Hexenstunde
Vergleiches willen kann man sagen, daß sie nichts von Stellas glamouröser Erscheinung oder von Anthas hübschem Liebreiz besitzt, und auch die dunkle Sinnlichkeit Deirdres fehlt ihr ganz. Rowan ist zart und zugleich jungenhaft, und auf manchen Bildern erinnert ihr Gesichtsausdruck an Mary Beth.
Ich bin davon überzeugt, daß sie Ähnlichkeit mit Petyr van Abel hat, aber es gibt auch eindeutige Unterschiede. Sie hat nicht seine tiefliegenden Augen, und ihr Haar ist aschblond, nicht golden. Aber ihr Gesicht ist schmal wie Petyr van Abels, und sie hat etwas Nordisches an sich, genau wie Petyr auf seinen Porträts.
ZUSAMMENFASSUNG DES MATERIALS ÜBER ROWANS ADOPTIVELTERN ELLIE MAYFAIR UND GRAHAM FRANKLIN
Ellen Louise Mayfair war die einzige Tochter Sheffield Mayfairs, dessen Vater Cortland Mayfair war. Sie wurde 1923 geboren, war also sechs Jahre alt, als Stella starb. Seit sie mit achtzehn Jahren an die Stanford Universität kam, lebte sie beinahe ausschließlich in Kalifornien. Mit einunddreißig heiratete sie den Juristen Graham Franklin, einen Stanford-Absolventen. Er war acht Jahre jünger als Ellie. Ellie hatte anscheinend schon vor dem Umzug nach Kalifornien nur wenig Kontakt mit ihrer Familie, denn sie kam schon mit acht Jahren – sechs Monaten nach dem Tod ihrer Mutter – auf ein kanadisches Internat.
Ihr Vater, Sheffield Mayfair, hat sich vom Verlust seiner Frau anscheinend nie erholt; zwar besuchte er sie oft und nahm sie dann zum Einkaufsbummel mit nach New York, aber er hielt sie von Zuhause fern. Er war der stillste und verschlossenste unter Cortlands Söhnen und möglicherweise auch der am meisten enttäuschende, insofern als er zwar verbissen für die Firma der Familie arbeitete, sich dabei aber selten hervortat und kaum an wichtigen Entscheidungen beteiligt war. Aber alle verließen sich auf ihn, wie Cortland nach seinem Tod sagte.
Graham Franklin wußte anscheinend überhaupt nichts über Ellies Familie: manche seiner Bemerkungen im Laufe der Jahre sind völlig aus der Luft gegriffen. »Sie kommt von einer großen Pflanzung da unten.« – »Das ist die Sorte Leute, die ihr Gold unter den Fußbodendielen versteckt.« – »Ich glaube, die stammen von Freibeutern ab.« -»Oh, die Familie meiner Frau? Das waren Sklavenhändler, nicht wahr, Honey? Die haben alle farbiges Blut.«
Zur Zeit der Adoption erzählte man sich in der Familie, Carlotta Mayfair habe sich von Ellie Papiere unterzeichnen lassen, in denen diese versicherte, daß sie Rowan nichts über ihre wahre Herkunft sagen werde und sie niemals nach Louisiana zurück kehren lassen werde. Tatsächlich sind diese Versicherungen Bestandteil der offiziellen Adoptionsunterlagen, formelle persönliche Vereinbarungen zwischen den Beteiligten, in denen zudem die Überweisung schwindelerregender Geldsummen geregelt ist.
Während Rowans erstem Lebensjahr wurden in regelmäßigen Raten mehr als fünf Millionen Dollar von Carlotta Mayfairs Konten in New Orleans auf Ellie Mayfairs Konten in Kalifornien bei der Bank of America und der Wells Fargo Bank überwiesen. Ellie, die von Hause aus reich war, da ihr Vater Sheffield und später auch ihr Großvater Cortland ihr Treuhandfonds hinterließen, richtete einen Treuhandfonds für ihre Adoptivtochter ein, der im Laufe der nächsten zwei Jahre mit der Hälfte der fünf Millionen ausgestattet wurde.
Die andere Hälfte wurde nach Eingang der Raten jeweils unverzüglich an Graham Franklin überwiesen, der dieses und auch Ellies Geld, die Einkünfte aus ihrem Fonds, im Laufe der Jahre umsichtig und erfolgreich in Grundbesitz und anderswo investierte – vorwiegend in Immobilien (eine Goldmine in Kalifornien). Als erfolgreicher Anwalt verfügte er selbst zwar über ein sehr hohes Einkommen, aber seine Familie hatte kein Geld, und das große Vermögen, das ihm zum Zeitpunkt seines Todes gemeinsam mit seiner Frau gehörte, war das Resultat seines geschickten Umgangs mit ihrem ererbten Geld.
Es weist manches darauf hin, daß Graham eine Abneigung gegen seine Frau hegte und daß er sich über seine emotionale wie finanzielle Abhängigkeit von ihr ärgerte. Mit seinem Einkommen allein hätte er seinen Lebensstil – Yachten, Sportwagen, extravagante Urlaubsreisen, ein palastähnliches modernes Haus in Tiburon – nicht finanzieren können. Und er schob im Laufe der Jahre beträchtliche Summen von Ellies Geld vom gemeinsamen Konto geradewegs in die Hände seiner diversen Geliebten.
Als er erfuhr, daß
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