High Heels und Gummistiefel
einen Moment lang auf ihr ruhen, dann schaute sie weg und fragte forsch: »Habt ihr beiden jungen Leute euch gut verstanden, Izbl?«
Isabelle schluckte und brachte es fertig, halbwegs gefasst zu antworten, Tom sei ihr bei ihrer Arbeit eine große Hilfe gewesen.
»Na ja, vielleicht trefft ihr euch ja bald mal wieder. Das wäre doch schrecklich nett, nicht wahr?«
»Nein, das glaube ich nicht«, entgegnete Isabelle mit schwacher Stimme.
»Und warum nicht?«
»Nun ja, ich konnte die Manuskripte nicht finden, deshalb... Das war’s. Es ist vorbei.«
»Ha? Ich verstehe.«
Isabelle seufzte. Dieser Kuchen von Wendy war wirklich ziemlich ungenießbar, beschloss sie. Vielleicht konnte sie sich ja entschuldigen und nach Hause fahren. Mit zitternder Hand stellte sie ihren Teller hin.
»Natürlich habe ich mir nicht im Mindesten anmerken lassen, dass ich ihn erkannt habe«, fuhr Wendy fort und errötete ein wenig. »Schließlich war Paul nie sehr nett zu unserer lieben Meredith.«
»Na ja, er hat ihre Bücher für sie verkauft, und zwar mit einigem Erfolg«, gab Peter Holland zu bedenken.
»Es gibt mehr im Leben als Geld , mein teurer Peter!«, gab Wendy mit bebender Stimme zurück.
»Wissen Sie, Izbl«, hatte Maud zwischen zwei kleinen Schlucken Tee bemerkt, »Paul ist ein verschlagener alter Fuchs, und vielleicht weiß er ja irgendwas darüber, wo Merediths Manuskripte sind. Das würde ich ihm glatt zutrauen.«
»Ha! Dem würde ich alles zutrauen! Also, Izbl? Was meinen Sie?«
»Ich weiß nicht. Ich...«
Isabelle war ein wenig schwindlig gewesen; ihre Tränen waren vergessen. Der blendend helle Pfad, der zu den Manuskripten führte, einschließlich dem von The Splodge, hatte sich gerade vor ihren Augen von Neuem aufgetan. Sie sah es alles vor sich: Was immer auch seine Schwächen und Fehler gewesen sein mochten, inzwischen hatte Paul Celadon sich bestimmt in einen reizenden, weißhaarigen grand-père verwandelt, dem die Reliquien seiner Literaturklienten auf geradezu rührende Weise am Herzen lagen – die kostbaren Manuskripte. Er hatte ja keine Ahnung, dass eine eifrige junge Gelehrte namens Isabelle Papillon seine Neigung teilte! Endlich würde sich alles zusammenfügen. Höchst beklommen hatte Isabelle zugeschaut, wie Lucy die Telefonnummer des Agenten aus einem uralten Rolodex heraussuchte, und dann mit im Schoß gefalteten Händen dem Gespräch gelauscht, das darauf folgte.
Es war sogleich offenkundig, dass das Ganze keine gute Wendung nahm: Kaum hatte sie Paul davon in Kenntnis gesetzt, dass ein junges französisches Mädel mit ihm über Merediths Manuskripte sprechen wollte, musste Lucy auch schon mit einem Ruck vor dem Geräusch donnernder Flüche zurückfahren, das aus dem Hörer drang. Ein paar gekläffte Erwiderungen ihrerseits schlossen
sich daran an, jedoch vergeblich. Paul Celadon legte mitten in der letzten davon auf. Lucy, deren hochrotes Gesicht jetzt einen scharfen Kontrast zu den weißen Teekannen bildete, die ihren leuchtend grünen Pullover zierten, verfluchte und verdammte die Unverschämtheit dieses Kerls wortgewaltig. Maud bemerkte knapp, dass es vielleicht besser gewesen wäre, Isabelle anrufen zu lassen, da Paul und Lucy nie miteinander klargekommen seien. Bald stritten sich sämtliche Mitglieder der Society darüber, wie Paul wirklich war und wie man am besten mit ihm umging. Während dieses Aufruhrs hatte sich Isabelle diskret Paul Celadons Telefonnummer und Adresse abgeschrieben, sich in Lucys Arbeitszimmer eingeschlossen und versucht, ihn selbst anzurufen. Doch sie hatte kaum Zeit gehabt, zu sagen, wer sie sei, bevor Celadon, der mit dünner, japsender und entrüsteter Stimme sprach, das Gespräch jäh beendete und sie genau wie Lucy einem unmelodischen Summton lauschte.
»Aber was genau hat er denn gesagt, Darling?«, hatte Chrissie später an diesem Abend wissen wollen, ohne von den Seiten von Harper’s Bazar aufzublicken.
»Er hat gesagt, er wäre schon lange im Ruhestand, und überhaupt wüsste er nichts über die Manuskripte. Und dass er eine lange Reise machen würde und die nächsten Monate nicht in London wäre.«
»Viel zu viele Informationen«, bemerkte Ivy und nickte. »Da stimmt was nicht.«
Legend drehte den Deckel ihrer Bierflasche mit den Zähnen ab und tat dann mit einem Knurren ihre Zustimmung kund. Alle starrten sie einen Moment lang an.
» Ledge . Wie grauenvoll ungehobelt, Darling«, rügte Chrissie streng.
»Hi, hi, hi. Is’ mir egal.«
»Das ist
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