Hexentraum
und es war sehr unwahrscheinlich, dass er den Ort allein finden würde. Auf einmal streckte Richard die Arme aus und drückte ihn kurz an sich. Überrascht erwiderte Jer die Umarmung. Tränen brannten ihm in den Augen. »Pass auf dich auf, mein Junge«, flüsterte Richard.
Sie ließen einander los, und Richard lächelte ihn an, ehe er zurücktrat und in der Dunkelheit verschwand.
Der Tag zog klar und kühl herauf. Amanda stand vor der Hütte, mit den beiden Männern, die ihr am liebsten waren: ihrem Vater und Tommy.
»Ich finde es gut, dass er gegangen ist«, sagte Tommy. »Die beiden auf einem Fleck, das hat nicht funktioniert.« Er rümpfte die Nase. »Sie hätten sich noch eine Testosteronvergiftung geholt.«
Ihr Vater lachte leise und nickte, aber Amanda fühlte sich dennoch ein wenig verloren. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass so viele von ihnen getötet oder entführt worden waren - jetzt verschwanden die Leute auch noch freiwillig. Es klang vielleicht seltsam, aber Jer war ihre letzte reale Verbindung zu Holly gewesen.
»Wir müssen los«, sagte Amanda, als sie Luna auf sich zukommen sah. Ihre Stimme war heiser, weil sie schon so lange gegen die Tränen ankämpfte.
Binnen weniger Minuten saßen sie wieder in den Autos. Luna fuhr voran, Richard ihr hinterher. Schneller, als Amanda erwartet hatte, hielten sie vor einem großen Haus auf einem Hügel. Vor dem Eingang stand mit verschränkten Armen und einer großen grauen Katze, die um ihre Knöchel strich, Anne-Louise Montrachet.
Amanda war erleichtert, ein vertrautes Gesicht zu sehen, als sie ausstieg. Sie ging auf Anne-Louise zu und umarmte sie spontan. Amanda spürte ihre Überraschung, als die ältere Hexe die Umarmung erwiderte.
»Hier bist du sicher«, flüsterte Anne-Louise.
Amanda konnte sich nicht mehr zusammenreißen und begann zu schluchzen. »Ich habe mich schon so lange nicht mehr sicher gefühlt.«
»Ich weiß, ich weiß.«
Amanda hörte es nicht, spürte aber, dass jemand hinter sie trat, und als er eine Hand auf ihre Schulter legte, erkannte sie Tommy. Anne-Louise trat zurück, und Amanda drehte sich um und warf sich in Tommys Arme.
Sie hörte Anne-Louise mit starker, klarer Stimme zu den anderen sprechen. »Ihr alle seid hier willkommen. Wir bieten euch Zuflucht und einen sicheren Ort, an dem eure Wunden heilen können. Seid gesegnet.«
»Sei gesegnet«, antworteten die anderen im Chor.
»Sei gesegnet«, flüsterte Amanda an Tommys Schulter.
Acht
Epona
In unsere Hände fallen die Cahors
Opfer Deveraux' schlauer Pläne
Wir tun mit ihnen, was uns beliebt
Und genießen es, Hexen zu töten
Göttin, erlöst uns, wir bitten Euch
Lasst uns diesen Tag überstehen
Schirmt unsere Herzen gegen die Pein
Dass wir den Verstand nicht verlieren
Eli: Avalon
Es war so einfach gewesen, sich in das Verlies zu schleichen, in dem Nicole gefangen gehalten wurde. Dennoch war Eli nicht glücklich. Das war zu einfach, sagte er sich, während er voranschlich und auf dem nassen Steinboden immer wieder ausrutschte. Er hatte seine gewohnten Sportschuhe gegen knöchelhohe Sneakers mit weichen Sohlen getauscht, und die Stoffschuhe waren inzwischen durchnässt. Seine Füße waren eiskalt. Das muss eine Falle sein.
Sein Umhang und die schwarze Lederjacke, die er darunter trug, waren im Rücken nass, weil widerliches Wasser von den modrigen Wänden troff. Es hieß, die Burg sei älter als Arthurs Merlin, und angeblich hauste der uralte Druide und Zauberer bis heute hier. Der bloße Gedanke schnürte Eli vor Angst die Brust ein. Wenn Merlin Sir William half, könnte Eli noch heute als Häuflein Asche enden.
Oder als warzige alte Kröte wie Laurent...
Das dachte er halb im Scherz, doch er erschauerte trotzdem. Er hatte entsetzliche Angst, und das sollte ein Deveraux-Hexer niemals zugeben, nicht einmal vor sich selbst. Zu viel war geschehen, was seinen Glauben an die Macht seiner Familie erschüttert hatte. Angeblich war die Magie der Deveraux die stärkste, die es gab, zumindest auf der dunklen Seite. Es wurde behauptet, dass die Moores den rechtmäßigen Platz von Elis Familie auf dem Thron des Obersten Zirkels usurpiert hätten. Immerhin konnte kein anderes Haus das über die Maßen begehrte Schwarze Feuer beschwören... dabei hatten es schon viele versucht.
Dieses Verlies schreckt mich nicht. Es ist ganz sicher keine Bedrohung für jemanden, der so mächtig ist wie ich.
Doch während er allein durch die Dunkelheit schlich, die nach Tod
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