Hexentochter
an den Tisch und zog die Augenbrauen hoch, bereit, sich alles anzuhören.
»Sie will sich von uns trennen. Sie hatte so einen Traum. Jer ist auf irgendeiner Insel, und sie will zu ihm gehen«, stieß Amanda hastig hervor.
»Auf einer Insel«, wiederholte er.
Sie verdrehte die Augen. »In England, oder irgendwo in der Nähe.«
»Aha.« Er verschränkte die Arme. »Da gibt es nämlich ganz wenige. Nur die Orkneys und, ach ja, die kleine britische Insel selbst, und dann noch ...«
»Hexer versuchen uns umzubringen, und sie kann an nichts anderes denken als ihre große Liebe, die zufällig auch ein Hexer ist.«
»Diese Filme heutzutage...«, bemerkte er geistesgegenwärtig, als der Kellner mit zwei Chai Latte und dem Zimtbrötchen an den Tisch trat.
Sie kapierte es sofort. »Ja, nicht?«, stimmte sie zu.
Sie warteten, während ihre Bestellung auf dem Tisch verteilt wurde. Dann lehnte Amanda sich auf ihrem Stuhl zurück und seufzte schwer.
»Also, dieser Traum«, half er nach.
»Er ist da eingeschlossen. Oder so ähnlich. Ich weiß es nicht. Sie kann uns doch nicht hier alleinlassen. Wir werden einfach massakriert...«
Er war ihrer Meinung, sagte aber nichts. Er ließ sie erst einmal reden.
»Das ist nicht fair. Es ist nicht in Ordnung, und ich finde, wir sollten ihr alle sagen, dass sie nicht gehen kann. Sie ist unsere Hohepriesterin, Herrgott noch mal.«
»In demselben Film«, sagte er, als der Kellner vorbeikam, um ihnen Wasser nachzuschenken.
Zu seiner Überraschung brach Amanda in Lachen aus. Sie legte plötzlich beide Hände auf seine linke Hand, die ganz unschuldig auf dem Tisch ruhte, und sagte: »Ach, Tommy, man muss dich einfach lieben!«
Sein Herz setzte einen Schlag aus. Ach, wenn du mich nur lieben würdest, sagte er ihr stumm. Amanda, noch nie hat ein treueres Herz sauerstoffgesättigtes Blut gepumpt...
Er griff nach seinem Becher und erklärte: »Wir sollten einen Zirkel abhalten. Mit ihr reden. Du hast recht - sie kann nicht so tun, als sei sie nicht Teil eines größeren Ganzen. Wir sind ja schon auf Nicole sauer genug.«
Sie ließ seine Hand los, und das bedauerte er sehr. Doch ihre Augen hatten einen neuen Glanz, als betrachte sie ihn nun ein wenig anders, und er wagte zu hoffen...
Wie er schon seit über zehn Jahren hoffte ...
»Du hast recht. Wir halten einen Zirkel ab. Ach, Tommy, was würde ich nur ohne dich machen?«, zwitscherte sie.
Er lächelte sie zärtlich an. »Das finden wir lieber nicht heraus.«
Ihre Lippen kräuselten sich, ihre Wangen färbten sich rosig, und ja, da war tatsächlich ein neuer Ausdruck in ihren Augen.
»Lieber nicht«, stimmte sie zu.
Michael: Seattle, im Oktober
Es war Samhain - Halloween -, und oben klingelte es andauernd an der Tür. Michael wusste, dass die Kinder, die von Haus zu Haus zogen und nach Süßem verlangten, verwirrt und enttäuscht waren. Das Haus der Deveraux war für gewöhnlich eine ihrer ergiebigsten Quellen. Da Michael Wert auf gutes Ansehen in der Nachbarschaft legte, war er beim Verteilen von Süßigkeiten sonst immer sehr großzügig.
Doch dieses Jahr hatte er in dieser Nacht, einem der wichtigsten Sabbate der Hexenwelt, etwas Besseres zu tun.
Im schwarzen Herzen seines Hauses - der Zauberkammer - hatte er sein besonderes Samhain-Gewand angelegt, das mit hässlich grinsenden roten Kürbissen, grünen Blättern und Blutstropfen verziert war, und besondere arkane Gegenstände für ein Ritual hervorgeholt: grün-schwarze Kerzen, in die Menschenblut eingerührt war, eine Schale aus dem Schädel einer in Salem gehenkten Hexe und sogar einen besonderen Athame, den sein Vater ihm geschenkt hatte, als er zum ersten Mal einen Toten hatte auferstehen lassen.
Der Wichtel saß da, beobachtete die Vorbereitungen und starrte Michael mit seinem typisch spitzbübischen Blick an. Michael holte tief Luft, zwang sich zur Ruhe und zentrierte sich für das Ritual. Doch er war von kribbelnder Erregung erfüllt. Er hatte die Runen befragt und in den Eingeweiden mehrerer kleiner Opfertiere gelesen und tatsächlich die Bestätigung für den Fluch der Cahors erhalten. Wen eine Cahors liebte, der starb gewöhnlich durch Ertrinken.
Er hatte eine wunderbare neue Waffe gegen die Cahors in der Hand.
Er stimmte einen Zauber auf Latein an, griff in einen großen Tank und zog ein Haibaby an der Schwanzflosse heraus. Er hielt das zappelnde Geschöpf über den Altar und hob mit der anderen Hand den Dolch. »Oh, gehörnter Gott, nimm dieses Opfer von mir
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