nicht verlassen konnte. Ich hatte versucht, die Tür einzuschlagen, hatte es sogar mit dem einzigen vorhandenen Stuhl versucht. Ich hatte versucht, von der Veranda aus um die Ecke der Wand zu klettern. Ich hatte versucht, mich durch die kleinen Fenster zu winden. Alles vergebens. Dieses Haus war mit Umsicht zum Gefängnis gemacht worden. Sogar auf das Dach versuchte ich zu gelangen, doch auch daran hatte man gedacht und es klug verhindert.
Und als die Sonne im Meer versank, saß ich auf der Veranda und sah ihr dabei zu; ich trank Wein und betrachtete die dunkelblauen Wellen, die sich weiß schäumend auf dem sauberen Strand dort unten brachen.
Nicht einmal während meiner ganzen Gefangenschaft betrat irgendein Mensch diesen Strand. Ich vermute, daß man ihn überhaupt nur vom Meer aus erreichen kann. Und wer ihn erreicht hätte, wäre dort gestorben, denn es gab, wie gesagt, keinen Weg an der Steilwand herauf.
Aber der Anblick war wunderschön. Und während ich immer betrunkener wurde, versank ich in der Betrachtung des Meers und des Lichtes und ihrer sich ständig wandelnden Farben.
Ich weiß nicht, wann ich einschlief oder wie spät es war, als ich erwachte und sah, daß Charlotte gekommen war und drinnen bei der Kerze saß. Ich richtete mich auf, um mir noch ein Glas Wein einzuschenken, denn inzwischen war ich ganz vom Trunke erfaßt und bekam binnen weniger Minuten nach dem letzten Schluck einen unerträglichen Durst.
Ich redete sie nicht an, aber die Schönheit, die sie für mich besaß, machte mir angst, und ebenso der Umstand, daß mein ganzer Körper bei ihrem Anblick sogleich in rasende Erregung geriet und nach ihr verlangte; und ich erwartete, daß das alte Spiel von vorn beginnen werde. Und nie werde ich den Ausdruck in ihrem Antlitz vergessen, als sie mich ansah und in mein Herz schaute.
Ich ging zu ihr, und sie kam zu mir. Und diese Zuneigung demütigte uns beide.
Schließlich, als wir es wieder hinter uns hatten und ruhig dasaßen, da begann sie zu sprechen.
»Es gibt keine Gesetze für mich«, sagte sie. »Männer und Frauen sind nicht bloß mit Schwächen geschlagen. Manche sind es auch mit Tugenden. Und meine Tugend ist die Stärke. Ich kann die Menschen in meiner Umgebung beherrschen. Ich beherrsche meinen Ehemann, und ich habe es von Anfang an getan. Ich regiere im Hause, und ich tue es mit solchem Geschick, daß die anderen Pflanzer es bemerken und zu mir kommen, um sich Rat zu holen. Man könnte sagen, ich beherrsche die Gemeinde, denn reicher als ich ist kein Pflanzer weit und breit, und vielleicht könnte ich die Kolonie beherrschen, wenn ich es wollte. Ich war schon immer so stark, und ich sehe, du bist es auch. Es ist deine Stärke, die dich befähigt, aller staatlichen und kirchlichen Autorität zu trotzen, mit einem Haufen Lügen durch Dörfer und Städte geritten zu kommen und an das zu glauben, was du tust. Du unterwirfst dich nur einer Autorität auf Erden, und das ist die Talamasca; aber nicht einmal ihr gegenüber ist deine Unterwerfung vollständig.«
Darüber hatte ich noch nie nachgedacht, aber es stimmte. Das sagte ich ihr indessen nicht. Ich trank meinen Wein und schaute hinaus über das Meer. Der Mond war aufgegangen und tauchte eine breite Bahn auf dem Wasser in helles Licht. Verwundert dachte ich, daß ich in meinem Leben so wenig Zeit damit verbracht hatte, das Meer zu betrachten.
Sie sprach weiter mit mir. »Ich bin genau dahin gekommen, wo meine Stärke am besten eingesetzt werden kann«, sagte sie. »Und ich will viele Kinder bekommen, bevor Antoine stirbt. Viele will ich! Wenn du als mein Liebhaber bei mir bleibst, wird es nichts geben, was du nicht haben kannst.«
»Sprich nicht so. Du weißt, es kann nicht
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