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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Panik erfüllte Abgründe. »Der … dieser Mann. Wer …?«
    »Ich weiß es nicht«, stöhnte Blossom. Er versuchte aufzustehen, aber es gelang ihm erst beim dritten Anlauf. »Raus hier«, murmelte er. »Schnell!«
    Hinter seiner Stirn überschlugen sich die Gedanken. Alles begann sich zu verwirren. Er war nicht mehr sicher, was er wirklich gesehen und was ihm lediglich seine Furcht vorgegaukelt hatte. Da war ein Kind gewesen – und dieser Mann, ein sonderbarer, schlanker Fremder mit einem asketisch wirkenden Gesicht und einer weißen Strähne im Haar, und er hatte … irgendetwas getan, das ihn und wohl auch die anderen gerettet hatte, aber es war ihm unmöglich, sich daran zu erinnern oder auch nur wirklich darüber nachzudenken. Alles verwirrte sich, wurde unscharf, sobald er es versuchte. Als wäre da noch etwas in seinem Kopf, etwas, das nicht dorthin gehörte, aber auch nie wieder verschwinden würde, und das verhinderte, dass er sich wirklich erinnerte.
    Er wollte es auch nicht. Er wollte nur noch raus hier. Nichts anderes mehr.
    Sie hatten Glück im Unglück. Einer der Scheinwerfer brannte noch und trotz ihrer kopflosen Flucht waren sie nicht vom richtigen Weg abgekommen, denn bereits an der nächsten Abzweigung stießen sie auf einen der Pfeile, die Hasseltime so gewissenhaft angebracht hatte.
    Immer wieder glaubte Blossom während des Rückweges aus den Augenwinkeln huschende, schleichende Bewegungen wahrzunehmen, die aber stets verschwanden, sobald er genauer hinsah. Die Dunkelheit außerhalb des eng begrenzten Lichtscheins ihrer Lampe schien zu brodeln, nicht einfach nur Dunkelheit, sondern eine Wand aus Schwärze und Materie gewordener Finsternis zu sein, die im gleichen Tempo vor ihnen zurückwich, wie sie sich ihr näherten, sich aber hinter ihnen sofort wieder schloss.
    Doch es gab keine weiteren Zwischenfälle mehr. Unbehelligt erreichten sie den Schacht, durch den sie herabgestiegen waren. Weit, unendlich weit über ihnen war ein verwaschener Fleck von grauem Tageslicht zu sehen; der herrlichste Anblick, den Blossom je in seinem Leben genossen hatte.
    »Ihr zuerst!«, befahl er, obwohl alles in ihm danach schrie, selbst so schnell wie möglich in die Höhe zu klettern. Aber er war immer noch Kapitän der britischen Kriegsmarine und bereits der bloße Anblick des Flecken Tageslichts weit über ihnen half ihm, einen Teil seiner Selbstbeherrschung zurückzugewinnen. Einen kleinen Teil.
    Mit sichtbarer Erleichterung griffen die beiden Matrosen nach den eisernen Stufen und begannen nach oben zu steigen. Blossom folgte ihnen so dicht, dass der über ihm kletternde Mann ihm mehrmals auf die Finger trat, doch er spürte den Schmerz nicht einmal.
    Immer wieder sah er in die Tiefe, doch unter ihm rührte sich nichts mehr. Das schwarze Ungeheuer, in dessen Eingeweide sie vorgestoßen waren, hatte seine Opfer bekommen und schien wenigstens für den Moment zufrieden. Dennoch atmete Blossom erst auf, als er sich schließlich als Letzter über den Rand des Schachtes zog.
    Die beiden Matrosen waren einige Schritte zur Seite getaumelt und auf die Knie gefallen. Jenkins, der auf Hasseltimes Befehl hin zurückgeblieben war, starrte abwechselnd sie und seinen Kapitän völlig fassungslos an.
    »Was ist passiert?«, fragte er verwirrt. »Wo …« Er trat an den Rand des Schachtes, beugte sich vor und blickte einige Sekunden lang hinab, ehe er sich wieder zu Blossom umwandte und seinen Satz zu Ende führte: »… sind die anderen?«
    »Tot«, keuchte Blossom. Selbst das Sprechen fiel ihm schwer. Er schmeckte Blut in seinem Mund und sein Gesicht und seine Hände begannen plötzlich wieder zu brennen, als die kalte Seeluft seine verbrannte Haut traf.
    »Tot?!«, entfuhr es Jenkins.
    »Ein Felsrutsch«, murmelte Blossom. Aus den Augenwinkeln sah er, wie einer der beiden überlebenden Soldaten aufblickte und ihn anstarrte, fuhr aber trotzdem und mit etwas festerer Stimme fort: »Wir sind in eine Höhle eingedrungen. Sie ist eingebrochen. Sie … sind alle unter den Felsmassen begraben worden.«
    »Aber das … das kann doch gar nicht sein«, stammelte Jenkins. »Ich meine … ich … ich habe nichts gehört. Man hätte doch -«
    »Wir waren sehr tief unten«, sagte Blossom. Er atmete drei, vier Mal hintereinander gezwungen tief und gezwungen ruhig ein und aus, dann erhob er sich mit großer Anstrengung auf die Füße und sah Jenkins noch einmal und sehr fest an. »Es ist ein reines Wunder, dass wir davongekommen sind«,

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