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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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er Sinn und Verstand in das bringen können, was Schwester Bridget Marie ihm erzählte.
    Aber die Geschichte klang nicht minder phantastisch, als er mit der Schwester allein war. Die Kinder hatten behauptet, sie hätten Blumen durch die Luft fliegen sehen. Sie behaupteten, die Blumen seien in Deirdres Armen gelandet. Sie hätten gelacht und gelacht. Deirdres magischer Freund bringe sie immer zum Lachen, hatten sie behauptet. Deirdres Freund fand einen Notizblock oder einen Bleistift wieder, den man verloren hatte. Man fragte nur Deirdre, und er brachte ihr alles zurück. Und sie behaupteten sogar, sie hätten ihn selbst gesehen – einen netten Mann, einen Mann mit dunklem Haar und braunen Augen, der eine Sekunde lang neben Deirdre gestanden habe.
    »Man muß sie nach Hause schicken, Pater«, sagte Schwester Bridget Marie. »Es kommt immer wieder vor. Ich rufe ihre Großtante Carl oder ihre Tante Nancy an, und es hört für eine Weile auf. Aber dann fängt alles wieder von vorne an.«
    »Aber Sie glauben doch nicht…«
    »Pater, ich sage Ihnen, das ist gehupft wie gesprungen. Entweder steckt der Teufel in diesem Kind, oder es lügt wie der Teufel, und die anderen glauben ihr die wüsten Geschichten, als ob sie sie verhext hätte. In St. Alphonsus kann sie jedenfalls nicht bleiben.«
    Pater Mattingly hatte Deirdre selbst nach Hause gebracht; durch diese Straßen hier war er mit ihr gegangen, langsam und ernst. Kein Wort hatten sie gesprochen. Man hatte Miss Carl in ihrem Büro in der Stadt angerufen. Sie und Miss Millie erwarteten sie auf der Treppe vor dem großen Haus.
    »Eine überaktive Phantasie, Pater«, sagte Miss Carl ohne eine Spur von Besorgnis. »Millie, was Deirdre jetzt braucht, ist ein warmes Bad.« Und das Kind war verschwunden, immer noch ohne ein Wort zu sagen, und Miss Carl hatte Pater Mattingly zum erstenmal in den Wintergarten gebeten, wo es an einem Peddigrohrtisch Café au lait gegeben hatte. Miss Nancy, mürrisch und unscheinbar, hatte Tassen und Silberlöffel gebracht.
    Wedgwood-Porzellan mit Goldrand. Und Stoffservietten, mit dem Buchstaben M bestickt. Und was für eine geistesgegenwärtige Frau, diese Carl. Adrett hatte sie ausgesehen in ihrem maßgeschneiderten Seidenkostüm mit der gerüschten weißen Bluse, das graumelierte Haar am Hinterkopf zu einem ordentlichen Knoten gebunden, die Lippen mit hellrosa Lippenstift säuberlich nachgezogen. Mit ihrem wissenden Lächeln beruhigte sie ihn auf der Stelle.
    »Man könnte sagen, es ist der Fluch unserer Familie, Pater, dieses Übermaß an Phantasie.« Sie schenkte die heiße Milch und den heißen Kaffee aus zwei Silberkännchen ein. »Wir träumen Träume, wir sehen Visionen; wir hätten Dichter oder Maler werden sollen, scheint mir. Nicht Juristinnen wie ich.« Sie lachte leise und unbeschwert. »Deirdre fehlt nichts; sie muß nur lernen, Phantasie von Realität zu unterscheiden.«
    Und sie erklärte, daß Deirdre zu den Schwestern vom Heiligen Herzen gehen werde, sobald dort ein Platz für sie frei sei. Sie bedaure diese alberne Störung in St. Alphonsus, und natürlich würden sie Deirdre daheimbehalten, wenn Schwester Bridget Marie dies wünsche.
    Der Pater wollte Einwände erheben, aber es war alles schon entschieden. Kein Problem, eine Gouvernante für Deirdre zu bekommen, irgendeine Frau, die sich mit Kindern auskannte – warum nicht?
    Sie spazierten zusammen im tiefen Schatten auf der Veranda entlang.
    »Unsere Familie ist alt, Pater«, sagte Carl, als sie wieder in den großen Salon zurück kamen. »Wir wissen nicht einmal, wie alt. Einige der Porträts, die Sie ringsum sehen, kann niemand mehr identifizieren.« Ihre Stimme klang halb belustigt, halb müde. »Wir sind von den Inseln gekommen, soviel wissen wir mit Sicherheit – von einer Pflanzung auf Saint Domingue -, und davor liegt eine nebelhafte europäische Vergangenheit, die heute restlos vergessen ist. Das Haus ist voll von unerklärlichen Überbleibseln. Manchmal kommt es mir vor wie ein großes, hartes Schneckenhaus, das ich auf dem Rücken mit mir herumschleppen muß.«
    Mit den Händen strich sie leicht über den Konzertflügel und die vergoldete Harfe. Sie finde wenig Geschmack an diesen Dingen, sagte sie. Was für eine Ironie, daß ausgerechnet sie sie jetzt hüten müsse. Miss Millie lächelte nur und nickte.
    Und so hatte sich alles irgend wie in Luft aufgelöst, und das kleine, bleiche Mädchen mit den schwarzen Locken hatte St. Alphonsus verlassen.
    Aber in den

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