Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London
Fassung verlor. Er sprang auf und beschimpfte den völlig ahnungslosen MacIntosh wild, sein Spiel wäre durchschaut und er bräuchte sich gar nicht erst länger zu verstellen; und allerlei anderer hahnebücherne Unsinn, der sowohl MacIntosh als auch mich vollkommen fassungslos dastehen und Howard mit offenem Mund anstarren ließ. Ich konnte ihn gerade noch davon abhalten, sich auf den geschockten Hotelmanager zu stürzen, doch Howard dachte gar nicht daran, sich zu beruhigen. Ganz im Gegenteil: Um seine Anschuldigungen zu untermauern, riss er die Tür des Schrankes auf, in dem sich einst das Tor befunden hatte.
Und damit nahm die Katastrophe ihren Lauf.
Obwohl ich direkt neben Howard stand, gelang es mir nicht, ihn zurückzuhalten. Trotz seines geschwächten Zustandes bewegte er sich so schnell, dass er meiner zupackenden Hand auswich und ich an seinem Arm vorbei ins Leere griff. Im nächsten Moment hatte er die Schranktür bereits aufgerissen.
Ich war überzeugt, dass sich dahinter nichts als das ganz normale Innere des Wandschrankes befinden würde, denn der Zufall, dass sich ausgerechnet jetzt zum ersten Mal nach mehr als zwei Wochen wieder das Tor dort befinden würde, wäre einfach …
Das Tor war da.
Es war kein richtiges Tor, wie ich das uralte Transportsystem der GROSSEN ALTEN kannte, aber etwas, das jedenfalls auf gar keinen Fall in einen Wandschrank des Hilton gehörte.
In jeden anderen Wandschrank übrigens auch nicht.
Mir bot sich das gleiche bizarre Bild wie schon einmal: eine schmale, sich in steilen Kehren in die Tiefe schraubende Steintreppe mit ausgetretenen Stufen.
Der Einzige, den der Anblick nicht zu überraschen schien, war Howard. MacIntosh stieß ein gequältes, ungläubiges Keuchen aus und als ich ihm einen kurzen Blick zuwarf, sah ich, dass ihm die Augen fast aus den Höhlen quollen. Entweder war er der begnadetste Schauspieler, dem ich je begegnet war, oder Howard hatte sich ganz gewaltig getäuscht und der Hotelmanager wusste tatsächlich nichts über die Thul Saduun oder sonstige dämonischen Geschöpfe und ihre Magie.
Ich kam jedoch nicht dazu, diesen Gedanken weiter zu verfolgen. Etwas wie ein goldener Blitz kam die Treppe herauf und aus dem Schrank geschossen und stürzte sich auf Howard.
Der Anblick Merlins überraschte und erschreckte mich beinahe noch mehr, als zuvor der der Treppe. Es handelte sich eindeutig um Merlin, denn jede Einzelheit in der Maserung seines Fells stimmte, doch ich konnte mir beim besten Willen keinen Reim darauf machen, wie der Kater nicht nur aus der Abstellkammer entkommen sein konnte, in der er bei unserem Aufbruch aus dem WESTMINSTER noch eingesperrt gewesen war, sondern auch noch in meinen Schrank gelangt war – aber ich verschob die Lösung auch dieses Rätsels auf später.
Wie schon zuvor reagierte Howard erneut trotz seiner Schwäche mit erstaunlicher Schnelligkeit. Als Merlin aus dem Schrank hervorgeschossen kam und sich auch diesmal zielsicher auf ihn stürzte, versetzte er dem Kater einen kräftigen Tritt, der das Tier zurückschleuderte, dass es mit einem erschrocken klingenden Laut durch die Luft flog. Gleich darauf jedoch stolperte Howard, taumelte zur Seite und prallte gegen mich. Auch ich wurde aus dem Gleichgewicht gerissen. Instinktiv streckte ich die Hände aus, um mich am Rand des Schrankes festzuhalten, war jedoch zu langsam. Ich griff ins Leere, ruderte noch einen Moment lang wild mit den Armen und stürzte dann mit einem erstickten Schrei kopfüber die steinerne Treppe im Inneren des Schrankes hinab.
Rowlf hasste es, Robert oder Howard anzulügen, und erst recht alle beide auf einmal, und er konnte sich nicht erinnern, wann dies schon einmal passiert war – aber in diesem Fall hatte er nicht einmal ein schlechtes Gewissen.
Außerdem war es nicht einmal eine Lüge im eigentlichen Sinne gewesen. Er hatte ihnen lediglich etwas verschwiegen. Steve, ein Mitglied seiner Bande, hatte ihm wesentlich genauere Informationen darüber geliefert, was die beiden Vermissten vorgehabt hatten, als er Robert und Howard erzählt hatte. Es stimmte, Kelly und Norris hatten ein Schiff in einer Werft plündern wollen, aber er kannte auch den Namen der Werft und den des Schiffes. Hätte er Robert und Howard jedoch berichtet, dass die beiden bei einem Beutezug ausgerechnet auf der THUNDERCHILD verschwunden waren, hätten sie mit Sicherheit ihre Planung geändert und ihn nicht allein gehen lassen. Entweder hätten sie ihn zur THUNDERCHILD
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