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Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auf dem Dachboden, kein spontaner Angriff, sondern ein sorgsam geplanter Hinterhalt, in den Landon und die anderen geraten waren.
    Der Einzige, den die Tiere nicht angriffen, war ich.
    Im allerersten Moment begriff ich es nicht einmal. Ich stand einfach da und starrte fassungslos auf den Orkan aus grauen Federn und Schwingen, der rings um mich herum tobte, und für einige Sekunden war ich vollkommen davon überzeugt, das mein Ende gekommen wäre. Hank versuchte auf die Füße zu kommen, wurde aber immer wieder von neuen Tauben getroffen und zurückgeschleudert, und auch Steve erging es kaum besser. Er taumelte zwar in die Höhe, doch es gelang ihm nicht sich ganz aufzurichten. Auf seinen Schultern, seinem gekrümmten Rücken, ja, selbst auf seinem Kopf hockten Tauben und pickten und schlugen mit ihren harten Schnäbeln auf ihn ein. Er machte einen ungeschickten Schritt, fiel erneut und begann, schreiend vor Schmerz und Angst, auf Händen und Knien weiterzukriechen.
    Auch Landon war gestürzt. Er hatte schützend die Arme vor das Gesicht geschlagen, versuchte sich blind wieder in die Höhe zu stemmen und schaffte es nicht, denn in diesem Moment stieß eine Taube im Sturzflug auf ihn herab und traf ihn mit der Wucht eines Faustschlages an der Schläfe. Der Aufprall brach dem Tier das Genick, sodass es leblos zu Boden sank, doch auch Landon stürzte benommen zur Seite. Seine Hände glitten herab und sein Gesicht war schutzlos den Angriffen der spitzen Schnäbel und Krallen ausgesetzt.
    Ohne auch nur einen Gedanken an die Gefahr zu verschwenden, in der ich mich selbst befand, stürzte ich vor, fiel neben ihm auf die Knie und verscheuchte das halbe Dutzend Tauben, das sich gerade daranmachte, seine Augen zu attackieren. Eines der Tiere biss mich in die Hand. Der Schmerz war schlimm; viel schlimmer, als ich geglaubt hatte. Ich schrie auf und versuchte die Taube abzuschütteln, doch ihre Krallen hatten sich tief in meine Haut gegraben und ließen einfach nicht los. Sie schlug wild mit den Flügeln, verkrallte sich immer fester in mein Fleisch und hackte wütend auf meine Hand ein. Schließlich riss ich den Arm zur Seite und dann blitzschnell nach unten, sodass das Tier auf dem Boden zerschmettert wurde.
    Es war nicht einmal eine Atempause. Mehr als ein Dutzend weiterer Tauben tauchte, winzigen grauen Dämonen gleich, aus den tobenden Regenschleiern auf, stürzte auf Landon und mich herab – und zog sich dann im letzten Moment wieder zurück!
    Vollkommen fassungslos blickte ich zu ihnen hoch. Die Tiere hatten nicht nur ihre sprichwörtliche Friedfertigkeit eingebüßt, sie benahmen sich auch nicht mehr wie Tauben: Wie ein Schwarm winziger grauer Raubvögel kreisten sie über uns in der Luft, wobei sie alle Kraft aufwenden mussten, um sich gegen den heulenden Sturm überhaupt halten zu können. Immer wieder stieß eines von ihnen in unsere Richtung herab, ohne mir jedoch wirklich nahe zu kommen. Aber die Warnung, die in diesem Herabstoßen lag, war deutlich.
    Immer mehr und mehr Tauben erschienen über uns in der Luft. Viele von ihnen waren verletzt, ich sah gebrochene Beine, blutige Krallen und zerborstene Schnäbel, geknickte Flügel, die eigentlich gar nicht mehr fähig sein durften zu fliegen, es aber doch taten, und der Anblick ließ mich innerlich aufstöhnen. Ich hatte längst begriffen, dass sich diese Tiere nicht aus eigenem Antrieb so vollkommen gegen ihre Art verhielten, sondern einem anderen, stärkeren Geist gehorchten; dem gleichen fremden Bewusstsein, das ich in der Nacht unter den Gedanken der Taube gespürt hatte. Aber erst jetzt wurde mir die Perversion dieses Angriffes wirklich klar – es waren ja nicht einfach irgendwelche Tiere, die uns attackierten, sondern Tauben; ausgerechnet jene sanftmütigen, schönen Vögel, die für die Menschen seit eh und je das Sinnbild des Friedens gewesen waren. Ich glaubte nicht, dass es sich dabei um einen Zufall handelte. Nichts von allem, was meine Gegner taten, war jemals Zufall gewesen.
    Die Zahl der Tauben wuchs mehr und mehr, als sich Hank, Steve und die beiden anderen Männer zu uns gesellten. Nicht unbedingt freiwillig, wie ich voller Schrecken erkannte – die Tauben trieben sie regelrecht vor sich her, wie ein Rudel Wölfe, das seine Opfer an einem bestimmten Punkt zusammentreibt, um sie alle gemeinsam schlagen zu können. Am Schluss befanden wir uns im Auge eines brodelnden grauen Taifuns, der aus Hunderten, wenn nicht Tausenden winziger gefiederter Körper

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