Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Titel: Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Nelle
Vom Netzwerk:
komme ich offenbar nicht herum. Ohne sie je gesehen zu haben!
    »So eine Hakennase kann mit Sicherheit von einer guten Figur ablenken«, sage ich verlegen.
    »Gesine hat keine gute Figur! Sie ist einfach nur dürre «, entgegnet mir Nadine, als ob ich dabei wäre, in vollkommen absurder Weise allgemein bekannte Tatsachen zu verdrehen.
    »Sicher. Natürlich.«
    O Gott! Was rede ich da nur?
    Es ist mir wirklich zu albern, über eine unbekannte Person zu lästern, nur um zu beweisen, dass ich ganz anders bin als sie. Ich werde einfach ein anderes Thema anschneiden. Auch wenn es ein wenig unhöflich sein mag.
    Nur welches?
    »Möchtest du ein Foto sehen?«, fragt Nadine und springt auf.
    »Ein Foto?«, frage ich leicht benommen.
    »Ja. Wegen der Nase«, erklärt sie mir hoch motiviert und malt noch mal mit dem Schälmesser den Haken in die Luft, damit ich auch mit Sicherheit verstehe, worum es geht. »Ist zwar kein Profilbild. Aber trotzdem prima zu erkennen.«
    Natürlich interessiert es mich, wie Niklas’ Ex aussieht.
    Sehr sogar.
    Aber doch nicht so sehr, dass ich mich weiter in dieses merkwürdige Gespräch verwickeln lasse, nur um einen Blick auf ein Foto von ihr werfen zu können.
    »Eigentlich«, kann ich gerade noch sagen, doch da hat Nadine das angekündigte Bildmaterial bereits aus einer Schublade des altmodischen braunen Küchenschrankes gezogen und es mir unter meine zum Glück vollkommen gerade Nase gehalten.
    Ich schlucke einigermaßen geschockt. Liegt das Bild von Gesine etwa griffbereit, um sich immer mal wieder über ihr Riechorgan auszulassen?
    Trotz meines Widerwillens wird mein Blick unwiderstehlich von dem Foto angezogen. Ich spüre, wie Nadine und Niklas’ Mutter danach lechzen, gleich was richtig Fieses von mir über Gesines Äußeres zu hören. Am besten unter besonderer Berücksichtigung der Hakennase.
    Das abgegriffene Farbfoto ist etwas verwackelt, denn Gesine hat sich offensichtlich bewegt, als der Auslöser gedrückt wurde. Sie lacht und hält für einen niedlichen Hund ein Stöckchen in die Luft. Herbstlaub umwirbelt die beiden.
    Gesine sieht nicht nur hübsch aus. Und tierlieb.
    Sondern auch liebenswürdig.
    Und irgendwie vertraut. Vielleicht habe ich sie ja schon mal beim Finanzamt gesehen.
    Von einer Hakennase kann ich rein gar nichts erkennen.
    Was soll ich bloß sagen? Verdammt. Ich mag nicht zu ihnen aufschauen und schinde Zeit, indem ich das Foto eingehend studiere. Voller Selbstverachtung suche ich nach irgendetwas Negativem.
    Ohne Erfolg.
    Vielmehr überkommt mich aus heiterem Himmel Sympathie für Niklas’ Ex. Sie scheint so eine nette Person zu sein. Wahrscheinlich viel netter als Nadine und Isolde.
    »Na?«, meldet sich Nadine.
    Ich räuspere mich und schaue noch mal in das strahlende Gesicht der Frau auf dem Foto.
    Was hast du den Damen Nienaber bloß getan, Gesine?
    Was haben sie gegen dich?
    Ich kaue auf meiner Lippe.
    O nein. Jetzt tut mir diese Gesine auch noch leid! Irgendwie bin ich mir sicher, so was wie Nadine und Isolde hat sie nicht verdient.
    Und mit einmal ist mir klar, was ich sagen muss.
    Ich sehe erst Nadine und dann Isolde möglichst aufrichtig in ihre erstaunlich treuherzigen Augen. Dann schüttle ich lächelnd meinen Kopf.
    Beide warten gespannt.
    Gut so.
    »Nein, wirklich … diese Gesine hat Niklas nicht verdient«, überwinde ich mich zu behaupten. »Und jemanden wie euch hat sie auch nicht verdient.«
    Ein paar Augenblicke sehen mich beide mit regungslosen Mienen an.
    Vielleicht sind sie überrascht über mein brillantes Urteilsvermögen. Oder ich bin mit der Doppeldeutigkeit meiner Worte zu weit gegangen.
    Dann nickt Isolde ergriffen und seufzt tief.
    »Besser kann man es nicht sagen, Iris«, erklärt sie.
    Im Stillen atme ich auf.
    »Wie wahr!«, stößt Nadine hervor, schiebt das Foto in die Tasche ihres Küchenkittels und legt ihre Hand auf meinen Arm, um ihn kurz zu drücken. »Sie hat uns nicht verdient.«
    Anscheinend habe ich ins Schwarze getroffen. Vermutlich ist die Hakennase nun kein Thema mehr.
    »Eines möchte ich dir über uns verraten, liebe Iris: Wir Nienabers haben Herzensbildung «, weiht Isolde mich ein und nimmt das Kartoffelschälen wieder auf.
    Dieser Begriff ist mir ehrlich gesagt noch nicht untergekommen.
    Natürlich kann ich mir denken, was er bedeuten soll.
    »Gesine«, fährt Isolde fort, »… ach, sie hat so schrecklich wenig davon. Das arme Kind. Du kannst dir nicht vorstellen, was Niklas alles versucht hat, um sie auf den

Weitere Kostenlose Bücher