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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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schaute, hatte er sich unter dem Vorwand, ein paar Anzüge anprobieren zu wollen, von ihr absentiert, um ein Kleid für Laureen zu suchen. Laureen war sein Rettungsanker, der Strohhalm, an den er sich klammerte, seit er sie in der Columbia University zum ersten Mal gesehen hatte, in einer Vorlesung, zu der er selber als Gast eingeladen gewesen war. Sie war Laura wie aus dem Gesicht geschnitten, eine transatlantische Zwillingsschwester, die ihm der Himmel geschickt hatte, damit er nicht an seiner Verzweiflung zugrunde ging.
    »Nicht hinunte r – hinauf!«, rief die Verkäuferin ihm nach, als er die falsche Rolltreppe nahm.
    »Ja natürlich, danke.«
    Er hatte ganz genaue Vorstellungen, wie das Kleid aussehen sollte. Laura hatte es in Sainte-Odile oft für ihn getragen: ein weißes Sommerkleid aus Leinen, das vorne durchgehend geknöpft war und bei jedem Schritt ihre Beine hatte aufblitzen lassen. Seit er das erste Mal mit Laureen geschlafen hatte, war er wie besessen von dem Gedanken, ein solches Kleid zu finden. Wenn Laureen es für ihn tragen würde, konnte er vielleicht wieder malen. Nachdem Pompon ihm erzählt hatte, dass Laura fest entschlossen sei, mit ihrem Stierkämpfer nach Mexiko auszuwandern, ohne nach New York zu kommen, hatte Harry sein Atelier kein einziges Mal mehr betreten.
    Vorsichtig um sich spähend, ob Debbie hinter ihm herspionierte, schwebte er die Rolltreppe empor und wandte sich dann nach links. Doch er hatte noch nicht die Damenabteilung erreicht, da rief jemand seinen Namen.
    »Harry?«
    Verwundert schaute er sich um. Noch nie war er durch Zufall jemandem in New York begegnet. Doch als er die Frau sah, die ihn gerufen hatte, glaubte er für einen Augenblick an eine Fata Morgana.
    »Laura?«
    Sein Glück war so groß, dass ihm buchstäblich der Kinnladen runterfiel und er wie angewurzelt stehen blieb. Ein paar Leute schüttelten den Kopf über ihn, wie über einen Idioten. Doch das war ihm egal.
    Laura war zu ihm zurückgekommen! Weil sie ohne ihn nicht leben konnte! So wenig wie er ohne sie!
    »Wo kommst du denn her? Bist du vom Himmel gefallen?«
    Endlich löste er sich aus seiner Erstarrung. Er stürzte auf sie zu, um sie zu umarmen, doch als er ihr Gesicht sah, zuckte er zurück. Sie schaute ihn an wie irgendeinen beliebigen Bekannten, ohne eine Spur von Freude oder Erregung oder Leidenschaft oder sonst einem erkennbaren Gefüh l – nur mit einer entsetzlich distanzierten Freundlichkeit in den schwarzen Augen, die ihn mehr verletzte, als wenn sie ihm ein Messer zwischen die Rippen gerammt hätte. Um irgendetwas zu tun, nahm er ihre Hand. Doch die Art, wie sie ihm den Arm hinstreckte, war eher geeignet, ihn auf Abstand zu halten, als eine Verbindung zwischen ihnen herzustellen.
    »Seit wann bist du in New York?«, fragte er.
    »Seit zwei Wochen.«
    »So lange? Ich dachte, du wärst in Mexiko. Warum hast du dich nicht gemeldet?«
    Noch während er sprach, tauchte Roberto hinter ihrem Rücken auf. Harry ließ ihre Hand los.
    »Was ist der Mensch, dass er Pläne macht?«, erwiderte der Stierkämpfer an Lauras Stelle mit breitem Lächeln. »Laura wollte unbedingt die Maya-Tempel sehen, und wir hatten auch schon einen Flug in meine Heimat gebucht. Aber der Konsul hat mir die Pistole auf die Brust gesetzt. Entweder New York, oder er würde mich zurück nach Europa schicken.«
    Harry schaute Laura an. »Es ist also wahr. Du wolltest wirklich nach Mexik o …«
    »Ja«, erwiderte sie mit fester Stimme. »Wundert dich das?«
    »Und dass du hier bist, habe ich nur dem Konsu l …«
    Er verstummte mitten im Satz. Trotz aller Gerüchte hatte er die Hoffnung nicht aufgegeben und sich in der kalten Pracht seines neuen Lebens das Wiedersehen mit seiner Windsbraut sehnlicher herbeigewünscht als ein Hindu seine Wiedergeburt. Doch jetzt, da er es erlebte, war es Traum und Albtraum zugleich. Ohne den Blick von ihm zu lassen, hakte Laura sich bei Roberto unter. Obwohl sich alles in Harry dagegen sträubte, musste er sich eingestehen, dass die beiden ein hinreißendes Paar abgaben. Wie zwei Filmstars aus Hollywoo d – die Schöne und ihr Stierkämpfer. Er war so verwirrt, dass er keinen Ton hervorbrachte. Noch nie hatte er eine solche Mischung von Euphorie und Verzweiflung erlebt wie in diesem Augenblick.
    »Sie haben sich sicher schon Sorgen gemacht«, sagte Roberto. »Ich mein e – um Ihre Bilder. Aber keine Angst, amigo , die Kisten sind in Sicherheit und stehen zur Abholung bereit. Eigentlich wollte

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