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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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tatsächlich liebte? Wenn sie sich recht erinnerte, hatte er sie auch in seinen Bettelbriefen erwähnt.
    Statt sich den Kopf über eine Frage zu zerbrechen, die nur das Leben beantworten konnte, wandte Debbie sich wieder den Bildern zu.
    »Miss Jacobs! Was für eine Freude, Sie wiederzusehen!«
    Debbie drehte sich um. Vor ihr stand Harry Winter, ausgehfein in einem frisch gebügelten Anzug, der angesichts des kalten Wetters allerdings denkbar ungeeignet schien. Seit ihrer letzten Begegnung war er so sehr abgemagert, dass Jacke und Hose ihm lose um den Leib hingen. Trotzdem sah er einfach umwerfend aus. Der hagere, aufrechte Körper, das römische Gesicht, das schlohweiße Haar, das seinen aristokratischen Schädel umwölkt e – Julius Cäsar im zwanzigsten Jahrhundert! Nur mit Mühe bewahrte Debbie die Haltung, die sie sich schuldig war.
    »Ich hatte nach Harry Winter verlangt«, erklärte sie, so kühl sie konnte, »nicht nach seinem Butler!«
    Ein Zucken ging durch sein Gesicht. Doch es dauerte nur eine Sekunde. Dann hatte er sich schon wieder gefasst.
    »Herr Winter ist untröstlich«, sagte er mit einer Verbeugung. »Wenn er gewusst hätte, dass Sie ihm die Ehre Ihres Besuchs erweise n … Aber ausgerechnet heute ist er verhindert. Ein wichtiger, ein unaufschiebbarer Termin.« Zum Beweis hob er ein Dokument in die Höhe. »Eine Vorladung auf das amerikanische Konsulat.«
    »Das ist nicht Ihr Ernst!«, platzte es aus Debbie heraus.
    »Leider doch. Wenn Herr Winter nur selbst da wäre, um Ihnen die Gründe auseinanderzusetzen. Aber warten Si e – er hat mir etwas für Sie gegeben.«
    Während er sprach, machte er sich an einem Lüster zu schaffen, der über und über mit glitzernden Kristallfäden behangen war. Als er sich zu ihr umdrehte, hockte in seiner Hand ein gläserner Vogel.
    »Was ist das?«, fragte sie überrascht.
    »Eine Brosche. Bitte seh r – für Sie.«
    Bevor sie reagieren konnte, drückte er ihr die Kristallfäden, die er in Sekundenschnelle zu einem Schmuckstück verknotet hatte, in die Hand. Obwohl sie sich redlich anstrengte, böse zu sein, war sie hellauf begeistert.
    »Herr Winter wäre glücklich, wenn Sie diese Petitesse als Zeichen seiner Zerknirschung annehmen würden«, sagte er. »Nennen Sie einfach einen Termin Ihrer Wahl, und er wird Ihr Diener sein.« Noch bevor sie etwas erwidern konnte, fügte er hinzu: »Wie wär’s mit heute Abend?«
    Aufmerksam musterte Debbie sein Gesicht. Sein berühmtes Charmelächeln gab ihr recht: Auch wenn er diese kleine Engländerin liebt e – vollkommen immun schien er nicht zu sein. Um sich Gewissheit zu verschaffen, beschloss sie, seinen Vorschlag erst einmal abzulehnen.
    »Nein, tut mir leid«, sagte sie, »heute habe ich schon etwas vor. Ein Abendessen mit meinem Reeder. Wir müssen den Transport meiner Sammlung besprechen.«
    Er zog eine Miene, als hätte sein Steuerberater ihm gerade den Bankrott erklärt. »Oh, ich seh e – Sie können nicht verzeihen.« Er machte einen Schritt auf sie zu, und mit leiser Stimme raunte er: »Ich will Sie keineswegs bedrängen, verehrte gnädige Frau, aber wenn Sie keine Gnade mit Herrn Winter habe n – haben Sie Gnade mit mir! Sie haben ja keine Ahnung, was er mir antut, wenn er von Ihrer Zurückweisung erfährt.« Er beugte sich an ihr Ohr, so nah, dass sie seine Lippen an ihrem Gesicht zu spüren glaubte. »Ganz im Vertrauen, er behandelt mich wie seinen Leibeigenen.«
    »Daran zweifle ich nicht«, erwiderte sie, während ein leichtes, angenehmes Kribbeln, das es nirgendwo für Geld zu kaufen gab, sich in ihrem Nacken ausbreitete. »Er scheint Sie ja nicht mal ordentlich zu füttern.«
    »Ach, wäre es nur das Essen. Wenn ich ihm keine gute Nachricht von Ihnen bringe, muss ich der Prügelstrafe gewärtig sein. Die Ablehnung schöner Frauen macht ihn rasend.«
    »Weiß er denn schöne Frauen zu schätzen?« Das Kribbeln wanderte von ihrem Nacken bis hinunter zum Po.
    Statt einer Antwort schaute er ihr nur einmal tief in die Augen. Debbie registrierte es mit Freuden. Jetzt wusste sie, was sie wissen wollte.
    »Also gut«, sagte sie, »heute Abend, zwanzig Uhr.«
    Ein Strahlen ging über sein Gesicht. »Hier in der Villa?«
    »Ja. Aber diesmal bestehe ich auf Pünktlichkeit.«
    Er nahm ihre Hand und führte sie an die Lippen. »Sie haben mein Leben gerettet!«
    Debbie konnte sich nicht erinnern, wann es zum letzten Mal so schön gekribbelt hatte. Es musste zu ihrer Collegezeit gewesen sein.
    »Ich hoffe, Sie

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