Hexentraum
riesig und hatten keine Iris, nur tellergroße Pupillen. Anstelle von Armen hatte es große, fleischige Glieder, die mit Federn bedeckt waren. Die Klauenfüße erinnerten an die eines Falken.
Das Ding öffnete das Maul und stieß einen hohen, unheimlichen Schrei aus. Eli fuhr zusammen, als er begriff, was das war: Der Geist des Bussards Fantasme hatte sich in einer bizarren Gestalt manifestiert, die er noch nie zuvor gesehen hatte. »Du hast mich gehört«, platzte er heraus.
Das Vogelwesen streckte die armähnlichen Glieder aus, drückte Eli gegen seine Brust, wirbelte herum und öffnete den gewaltigen Schnabel. Die Kiefer knackten und spreizten sich, und ein zweites Paar zahnbewehrter Kiefer schob sich aus dem Maul hervor und riss einem Gallertwesen die Kehle auf, das gerade auf den Rücken der Bestie springen wollte.
Glibber flog überall umher. Fantasme drehte sich wieder um und lief den Tunnel entlang.
Die beiden verbliebenen Golems nahmen die Verfolgung auf. Eli reckte den Hals und beobachtete, wie sie näher kamen und dann zurückfielen, als Fantasme beschleunigte. Der Tunnel füllte sich mit Rauch und einem grässlichen verbrannten Gestank. Der beißende, ölige Qualm drang Eli in die Kehle, bevor er sich dagegen schützen konnte. Er begann zu husten, und seine Augen tränten. Fantasme blickte auf ihn herab und krächzte etwas in seiner unverständlichen Sprache. Dann zuckte sein Kopf herab, und ehe Eli wusste, wie ihm geschah, hatte der Bussard seinen Kopf im Schnabel. Der Vogel atmete ein und aus - Eli verstand. Fantasme verschaffte ihm frischere Luft zum Atmen.
Das rettete Eli vermutlich das Leben, und er ließ den Kopf in Fantasmes Schnabel, während das Vogelwesen immer schneller dahinjagte, schützend über Eli gebeugt wie ein Quarterback über einen Football.
Eli wusste nicht, wie lange Fantasme rannte - es kam ihm wie Stunden vor -, doch der heiße, feuchte Atem des Vogels wurde schal und rauchig. Natürlich sog er die giftige Luft im Tunnel ein und filterte sie nur so gut wie möglich, ehe er sie Eli zum Atmen gab. Eli wurde übel, und er fühlte sich schwach, doch Fantasme hielt ihn fest, und Eli war unglaublich dankbar dafür. Über Jahrhunderte hinweg war Fantasme seiner Familie eine guter, treuer Diener gewesen, in welcher Inkarnation der Vogel auch erscheinen mochte.
Diese Treue war natürlich teuer erkauft worden: mit dem Blut vieler, vieler Jungfrauen ...
Doch Eli verlor allmählich das Bewusstsein. Die Luft war zu giftig, er erstickte in Fantasmes Schnabel. Seine Finger erschlafften, sein Arm baumelte herab und schlug hin und her, während der Vogel ihn durch die Verliese der Burg auf Avalon trug.
Ich werde nicht sterben, dachte er zornig. Ich bin ein Deveraux. Wir tun so etwas nicht.
Dann wurde alles schwarz, und seine Seele schrie vor Grauen, vor Angst, dass der Gehörnte Gott sie nun verschlingen könnte. Graues, geistloses Nichts würde dann ihre letztendliche Belohnung sein...
Als Eli erwachte, war Nicole über ihn gebeugt und presste die Lippen auf seine. Er roch einen köstlichen Duft nach Klee und Rosen und atmete gierig ein. Hexenatem. Magischer Atem. Offenbar hatte sie nicht gemerkt, dass er wieder zu sich gekommen war, und er hob und senkte die Brust mit der Luft, die sie in seinen Mund blies. Sie versuchte ihn durch Mund-zu-Mund-Beatmung zu retten, und er fand es herrlich.
Sie war so darauf konzentriert, dass er sogar sacht ihre Zunge mit seiner berühren konnte, ohne dass sie ihre Arbeit unterbrach.
Dann blickten ihre dunklen, tiefen Augen direkt in seine, und sie fuhr zurück.
Mit einem leisen Brummlaut setzte sie sich auf und beäugte ihn argwöhnisch mit schmalen Augen. Er täuschte heftiges Husten vor, wälzte sich auf die Seite, krümmte und wand sich und ballte die Fäuste.
Sie klopfte ihm auf den Rücken. Er grinste in sich hinein und hustete noch ein paar Mal kräftig.
»Eli, komm zu dir. Bring mich hier weg, verdammt noch mal«, befahl sie barsch. »Das Wasser steigt.«
Wasser?
Er hörte auf zu schauspielern, setzte sich auf und stellte fest, dass die Täuschung gar nicht so groß gewesen war – er fühlte sich unglaublich schwach. Und die Höhle - die Höhe? - drehte sich um ihn wie ein verrücktes Karussell.
»Dieses Ding da hat mich befreit und uns beide in diese Höhle gebracht«, erklärte sie und deutete auf etwas hinter ihm. Er drehte sich um. Tatsächlich ragte Fantasme schützend über ihm auf, und in den glänzenden Augen spiegelte sich
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