Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire
zur Van Dengsterstraat gewiesen hatte. Sein Blick gefiel mir ganz und gar nicht. Es war genau die Art, in der ein Raubtier seine Beute anstarrt, die ihm nicht mehr entkommen kann. Sein Rattengesicht verzog sich zu einem zufriedenen Grinsen.
»Wir wollen und dürfen Sie nicht töten, Craven«, sagte er mit einem süffisanten Grinsen. »Doch es macht meinen Männern nichts aus, Sie zum Krüppel zu schlagen, wenn Sie sich uns nicht freiwillig ergeben und mit uns kommen!«
Und plötzlich war etwas in seinem Blick, was mich innerlich zu Eis erstarren ließ. Es war wie das düstere Etwas, das das Licht im Zimmer aufsaugte und Kälte verbreitete, ungreifbar und körperlos, aber deutlich zu spüren. Irgendetwas war plötzlich anders. Aus dem Spiel war Ernst geworden.
Und mit einem Male begriff ich, dass es unter Umständen hier nicht mehr um Leben und Tod, sondern um mehr ging …
»Wer sind Sie und was wollen Sie von mir?«, fragte ich ihn mit mehr lauter als fester Stimme.
Rattengesicht zuckte mit den Achseln. »Das geht Sie im Moment zwar noch nichts an«, sagte er, »aber vielleicht erzähle ich es Ihnen, wenn Sie Ihre Waffe wegwerfen und die Hände über den Kopf heben!«
»Glauben Sie, ich würde mich wie ein Lamm zur Schlachtbank führen lassen?«, fragte ich. »Wenn Sie mich wirklich so gut kennen, wie es scheint, dann sollten Sie wissen, dass ich das nicht tun werde. Was wollen Sie von mir? Ich kenne Sie nicht, und ich habe keinen Streit mit Ihnen.«
»Nun, ich habe Ihnen eine Chance gegeben, Craven!«, antwortete er mit hässlich verzogenem Gesicht und wandte sich an die drei Schlägertypen. »Los, entwaffnet und bindet ihn!«
Wie durch ein Wunder gelang es mir, den ersten Schlägen der wuchtigen Keulen auszuweichen. Ich steppte zur Seite und nahm einen Schlag gegen die Schulter hin, um einem der Burschen meine Degenklinge in den Oberschenkel zu rammen. Der Kerl wankte einen Moment und schaute wie verwundert auf die klaffende Wunde. Dann hob er die Keule ungerührt zum nächsten Schlag. Er schien den Schmerz nicht einmal zu spüren!
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie die Tür aufsprang und der Diener hereinstürmte, eine wertvolle chinesische Vase packte und nach mir schleuderte. Das antike Wurfgeschoss zerschellte neben meinem Gesicht an der Wand und überschüttete mich mit scharfkantigen Splittern. Aber ich war für einen Moment abgelenkt und meine drei Gegner nutzten diesen kurzen Moment aus. Eine Hand krallte sich in mein Haar und riss daran. Gleichzeitig streifte ein Keulenschlag meine Rippen und trieb mir die Luft aus dem Leib.
»Gut gemacht, Croff. Ja! Passt auf! Gleich habt ihr ihn!«, schrie Rattengesicht, schlug sich vor Vergnügen auf die Oberschenkel und sprang herum, als hielte er sich für Rumpelstilzchen. Seine Handlanger bildeten einen Halbkreis um mich und droschen mit ihren Keulen nach meinem Stockdegen. Sie hätten mich jetzt längst treffen können, aber sie gehorchten Rattengesichts Befehl und versuchten nur mich zu entwaffnen.
Ich unterlief einen Hieb und rammte dem Kerl, der zugeschlagen hatte, das Knie in den Unterleib; das war zwar nicht sehr fair, aber wirksam.
Jedenfalls war es das bisher immer gewesen …
Es war ein Gefühl, als hätte ich gegen eisverkrustetes Holz geschlagen. Der Mann verzog die Lippen zu einem hässlichen Grinsen und holte zum nächsten Schlag aus.
»Du kannst nicht entkommen, Craven! Gib doch auf!«, kicherte der Kleine.
Mein Blick irrte durch den Raum und blieb auf einem großen, straßenseitigen Fenster haften. Ich raffte alle Kraft, die ich noch hatte, zusammen, nahm einen weiteren, mörderischen Hieb gegen den Leib in Kauf, trat dem Besitzer der Keule dafür mit aller Macht auf den Fuß und drehte den Absatz, kurz und schnell und mit dem ganzen Gewicht meines Körpers belastend, um.
Der Kerl brüllte auf, ließ seine Keule fallen und sprang, ungeschickt mit den Armen rudernd und nur auf einem Bein hüpfend, zurück. Ich half der Entwicklung noch ein wenig nach, indem ich ihm einen Stoß vor die Brust versetzte, der ihn haltlos gegen seine beiden Spießgesellen taumeln ließ.
Im nächsten Moment schoss ich zwischen ihnen hindurch, fegte den Diener mit dem Ellbogen beiseite und hechtete durch das splitternde Glas.
Für einen Moment war ich benommen. Ein dumpfer Schmerz pochte in meinem Schädel und vor meinen Augen tobten graue und rote Schleier. Mühsam stemmte ich mich hoch, blinzelte die Tränen fort und sah mich mit einer Mischung aus
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