Hexenstunde
Treuhandfonds und eines weiteren Fonds, der bei ihrer Geburt eingerichtet worden war und von dem sie nichts wußte.
Da Rowan damals wie heute eine hart arbeitende Ärztin war und ist, hat das Erbe in ihrem Alltag keine spürbare Veränderung bewirkt. Darüber indessen mehr an geeigneter Stelle.
ROWAN MAYFAIR – VON DER KINDHEIT BIS HEUTE
Unauffällige Beobachtungen haben ergeben, daß Rowan von Anfang an ein höchst altkluges Kind war und daß sie eine Vielzahl von übersinnlichen Fähigkeiten besaß, von denen ihre Adoptiveltern anscheinend nichts wußten. Es gibt auch Hinweise darauf, daß Ellie Mayfair sich weigerte, irgend etwas »Seltsames« an ihrer Tochter zur Kenntnis zu nehmen. Wie dem auch gewesen sein mag, jedenfalls war Rowan offenbar Ellies und Grahams »ganzer Stolz«.
Rowan teilte die Leidenschaft ihrer Eltern für das Segeln. Sie begleitete die beiden von frühester Kindheit an auf ihren Törns, und schon mit vierzehn hatte sie gelernt, Grahams kleines Segelboot, die Wind Singer, allein zu bedienen. Als Graham einen hochseetüchtigen Kreuzer namens Great Angela kaufte, unternahm die ganze Familie mehrmals im Jahr ausgedehnte Reisen damit.
Als Rowan sechzehn war, kaufte Graham ihr eine eigene hochseetüchtige, zweimotorige Yacht; Rowan taufte sie Sweet Christine. Die Great Angela wurde dann ausgemustert, und die ganze Familie benutzte die Sweet Christine, aber Rowan war der unangefochtene Skipper. Sie ist zwar eine gewandte Schwimmerin, war aber nie eine waghalsige Schiffsführerin. Die Sweet Christine ist ein schwerer, langsamer, in Holland gebauter dreizehn Meter langer Kreuzer, bei dessen Konstruktion mehr Wert auf Stabilität als auf Geschwindigkeit gelegt wurde.
Anscheinend macht es Rowan große Freude, allein damit unterwegs zu sein, außer Sichtweite des Landes, und das bei jedem Wetter. Wie viele Leute, denen das Klima von Nordkalifornien zusagt, genießt sie anscheinend Nebel, Wind und Kälte.
Alle, die Rowan beobachtet haben, scheinen darin überein zu stimmen, daß sie eine Einzelgängerin ist, eine äußerst stille Person, die lieber arbeitet als spielt. In der Schule war sie so zwanghaft fleißig wie auf dem College. Ihre Garderobe hat zwar immer den Neid ihrer Klassenkameradinnen hervorgerufen, aber sie selbst sagte immer, das liege nur an Ellie. Sie selbst interessiere sich absolut nicht für Kleider. Ihre typische Freizeitkleidung ist seit Jahren überwiegend seemännisch geprägt – Jeans, Segelschuhe, übergroße Pullover und Wollmützen sowie eine Matrosenjacke aus marineblauer Wolle.
In der Welt der Medizin, vor allem in der Neurochirurgie, sind Rowans zwanghafte Gewohnheiten in Anbetracht der Natur ihres Berufes weniger bemerkenswert. Aber selbst auf diesem Gebiet hat man sie als »Besessene« bezeichnet. Tatsächlich scheint Rowan die geborene Ärztin zu sein, wenngleich ihre Entscheidung für die Chirurgie und gegen die Forschung viele, die sie kannten, überrascht hat. »Wenn sie im Labor war«, sagte einer ihrer Kollegen, »dann mußte ihre Mutter sie anrufen und sie daran erinnern, daß sie zwischendurch essen oder schlafen mußte.«
TELEPATHISCHE FÄHIGKEITEN
Rowans übersinnliche Fähigkeiten zeigten sich bereits in ihrem sechsten Lebensjahr in der Schule, vielleicht auch schon vorher, aber darauf haben wir keinerlei Hinweise finden können. Beiläufig befragte Lehrer erzählen wahrhaft erstaunliche Geschichten über die gedanken leserischen Fähigkeiten des Kindes.
Indessen haben wir nichts heraus finden können, was darauf hingewiesen hätte, daß Rowan als Außenseiterin oder Versagerin oder als unangepaßtes Kind gegolten hätte. In ihrer ganzen Schulzeit zeigte sie überdurchschnittliche Leistungen. Schulphotos zeigen, daß sie ein extrem hübsches Kind war, stets braun gebrannt und mit sonnengebleichtem Haar. Sie wirkt verschlossen auf diesen Bildern, als empfinde sie die Kamera irgend wie als Störung, aber keineswegs unglücklich oder depressiv.
Ihre telepathischen Fähigkeiten fielen eher den Lehrern als den anderen Schülern auf, und sie folgen einem bemerkenswerten Muster.
»Meine Mutter war gestorben«, berichtete eine Lehrerin der ersten Klasse. »Ich konnte nicht nach Vermont zur Beerdigung, und mir war gräßlich zumute. Wohlgemerkt, niemand wußte davon. Aber in der Pause kam Rowan zu mir. Sie setzte sich neben mich und nahm meine Hand. Ich wäre fast in Tränen ausgebrochen, so zärtlich war ihre Geste. ›Tut mir leid, das mit
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