Hexenstunde
nicht. Stella wollte es nicht. Aber Deirdre ist stärker als Antha, und auch stärker als Stella. Deirdre hat viel von Mary Beth in sich. Das ist es, was den ändern oft nicht klar ist…« Es war, als fange er sich plötzlich, kurz bevor er mehr sagte, als er je hatte sagen wollen.
Er starrte mich eine ganze Weile an; dann nahm er sein Zigarettenetui und sein Feuerzeug an sich und stand langsam auf.
»Schicken Sie mir Ihre Geschichte. Schicken Sie sie mir, und ich werde sie lesen. Und dann können wir uns vielleicht noch einmal unterhalten. Aber nähern Sie sich niemals wieder meiner Nichte, Mr. Lightner. Seien Sie sich darüber im klaren, daß ich alles tun werde, um sie vor jemandem zu schützen, der sie ausnutzen oder verletzen will. Wirklich alles!«
Er wandte sich zum Gehen.
»Was ist mit dem Drink?« fragte ich und sprang auf. Ich deutete auf den Bourbon. »Wenn ich nun die Polizei rufe und den vergifteten Whisky als Beweis präsentiere?«
»Mr. Lightner. Wir sind in New Orleans!« Er lächelte und zwinkerte mir auf das Charmanteste zu. »Und jetzt, bitte, fahren Sie nach Hause zu Ihrem Wachtturm und Ihrem Fernrohr, und beobachten Sie uns aus der Ferne.«
Ich sah ihm nach. Sein Gang war anmutig, die Schritte lang und lässig. An der Tür sah er sich noch einmal um und winkte mir mit einer kurzen, freundlichen Geste zu.
Ich setzte mich und schrieb einen kurzen Bericht über das gerade Erlebte in mein Tagebuch. Eben wollte ich mein Schreibzeug einstecken und zur Treppe gehen, als ich den Pagen im Foyer auf die Tür zukommen sah. Er trat auf mich zu. »Ihr Gepäck ist fertig, Mr. Lightner. Und Ihr Wagen ist da.« Ein freundliches, strahlendes Gesicht. Er konnte nicht ahnen, daß er mich soeben persönlich zur Stadt hinausjagte.
»Ach ja?« sagte ich. »Und Sie haben wohl alles eingepackt?« Ich musterte die beiden Reisetaschen. Dann ging ich hinaus ins Foyer. Ich sah eine große, alte schwarze Limousine, die die enge Straße hier im French Quarter verstopfte wie ein riesiger Korken. »Das ist mein Wagen?«
»Ja, Sir. Mr. Cortland hat gesagt, wir sollten dafür sorgen, daß Sie die Zehn-Uhr-Maschine nach New York noch kriegen. Er sagte, er würde veranlassen, daß Sie jemand mit dem Ticket am Flughafen erwartet. Sie dürften reichlich Zeit haben.«
»Ist das nicht rücksichtsvoll?« Ich wühlte zwei Scheine aus meiner Tasche, aber der Junge lehnte ab.
»Mr. Cortland hat schon alles erledigt, Sir. Sie sollten sich beeilen. Sie wollen ja nicht Ihr Flugzeug verpassen.«
»Das stimmt. Aber was große schwarze Autos angeht, bin ich abergläubisch. Rufen Sie mir ein Taxi, bitte.«
Mit dem Taxi fuhr ich nicht zum Flughafen, sondern zum Bahnhof. Ich bekam noch ein Schlafwagenabteil nach St. Louis, und von dort ging es weiter nach New York. Als ich Scott anrief, zeigte er sich unerbittlich. Diese Wendung der Dinge erforderte eine ganz neue Bewertung. Keine weiteren Recherchen in New York. Sofortige Heimkehr.
Auf halbem Wege über dem Atlantik wurde mir schlecht. Als ich in London ankam, hatte ich hohes Fieber. Ein Krankenwagen erwartete mich, und Scott fuhr mit mir in die Klinik. Ich verlor immer wieder das Bewußtsein. »Auf Gift achten«, sagte ich.
Für acht Stunden waren das meine letzten Worte. Als ich schließlich zu mir kam, war ich immer noch fiebrig und voller Übelkeit, aber sehr beruhigt darüber, daß ich noch lebte und Scott und zwei andere gute Freunde bei mir im Zimmer sah.
»Man hat dich tatsächlich vergiftet; aber das Schlimmste ist jetzt vorbei. Kannst du dich erinnern, was du zuletzt getrunken hast, bevor du ins Flugzeug stiegst?«
»Diese Frau«, sagte ich.
»Erzähle.«
»Ich war in der Bar im New Yorker Flughafen und habe einen Scotch mit Soda getrunken. Sie kam allein dahergestolpert, mit einer unglaublich schweren Reisetasche, und dann fragte sie mich, ob ich ihr einen Gepäckkarren holen könnte. Sie hustete, als ob sie Tuberkulose hätte. Sah auch sehr ungesund aus. Sie setzte sich an meinen Tisch, während ich den Gepäckkarren holen ging. Wahrscheinlich war sie bezahlt, eine Frau von der Straße.«
»Sie hat dir ein Gift namens Rizin ins Glas geschmuggelt; man macht es aus Rizinuskörnern. Sehr stark, und sehr verbreitet. Das gleiche hat Cortland dir wahrscheinlich in den Bourbon getan. Du bist aus dem Schneider, aber du wirst noch zwei Tage krank sein.«
»O Gott.« Ich bekam schon wieder Magenkrämpfe.
»Die werden nie wieder mit uns reden, Aaron«, sagte Scott. »Wie
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