High Heels und Gummistiefel
ein bisschen zu alt für dich.«
»Vielleicht ist das ja metaphorisch gemeint«, überlegte Belladonna. »Die Geister sprechen oft in Rätseln. Können wir jetzt über mein Liebesleben reden?«
»Gleich, Bellaschatz«, versprach Chrissie. »Ich glaube, wir sollten erst dieser Geschichte hier auf den Grund gehen.«
»Mach weiter, Kazza«, drängte Ivy.
»Na schön. Äh... welche Königin meint ihr?«
Das Glas verharrte einen Augenblick lang regungslos, dann setzte
es sich munter in Bewegung und buchstabierte: »D-I-E-K-Ö-N-I-G-I-N-D-E-S-L-E-U-G-N-E-N-S.«
»Was soll denn das heißen?«
»Weiß nicht, wirklich nicht.«
»Also, eine Queen gibt’s hier im Zimmer«, bemerkte Legend und zeigte auf Chrissie.
»Wer, ich? Jetzt hör aber auf, Legend! Karloff, Darling, du weißt doch, ich finde dich umwerfend attraktiv, aber du bist wirklich nicht mein Typ. Nein, ich fürchte, das ist nicht die Lösung. Mal sehen... die Königin des Leugnens. Die Queen, versteht ihr? Des. Leug. Nens. Mmm... Das erinnert mich an irgendetwas, etwas, das genau vor unserer Nase ist... Also, was könnte das sein? Hat jemand irgendwelche Vorschläge?«
»Ich finde, wir sollten nach der Zukunft der Band fragen«, warf Jules streng ein und rückte ihren goldenen Kopfputz zurecht.
Nachdem sie derlei Anfragen so kurz und so ermutigend wie nur möglich abgehakt hatten, kamen die Geister wieder auf das zurück, worüber sie wirklich reden wollten: »D-I-E-K-Ö-N-I-G-I-N-M-E-I-N-E-G-Ü-T-E-N-O-C-H-M-A-L-W-A-C-H- A-U-F-W-A-S-I-S-T-L-O-S-M-I-T-D-I-R-I-S-T-D-O-C-H-S-O-N-N-E-N-K-L-A-R-D-E-N-K-N-A-C-H-D-U-T-R-O-T- T-E-L-D-E-N-K-N-A-C-H.«
Alle sahen einander an.
»Mann, dieser Geist denkt echt nur an eins«, bemerkte Ivy.
»Ja, das wird ein bisschen langweilig«, sagte Belladonna und warf Tom Quince einen raschen Blick zu. »Wollen wir ein bisschen Musik auflegen? Ich hätte Lust zu tanzen.«
»Heute ist kein Vollmond, Bella. Nur nicht übertreiben«, entgegnete Jules trocken.
»Ja, lasst uns lieber was spielen«, schlug Legend vor. »Wie wär’s mit Iik?«
»Was ist denn das?«, wollte Isabelle wissen.
»Na ja«, erklärte Legend, »einer versteckt sich, und die anderen suchen alle nach ihm oder ihr und sagen dabei ›Iik‹.«
»Auf allen vieren«, warf Jules ein.
»Das stimmt. Wenn man denjenigen findet, der sich versteckt hat, hört man auf, ›Iik‹ zu sagen und versteckt sich mit ihm. Am Schluss haben sich dann alle zusammen versteckt, und der Letzte, der übrig bleibt, hat verloren.«
Isabelle und Chrissie tauschten ein Lächeln. Dieses Spiel hatte eindeutig den Vorteil, Jules und Karloff im doppelten Wortsinn einander näherkommen zu lassen.
»Machen wir überall das Licht aus«, meinte Belladonna und blies enthusiastisch die Kerzen aus.
Sie verließen die dunkle Küche, gingen nach oben und versammelten sich im Flur.
Clothaire, der Stimmen hörte, kam aus Chrissies Zimmer. »Was macht ihr denn?«
»Wir spielen ein albernes Spiel, Clo-Clo, Darling«, antwortete Chrissie und fing sich einen Giftblick von Clothaire ein. »Tut mir leid, dass wir dich gestört haben.«
»So eine Art cache-cache«, erklärte Isabelle.
Clothaire richtete sich zu seiner vollen Größe auf. »Okay, und ihr wolltet mich einfach ignorieren, als wäre ich gar nicht da? Vielen Dank, Isabelle. Weißt du, ich bin durchaus imstande mitzuspielen.«
»Natürlich kannst du mitspielen«, sagte Jules tonlos. »Kann mir nichts Lustigeres vorstellen.«
Während Isabelle kurz die Regeln erklärte, fragte Chrissie: »Also, wer versteckt sich? Vielleicht sollte es lieber jemand sein, der das Haus nicht so gut kennt. Zum Beispiel... ach, ich weiß nicht, Kar-«
»Ich verstecke mich«, sagte Tom Quince reichlich unerwartet.
»Super«, meinte Belladonna.
»Alle die Augen zumachen und bis hundert zählen«, befahl Jules und machte das Licht aus. »Dann fangt ihr an zu suchen, und vergesst nicht, ›Iik‹ zu sagen. Reden ist verboten.«
Während sich ein gedämpfter »Iik, iik«-Chor erhob, von ein paar schrillen Kicherlauten gestört, tastete sich Isabelle vorsichtig zur Treppe und gab sich alle Mühe, nicht mit den anderen Mitspielern zusammenzustoßen, die wie eine Welpenmeute auseinanderwuselten. Sie versuchte, ihre Dior-Strümpfe zu schonen, indem sie auf Händen und Füßen kroch anstatt auf allen vieren. So erreichte sie den ersten Treppenabsatz und setzte sich hin, den Rücken an die Wand gelehnt. Gegenüber von der Treppe war Jules’ Schlafzimmer.
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