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Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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wenn ich mich richtig an den Musikunterricht erinnerte – weniger leise. Die Geräusche um uns herum dagegen wurden lauter. Più forte. Eindeutig. Oder bildete ich mir das nur ein, weil ich mich so darauf konzentrierte? Waren da Stimmen? Die Kühle auf meiner Haut wurde frostig, ich trat von einem Bein aufs andere und sah mich um. Hundebesitzer, versuchte ich mich selbst zu beruhigen. Gute Hundebesitzer gingen mit ihren Tieren auch mal in den Wald, statt sie immer nur kurz angeleint an die Fassaden der Nachbarhäuser pinkeln zu lassen. Warum beruhigte mich das nicht? Ich fand keinen plausiblen Grund, aber meine Nervenenden vibrierten, mein Körper weigerte sich, seine Habachtstellung aufzugeben.
    Â»Noa?« Marlons Stimme schräg hinter mir ließ mich zusammenfahren. »Noa, was ist los?«
    Â»Nichts«, flüsterte ich. Ich verwandelte mich nur gerade in ein hysterisches Weibsbild. Das Ganze erinnerte mich an den Moment, bevor die Bahn entgleist war, lediglich die innere Stimme fehlte. Vielleicht stieg mir auch einfach nur die Aufregung zu Kopf. Ich kühlte meine Wangen mit den Rückseiten meiner eisigen Finger und versuchte, die Angst abzustreifen. »Es ist wirklich nichts. Ich dachte, ich hätte etwas gehört, aber es sind sicher nur Spaziergänger.«
    Marlon nahm meine Nervosität nicht auf die leichte Schulter. »Lass uns hier verschwinden«, hauchte er in mein Ohr.
    Â»Warum?« Mein Herz donnerte. Er sah mir erschrocken auf die Brust, als könnte er es hören. Vermutlich war genau das der Fall; sein Gehör schien meinem weit überlegen. »Hörst du auch etwas?«
    Â»Nein, aber du«, erwiderte er. »Du bist der aufmerksamste Mensch, der mir je begegnet ist. Ich vertraue deiner Intuition mehr als meiner. Los, komm. Leise!«
    Leise? Das war ein Anwärter für www.nichtlustig.de. Das Laub raschelte nicht mehr unter unseren Schritten, es machte einen Höllenlärm. Plötzlich schienen Hunderte von Ästen darunter verborgen zu liegen, die krachend zerbrachen.
    Wir rannten über den Bergkamm zurück, auf dem gleichen Weg, den wir gekommen waren. Als wir den höchsten Punkt – und damit die Stelle, von wo aus wir am besten zu sehen waren – überwunden hatten, bedeutete Marlon mir, stehen zu bleiben. Er legte einen Finger an die Lippen und ich bemühte mich vergeblich, meinen heftigen Atem unter Kontrolle zu bekommen. Was Marlon nun hörte, gefiel ihm nicht; ich sah ihm die Besorgnis an.
    Â»Lauf!«, formte er stumm mit den Lippen, setzte sich selbst aber nicht in Bewegung, sondern horchte weiter.
    Ich stolperte ein paar Schritte voran, wartete dann aber auf ihn. Inzwischen hörte auch ich das Krachen von berstendem Unterholz, Schritte sowie verhaltene Rufe von Männern. Da kamen keine Hundebesitzer. Das waren Jäger. Huntsmen.
    Marlon preschte los und riss mich am Arm mit sich. »Sie haben uns gesehen! Lauf, Noa!«
    Ich erkannte im Augenwinkel die Silhouetten unserer Verfolger. Drei Personen. Der Abstand war groß, aber das bedeutete nichts. Ich wusste, dass sie Pistolen hatten. Auch Marlon wusste das, er blieb hinter mir, als wollte er mich mit seinem Körper schützen. Der Hinweg zu dem bogenförmigen Stein hatte sich schon gezogen, nun kam es mir vor, als nähme der Wald kein Ende, dabei liefen wir bergab. Sosehr wir auch rannten, wir kamen kaum vorwärts, die Straße und das rettende Auto tauchten einfach nicht vor uns auf. Ich hatte Angst zu stolpern, hinzufallen und mich zu verletzen. Würde Marlon dann ohne mich flüchten? Was, wenn er es nicht tat? Inzwischen hörten wir die Stimmen der Huntsmen sehr deutlich. Als ich mich umwandte, erkannte ich, dass es sich um zwei Männer und eine Frau handelte. Sie waren so schnell. Mir schlug ein Zweig ins Gesicht, ich strauchelte. Sie brüllten, wir sollen stehen bleiben. Marlon zischte: »Lauf schneller!«
    Der Wunsch, mich auf den Boden zu werfen und sie anzubetteln, uns in Ruhe zu lassen, wurde übermächtig. Wir hatten ihnen nichts getan!
    Und dann peitschte der erste Schuss durch den Wald. In meinen Ohren rauschte es, ich rannte um mein Leben. Die zweite Kugel schlug in einen der Bäume vor uns. Borke platzte von seinem Stamm, direkt auf Höhe meines Kopfes. Die machten ernst. Ich hatte nicht gewusst, wie schnell ich rennen konnte. Ein weiterer Schuss. Noch einer. Wieder hatten sie nicht getroffen. Marlon stolperte,

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