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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Vergnügen, Miss Jacobs«, sagte Roberto mit einer Verbeugung und steckte die Karte ein. »Wenn ich mir erlauben darf, schon jetzt eine Einladung auszusprechen: Sobald die praktischen Dinge geregelt sind, müssen Sie beide uns unbedingt besuchen.«
    »Ja, unbedingt. Eine zauberhafte Idee.« Bevor Harry etwas einwenden konnte, hakte Debbie sich bei ihm unter und strahlte ihn mit ihren weißen amerikanischen Zähnen an, die aussahen wie der Kühlergrill ihres Cadillacs. »Meinst du nicht auch, cheri ?«
    9
    Debbie hatte nicht geahnt, wie einsam und verloren eine Frau sich in einem französischen Bett fühlen konnte, wenn sie allein darin lag. Sie beugte sich zu ihrem Nachtkasten und sah auf die Uhr. Die Leuchtziffern des Weckers zeigten auf Viertel vor sechs. Um Mitternacht hatte Harry sich davongeschlichen, und er war immer noch nicht da. Seit Monaten ging das schon so, Nacht für Nacht. Kaum schlug es zwölf Uhr, verließ er das Haus und machte sich auf »Schatzsuche«, wie er seine nächtlichen Streifzüge, die oft erst im Morgengrauen endeten, selber nannte. Hatte er anfangs noch gewartet, bis sie eingeschlafen war, gab er sich inzwischen kaum noch Mühe, seine Treulosigkeit vor ihr zu verbergen.
    Warum nur liebte sie diesen Mann, der sie so wenig liebte?
    Debbie schlug die Bettdecke zurück und stand auf. Draußen vor dem Fenster trieben dichte Schneeflocken im Mondschein. Fröstelnd zog sie sich ihren Morgenmantel über, ein Modell aus rosa gesteppter Seide und Brokat. Ohne Licht zu machen, damit sie ihr Gesicht nicht im Schlafzimmerspiegel sehen musste, schlüpfte sie in ihre goldbestickten Pantoffeln und ging hinüber in ihr Büro. Wenn sie schon wach war, wollte sie wenigstens arbeiten. Wenn sie arbeitete, fühlte sie sich nicht ganz so wertlos.
    Bevor sie sich an den Schreibtisch setzte, zögerte sie. Sollte sie sich vielleicht etwas Richtiges anziehen? Manchmal brachte Harry ja jemand mit nach Haus e – in der Regel war der Besuch jung, attraktiv und weiblich. Debbie wusste stets auf einen Blick, ob Harry verliebt war oder nur so tat. Wenn er verliebt war, quollen seine Augen hervor wie bei Harpo Marx. Wenn er nur so tat, wirkten sie so stumpf und tot wie bei einem alten Zirkusclown. Die einzige Angst, die sie noch hatte, war, dass er eines Tages mit Laura heimkehren würde. Laura war die einzige Frau, die Harry je wirklich geliebt hatte, und obwohl sie jetzt seit fast einem halben Jahr in New York war, ohne dass Harry sie hatte zurückerobern können, wurde Debbie die Angst nicht los, dass sie eines Tages seinem Werben erlag.
    Sie knipste die Leselampe an und setzte sich an den Schreibtisch. Nein, sie brauchte sich nicht anzuziehen, der Morgenmantel war Kleidung genug für die Flittchen, die Harry mit nach Hause brachte. Während sie von dem kalten Tee nippte, der vom Vorabend noch auf einem Beistelltischchen stand, ordnete sie ihre Unterlagen. Die Umbauten ihres Museums kamen zügig voran, ihr Architekt war ein Genie. Wenn die Wirklichkeit hielt, was seine Pläne versprachen, würden die Bilder in ihrer Galerie nicht einfach nur gezeigt, sondern regelrecht inszenier t – so etwas hatte es noch nie zuvor gegeben, in keinem Museum der Welt! Die Kosten allerdings waren gewaltig und überstiegen schon jetzt das Budget, das sie ursprünglich angesetzt hatte. Doch Geld, so hatte sie beschlossen, sollte bei diesem Projekt keine Rolle spielen.
    Sie schloss die Mappe mit den Plänen und blätterte in dem Hefter mit ihren Kontoauszügen. Ach, hätte sie von allem nur so viel wie von Geld. Sie hatte alles versucht, um Harrys Liebe zu gewinnen. Sie hatte ihn mit Geschenken überhäuft. Sie hatte ihm ihr ganzes Land zu Füßen gelegt. Sie hatte seinen Sohn zu ihrem Assistenten gemacht und sogar angeboten, ihn zu adoptieren. Und als Harry einmal hatte anklingen lassen, ihre Großzügigkeit würde ihn beschämen, hatte sie ihm vorgeschlagen, ihre Ausgaben mit Bildern für ihr Museum zu verrechnen, nur damit er sich nicht gedemütigt fühlte. Doch es hatte alles nichts genützt. Sobald sie den leisesten Vorwurf erhob, er möge Rücksicht auf sie nehmen, verlangte er kategorisch ihr Einverständnis zu allem, was er ta t – und sollte er den Präsidenten erschießen. Keinen einzigen Schritt kam er ihr entgegen. Nicht mal richtig Englisch wollte er lernen, so wenig wie sein Freund Pompon.
    Aber hatte er nicht gesagt, er würde sie lieben? Damals, am Strand von Lissabon? Obwohl Debbie wusste, dass es falsch war, gab sie

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