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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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wieder sie an. Sogar Anne Marie machte eine bange Miene, und Beatrice schien hilflos zu sein, als habe jemand einen furchtbaren Verstoß gegen die Etikette begangen. Lauren schaute sie mit einem höchst merkwürdigen Blick an.
    »Sie weiß doch gar nicht, worum es geht«, erklärte Beatrice.
    »Ich finde, wir sollten das alles vergessen«, sagte Felice.
    »Warum denn? Warum sollten wir es vergessen?« fragte Fielding. »Glaubst du nicht, daß der Mann zu ihr kommen wird, wie er zu allen anderen gekommen ist? Was hat sich denn geändert?«
    »Du machst ihr angst!« protestierte Cecilia. »Und offen gesagt, mir machst du auch angst!«
    »War es der Mann, der ihnen das Rätsel gestellt hat?« fragte Rowan noch einmal. Niemand antwortete.
    Was konnte sie sagen, um sie wieder zum Sprechen zu bringen, damit sie mit dem, was sie wußten, herausrückten? »Carlotta hat mir von dem Mann erzählt. Ich habe keine Angst.«
    Wie still der Garten war. Sie waren hier draußen alle versammelt, bis auf Ryan, der Gifford fortgebracht hatte. Auch Pierce war wieder da, er stand hinter Peter. Die Dämmerung nahte. Und die Dienstboten waren verschwunden, als wüßten sie, daß sie jetzt nicht erwünscht waren.
    Anne Marie nahm eine Flasche von einem der Tische und füllte mit geräuschvollem Gluckern ihr Glas. Ein anderer griff nach der Flasche. Dann noch einer. Aber alle Blicke ruhten auf Rowan.
    »Hat jemand von euch den Mann schon einmal gesehen?« fragte sie.
    Peters Miene war ernst und unergründlich. Er schien es nicht zu merken, als Lauren ihm Bourbon einschenkte.
    »Gott, ich wünschte, ich könnte ihn sehen«, sagte Pierce. »Nur ein einziges Mal!«
    »Ich auch!« bekräftigte Beatrice. »Nicht im Traum würde ich versuchen, ihn los zu werden. Ich würde mich mit ihm unterhalten, und…«
    »Ach, sei still, Bea!« befahl Peter plötzlich. »Du weißt nicht, wovon du redest. Das weißt du nie!«
    »Aber du weißt es, nehme ich an«, schaltete Lily sich ein, offensichtlich um Bea zu beschützen. »Komm her, Bea, und setz dich zu den Frauen. Wenn es zum Krieg kommt, dann sei auf der richtigen Seite.«
    Beatrice setzte sich neben Lilys Stuhl auf den Rasen. »Du alter Idiot. Ich hasse dich«, sagte sie zu Peter. »Ich würde zu gern erleben, was du tätest, wenn du den Mann sehen könntest.«
    Er tat ihre Worte mit einem Zucken der Augenbraue ab und nahm einen Schluck Bourbon.
    Fielding feixte und murmelte etwas vor sich hin.
    »Ich bin schon in der First Street gewesen und habe stundenlang am Eisenzaun herumgelungert, nur um ihn zu sehen«, bekannte Pierce. »Wenn ich ihn bloß einmal zu Gesicht bekommen hätte…«
    »Ach, um des lieben Himmels willen!« rief Anne Marie. »Als ob du nichts Besseres zu tun hättest!«
    »Laß das bloß deine Mutter nicht hören«, brummte Isaac.
    »Ihr glaubt alle an ihn«, stellte Rowan fest. »Bestimmt hat doch der eine oder andere ihn schon gesehen?«
    »Wie kommst du darauf?« lachte Felice.
    »Mein Vater sagt, es ist reine Phantasie. Ein altes Märchen«, sagte Pierce.
    »Er ist Wirklichkeit«, sagte Peter mit würdevollem Ernst. »Er ist so wirklich wie der Blitz, so wirklich wie der Wind.« Er drehte sich nach dem jungen Pierce um und funkelte ihn an; dann wandte er sich wieder Rowan zu, als verlange er ihre ungeteilte Aufmerksamkeit und ihren Glauben. Schließlich verharrte sein Blick auf Michael. »Ich habe ihn gesehen. Ich habe ihn an dem Abend gesehen, als Stella uns alle zusammen rief. Ich habe ihn seitdem wiedergesehen. Lily hat ihn gesehen. Lauren ebenfalls. Auch du, Felice. Ich weiß es. Und du, Fielding. Du hast ihn in der Nacht gesehen, als Mary Beth in der First Street starb. Und das weißt du auch. Wer hier hat ihn denn nicht gesehen? Nur die Jüngeren.« Er schaute Rowan an. »Frag nur – sie werden es dir alle erzählen.«
    »Erzähl mir, was du gesehen hast«, sagte Rowan und sah Peter an. »Du willst doch nicht sagen, er kam zur Tür herein, als Stella euch versammelt hatte.«
    Peter ließ sich Zeit. Er schaute sich um, sein Blick verweilte eine Zeitlang auf Margaret Ann, dann auf Michael, schließlich auf Rowan. Er hob sein Glas, leerte es und begann.
    »Er war da – eine gleißende, flimmernde Erscheinung, und für ein paar Augenblicke hätte ich schwören können, er war so handfest wie jeder andere Mann aus Fleisch und Blut, den ich kenne. Ich sah, wie er sich materialisierte. Ich spürte die Hitze, die sich dabei entfaltete. Und ich hörte seine Schritte. Ja, ich hörte

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