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Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Titel: Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Plötzlich wusste er, dass sein Hiersein eine Bewährung war, gleichzeitig die Strafe für etwas, das er getan – oder vielmehr gerade nicht getan – hatte, und an das er sich nicht mehr erinnerte.
    »Ich weiß«, wisperte die Stimme Necrons in seinen Gedanken. »Es wäre dein Ende, Shannon, denke immer daran. Niemand enttäuscht mich zweimal. Die Strafe, die dich erwarten würde, wäre tausendmal schlimmer als das, was du erlebt hast.«
    Shannon nickte demütig. Er spürte sich dem Meister so nahe, dass er dessen Herz schlagen hörte und seinen Atem vernahm. Sie waren beinahe eins. Zwei Körper, die von einem einzigen, unglaublich mächtigen Geist beseelt wurden. Die räumliche Distanz zwischen ihnen zählte nicht mehr.
    »Dringe in das Herz des Labyrinths vor, töte seinen Diener Adurias und sei dann meine Hand und mein Mund!«, sagte der Alte. Dann erstarb seine Stimme; das unsichtbare Band, das Shannon und Necron über Raum und Zeit hinweg miteinander verbunden hatte, begann zu zerfasern wie vergänglicher Nebel, den die Sonne hinwegschmilzt.
    Aber kurz, ehe es endgültig zerriss, hörte Shannon noch einmal Necrons Stimme: »Du weißt, welch wichtige Aufgabe ich dir damit übertrage. Enttäusche mich nicht noch einmal, Shannon!«
    Shannon wartete, bis sein Meister sich aus ihm zurückgezogen hatte, warf noch einen Blick auf das wieder ganz alltäglich wirkende Viertel, drehte sich um und ging die Treppe hinab. Die Straßen der Stadt waren voll von Menschen. Niemand vermochte den jungen Mann zu sehen, der lautlos wie eine Katze und unsichtbar wie der Wind seinem Ziel zusteuerte.
     
    Die Luft roch modrig und so verbraucht, dass ich im ersten Moment das Gefühl hatte, ersticken zu müssen. Außerdem war es so dunkel, dass man die sprichwörtliche Hand vor Augen nicht mehr sehen konnte. Instinktiv drehte ich mich um und suchte nach der Tür, die hinter mir herabgefallen war, spürte aber nur kalte, feuchte Steine unter meinen Händen.
    Da ich nichts sah, tastete ich mich vorsichtig an der Wand entlang. Doch nach wenigen Schritten versperrte mir etwas den Weg, eine Art flacher, langgestreckter Steinblock von der Größe eines Sarges. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass es wirklich ein Sarg war.
    Da sich meine Augen allmählich an die Dunkelheit gewöhnten, nahm ich jetzt auch den grünlich phosphoreszierenden Schimmer wahr, der von den Steinen ausging. Konturen schälten sich aus der Finsternis und formten sich zu einem niedrigen Gewölbe, das aus wuchtigen, grob behauenen Quadern errichtet worden war.
    Auf dem Boden standen sechs oder sieben Dutzend steinerne Sarkophage, in Reih und Glied ausgerichtet wie Soldaten. Mit einer für das spärliche Licht erschreckenden Deutlichkeit nahm ich die bleichen Knochen wahr und die Totenschädel, die mich durch die zersprungenen und verschobenen Deckel der Särge angrinsten.
    Eine Weile starrte ich auf die unerfreuliche Gesellschaft, in die ich nun geraten war, und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen. Doch das seltsame Labyrinth und seine lebenden und toten Bewohner verwirrten mich so sehr, dass ich einfach selbst nicht mehr wusste, was ich suchte und wohin ich eigentlich wollte.
    Ich versuchte erst gar nicht einen Sinn hinter diesem ganzen Wahnwitz zu finden. Letztlich hatte ich mir mein Schicksal wohl selbst zuzuschreiben. Howard hatte mich oft genug vor dem Animal-Master der Tempelherren gewarnt, aber ich hatte ja nicht hören können, verdammter Narr, der ich war! DeVries hatte mich noch im Tode in eine Falle gelockt.
    Ich unterdrückte das Grauen, das mir wie eine eisige Hand das Rückgrat entlang strich, ging langsam weiter und schaute mich so aufmerksam wie möglich um. Nach einigen Ewigkeiten entdeckte ich dann schließlich im dunkelsten Winkel des Gewölbes eine steile Treppe, die vor einer eisenbeschlagenen Tür endete.
    Ich rannte hinauf und drückte die Klinke nieder. Doch nichts rührte sich. Ich verfluchte im Stillen alle Türen dieses höllischen Labyrinths, warf mich gegen dieses Musterexemplar vor mir und rüttelte dann mit aller Kraft. Ich hätte ebenso gut an den Steinen rechts und links neben mir rütteln können. Die Tür war nicht nur verschlossen; die Klinke bewegte sich nicht einmal.
    Schließlich kehrte ich mit zusammengebissenen Zähnen in die Gruft zurück und durchsuchte sie nach einem zweiten Ausgang. Doch da gab es nichts außer Steinen, Knochen, Dreck und Moder.
    Die schlechte Luft und das ekelhafte grünliche Licht zerrten in

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