Himmels-Taler
rief Dolph.
»Na ja, sie ist ja auch in Mundania«, meinte Mark.
Da bemerkte das Mädchen das Skelett. Sie kreischte laut auf und krabbelte aus dem Sarg. »Hifmq! Ju’t b monster!« rief sie, als sie sich hinter dem Sargdeckel versteckte.
»Das ist kein Monster!« rief Dolph. »Das ist Mark!«
Sie spähte zu ihm hinüber. »Jetzt verstehe ich dich. Du hast mich wachgeküßt. Wer bist du?«
»Ich bin Prinz Dolph. Und wer bist du? Hast du den Himmelstaler?«
»Ich bin Electra. Ich liebe dich. Wirst du mich heiraten?«
Dolph klappte der Mund auf. »Wie bitte?«
»Ich bin dazu verdammt, den Prinzen zu lieben, der mich aufweckt, oder zu Grunde zu gehen, falls er mich nicht heiratet. Wirst du es also tun?«
»Aber ich bin doch bereits verlobt!« Er hatte ja gewußt, daß es Komplikationen geben würde.
Ihre Miene verdüsterte sich plötzlich. »Oh, ich hätte es wissen sollen! Es ist der Fluch! Ich werde sterben!«
Dolph war ratlos. »Wenn ich dich nicht heirate, stirbst du?«
»Ich werde verbluten! Ich habe tausend Jahre lang geschlafen und sehr viel Lebenskraft verloren, und die einzige Möglichkeit für mich, zu überleben, besteht darin, den Prinzen zu heiraten, der mich wachgeküßt hat. Aber der Fluch…«
»Hast du den Himmelstaler?« fragte Mark.
»Nun, ja, aber der nützt jetzt nichts mehr, weil er aufgebraucht ist. Ich muß einen neuen anfertigen. Das wird ungefähr drei Jahre dauern.«
»Aber wie willst du einen anfertigen, wenn du doch stirbst?« wollte Dolph wissen.
»Na, das kann ich natürlich nicht. Ach, wenn doch nur dieser Fluch nicht…«
»Dann werde ich dich heiraten«, sagte Dolph. »Äh, in ein paar Jahren, wenn ich alt genug bin. Wenn du den Himmelstaler herstellst.«
»Das wirst du? Oh, wunderbar!« Electra ging auf ihn zu, warf die Arme um ihn und küßte ihn. »Natürlich mache ich dir den Himmelstaler!« Dann wich sie zurück. »Aber hast du nicht gesagt, daß du schon verlobt wärst?«
»Na ja, schon. Aber…«
Plötzlich überschattete eine Gestalt den Eingang des Grabmals. »So!« dröhnte sie. »Die Verbannte ist zurückgekehrt! Nun bezahle auch die Strafe!«
Grazi schrie entsetzt auf. »Der Nachthengst!« rief Mark. »Er hat Grazis Note vernommen!«
Die riesige Gestalt des Hengstes blockierte den Ausgang. »Ihr anderen dürft gehen. Aber dieses weibliche Skelett muß hierbleiben und ihr Urteil erwarten. Mit Sicherheit werdet ihr sie nie wiedersehen.«
»Das können wir nicht«, protestierte Dolph. »Sie hat meine Mission überhaupt erst ermöglicht! Sie hat die Kammer geöffnet!«
»Nein, geht! Geht!« rief Grazi. »Ich bin verloren, aber ihr seid es nicht. Geht, bevor ihr den Hengst noch mehr erzürnt!«
»Ich werde dein Schicksal mit dir teilen«, sagte Mark und trat auf sie zu.
»Nein! Er wird dich vernichten! Niemand von uns im Kürbis kann sich gegen ihn stellen! Mach die Sache nicht noch schlimmer, als sie schon ist!«
Mark zögerte, offensichtlich hin- und hergerissen zwischen Loyalität und Logik. Er war kein Feigling, wie sein Kampf mit den Kobolden bewiesen hatte, aber ein Narr war er auch nicht. Er wußte, daß er ihr nicht helfen konnte und daß er andere Verpflichtungen hatte.
Der Hengst senkte den glühenden Blick, um Grazi damit zu fixieren. Die Fleischillusion verdampfte und ließ nur noch ihre nackten Knochen zurück. Vor dieser Kreatur, dem Meister der Träume, gab es keine Geheimnisse! »Und nun, Nonkonformistin, werden wir dein Durchhaltevermögen gründlich prüfen.«
»Nein!« rief Dolph und blickte dem gefürchteten Hengst ins Auge. »Ich gehöre nicht zu deinem Reich, ich bin ein Prinz und ich verbiete dergleichen! Grazi ist eine gute Person! Sie sollte belohnt und nicht bestraft werden!«
Der Hengst musterte Dolph. »Prinz, ich kenne deine Erblinie, aber hier herrscht mein Gesetz. Wenn du dich für diese Kreatur verwendest, wirst du gerichtet werden wie sie.«
»Dann richte mich!« rief Dolph. »Laß die anderen gehen! Ich werde ihr helfen, wie sie mir geholfen hat!«
»Nein, nicht, Dolph!« protestierte Grazi. »Du kennst die Macht dieses Wesens nicht! Ich hätte niemals hierher kommen dürfen!«
»Du bist gekommen, um mir zu helfen, und nun werde ich dir helfen«, sagte Dolph entschieden und gab keinen Zoll nach, obwohl die Furcht ihm die Kehle zuschnürte. Er war ein Prinz, und er kannte sowohl die Schwächen als auch die Privilegien seines Amtes. Diese Queste hatte ihm von beiden mehr offenbart, als er erwartet hatte, doch er
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