Hexer-Edition 02: Als der Meister starb
Bersten aus. Hastig schloss er die Tür und hantierte einen Moment lang im Dunkeln herum.
Etwas klickte. Ein Teil der Rückwand löste sich und schwang quietschend nach außen. Helles Sonnenlicht blendete mich.
Ich blinzelte, hob die Hand vor die Augen und stolperte aus dem Schrank, als mir unser neuerworbener Freund schon wieder einen Stoß versetzte. »Beeilt euch!«, keuchte er. »Und keinen Laut, oder wir sind alle drei tot!«
Ich stolperte vorwärts, stieß mir den Kopf an einem tiefhängenden Balken und ließ mich mit einem gemurmelten Fluch auf die Knie sinken. Neben mir plumpste Bannermann zu Boden und schüttelte benommen den Kopf.
Ich wollte eine Frage stellen, aber die Schrankwand schloss sich bereits wieder, und weniger als eine Sekunde später waren Bannermann und ich allein.
Verwirrt sah ich mich um. Wir waren in einer niedrigen, aber erstaunlich geräumigen Dachkammer, die wesentlich großzügiger und liebevoller eingerichtet war als das Zimmer auf der anderen Seite. Das Licht kam von oben, durch zwei Lücken, wo die Dachziegel entfernt und geschickt durch genau zugeschnittene Glasplatten ersetzt worden waren. Der Raum war so niedrig, dass nicht einmal Bannermann aufrecht stehen konnte, ohne sich an den Balken zu stoßen, aber es gab eine Anzahl gemütlich aussehender Sessel, eine altmodische Chaiselongue und ein breites, sauber bezogenes Bett, so dass es nicht nötig war zu stehen. An einer der Wände hingen sogar ein paar Bilder, und auf dem runden Tisch in der Mitte des Zimmers stand eine Vase mit frisch geschnittenen Blumen.
Ich wollte aufstehen, aber Bannermann legte mir rasch die Hand auf den Unterarm, schüttelte den Kopf und legte den Zeigefinger über die Lippen.
Ich lauschte. Im ersten Moment vernahm ich nichts außer dem rasenden Hämmern meines eigenen Herzens und dem dumpfen Rauschen meines Blutes in den Ohren, dann hörte ich das gedämpfte Geräusch von Schritten durch die Schrankwand dringen; schließlich Stimmen.
»Wo sind sie?«, fragte eine harte, unsympathische Stimme.
»Wer?«, antwortete eine andere. Ich glaubte sie als die unseres Retters zu identifizieren.
»Die beiden Fremden. Sie sind in dieses Haus geflüchtet. Hast du sie gesehen?«
»Ich habe niemanden gesehen. Wenn sie hier im Haus waren, dann sind sie auf der anderen Seite wieder …« Etwas klatschte, und die Stimme brach mit einem schmerzhaften Wimmern ab.
»Sag die Wahrheit!«, hörte ich wieder die erste Stimme. »Die beiden sind Verbrecher, Pri! Sie haben Leyman ermordet, und einer von ihnen hat auf Ben geschossen und ihn schwer verletzt. Wenn du sie deckst …«
»Aber ich habe niemanden gesehen! Ihr … ihr könnt ja selbst nachsehen, ob ich hier irgend jemand verstecke!«
Die Männerstimme lachte böse. »Darauf kannst du dich verlassen. Los Jungs – stellt die Bude auf den Kopf.«
Bannermann fuhr erschrocken zusammen und sog hörbar die Luft ein, schwieg aber weiter verbissen. Eine Zeit lang waren durch die dünne Wand polternde und krachende Laute zu hören, vermischt mit dem schweren Stampfen von Schritten und wütendem Fluchen. Mein Herz schien einen schmerzhaften Sprung zu tun, als ich hörte, wie die Schranktür roh aufgestoßen und die Kleider von den Haken gerissen wurden. Schließlich traf sogar ein Kolbenhieb die Rückwand des Schrankes.
»Die sind wirklich nicht hier«, vernahm ich. »Sie müssen vorne raus sein«, fügte eine andere Stimme hinzu. »Oder über die Dächer. Aber die kriegen wir schon.« Wieder polterten Schritte, dann wurde die Tür unsanft aufgerissen. Glas klirrte.
»Du sagst uns sofort Bescheid, wenn du sie siehst, ist das klar?«, hörte ich wieder die erste Stimme. Unser Retter antwortete irgend etwas, das ich nicht verstand, dann fiel die Tür krachend ins Schloss, und schwere Schritte polterten die Treppe hinunter.
Bannermann atmete hörbar auf. »Das war knapp«, flüsterte er. »Eine halbe Minute später, und …«
Er sprach nicht weiter, aber das war auch nicht nötig. Diesmal hatten wir mehr als nur Glück gehabt. Unsere Rettung glich einem Wunder.
Ich sah auf, als die Schranktür abermals geöffnet wurde und das Geräusch leichter Schritte laut wurde. Knarrend schwang die Rückwand des Schrankes nach innen, und eine schmalschultrige, in ein einfaches braunes Gewand gehüllte Gestalt huschte geduckt zu uns herein.
Der Anblick verschlug mir für einen Moment die Sprache.
Unser Retter hatte seinen Mantel abgelegt. Sein Gesicht war im hellen Sonnenschein
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