Hexenzorn
nicht, was zum Essen geeignet ist und was nicht. Aber lass uns das bitte nicht vertiefen.« Er sah sich nervös um. »Nach jeder Verwünschung warte ich geradezu auf eine Art kosmische Vergeltung dafür, dass ich in der Sprache der Götter geflucht habe.«
»Vielleicht ist ja dieser schlechte Geschmack die Vergeltung«, sagte Marla. Rondeau hatte die Gabe der Sprachen, wenn auch nur eingeschränkt. Hamil glaubte, dass Rondeau, wenn er seine Flüche einsetzte, das allererste Wort, mit dem das Universum erschaffen worden war, falsch aussprach. Das Ergebnis war jedes Mal genauso zerstörerisch wie unvorhersehbar, trotzdem konnte Marla sich nicht erinnern, dass dabei jemals weiß glühende Flammen herausgekommen wären. Marla glaubte nicht an Hamils Theorie. Sie glaubte an Götter - Plural - oder zumindest an übernatürliche Wesen mit Kräften, die jene von Menschen wie ihr selbst, die in der Magie bewandert waren, bei Weitem überstiegen. Aber sie glaubte nicht an den einen Schöpfergott, der das Universum mit ein paar wohlformulierten Sätzen erschaffen hatte. Es schien ihr wahrscheinlicher, dass Rondeau mehr oder weniger durch Zufall uralte Beschwörungsformeln aus der Sprache der Dämonen zitierte, vielleicht aus der Sprache jener Wesen, zu denen Rondeau in seinem gestohlenen Körper in Wahrheit gehörte. Die Flüche waren
jedenfalls praktisch, wenn sie auch manchmal mehr Schaden als Nutzen anrichteten und äußerst unangenehme Nebenwirkungen haben konnten, von denen Rondeau jedoch nie selbst betroffen war, sondern immer irgendwelche Unschuldigen, die sich gerade in der Nähe aufhielten. Marla hatte sich einmal durch einen Fluch Rondeaus eine leichte Gehirnerschütterung zugezogen.
»Vielleicht sollten wir langsam mal rüber zu Finchs Party gehen«, meinte Marla. »Es dürfte bald so weit sein.«
»Klar«, sagte Rondeau. »Wollen wir nur hoffen, dass wir unterwegs nicht noch mehr Vögeln über den Weg laufen.«
Als sie die Parkgarage durchquerten, sah Marla in der Nähe der Auffahrt zu den oberen Stockwerken einen Schatten. Sie blieb stehen, blinzelte und flüsterte einen Zauberspruch, um ihre Nachtaugen zu aktivieren. Dann sah sie noch einmal hin. Ein Mann stand dort, nicht sehr groß, schlank, einen Spazierstock in der Hand. Er hatte eine Art Zylinder auf dem Kopf, der aber irgendwie pelzig aussah. Er blickte sie direkt an. Wahrscheinlich glaubte er, sie könne ihn in der Dunkelheit nicht sehen. »Ein Biberhut«, murmelte sie. »Wer hatte nochmal etwas von einem Biberhut gesagt?«
»Wovon redest du?« Rondeau kam auf sie zu und versperrte kurz die Sicht auf den Mann. Als er den Blick wieder frei gab, war der Mann verschwunden. Marla fluchte. Ihre Unflätigkeiten waren zwar weniger zerstörerisch als die Rondeaus, aber sie kamen von Herzen.
»Jemand hat uns beobachtet, so ein kleiner Typ mit Spazierstock und Biberhut.«
»Tatsächlich?«, sagte Rondeau. »Müssen wir uns Sorgen machen?«
»Ich habe keine Zeit, mir über solchen Mist Sorgen zu
machen«, erwiderte Marla. »Ich hab’ auch so genug Probleme.«
»Wahrscheinlich nur noch ein Spion«, sagte Rondeau. »Wenn wir ihn nochmal sehen, schnappen wir ihn uns. Andererseits, solange er uns nur beobachtet … was soll’s? Es ist ja nicht so, dass du dich heimlich auf die Party schleichen willst, oder?«
»Nein, aber es nervt mich ganz einfach, wenn mir jemand folgt.«
»Jedes Mal, wenn ein fremder Magier nach Felport kommt, schickst du auch immer jemanden los, um ihm zu folgen«, merkte Rondeau an.
Marla funkelte ihn einen Moment lang an, dann marschierte sie davon, aus der Parkgarage ins Freie.
Als sie zurück durch den Park gingen, klingelte Rondeaus Telefon. Marla zog es aus ihrer Tasche, klappte es auf und hielt es ans Ohr. »Sprich.«
»Ich hab etwas über dein Froschmonster rausgefunden«, sagte Hamil. »Es ist eine Gottheit der Azteken, obwohl ›Urzeit-Erdmonster‹ wahrscheinlich der bessere Ausdruck wäre. Es heißt Tlaltecuhtli.«
»Ohne Übung kann ich das nicht aussprechen«, sagte Marla. »Ich werde es einfach Kröterich nennen, falls ich ihm begegnen sollte.«
»Wir wollen mal hoffen, dass es gar nicht erst so weit kommt«, antwortete Hamil. »Ich hoffe, das Vieh ist mythologischen Ursprungs, ohne realen Hintergrund.«
»Gib mir mal die Eckdaten«, sagte Marla und blieb im Schatten des Riesenstuhls stehen.
»Wird oft als weiblich beschrieben, wenn auch nicht in allen Quellen. Sie war eine der ersten Göttinnen, ein
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