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Himmelsfern

Himmelsfern

Titel: Himmelsfern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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nur. »Warum das alles? Was habt ihr getan?«
    Marlon zog mich näher an sich, wiegte mich hin und her wie ein kleines Kind. Nur Antworten gab er mir nicht. Ehe ich ihm das heftig vorwerfen konnte, kam Corbin zurück und seine Gegenwart verwandelte meinen Zorn noch immer höchst effektiv in Furcht.
    Er schüttete eine goldene Flüssigkeit aus einer klobigen Glasflasche ohne Aufschrift in zwei Pappbecher und hielt mir einen davon hin. »Trink erst mal ’nen Schluck, bevor du umkippst.«
    Marlon schob die Hand seines Bruders weg. »Ich glaube nicht, dass dein Whisky gerade besonders hilfreich ist.«
    Corbin schnaubte. »Dann pflück doch einen Strauß Kamillenblüten und koch ihr einen Tee, du Moralapostel. Das Mädchen steht unter Schock. Und daran bist du nicht ganz unschuldig, also gönn euch zumindest etwas, das es für den Moment leichter macht.«
    Â»Das sind ja ganz neue Töne«, murrte Marlon, ließ jedoch zu, dass Corbin mir den Becher in die Hände drückte, und nahm den zweiten selbst entgegen. Er kippte den Inhalt in einem Schluck hinunter, schauderte, zerdrückte die Pappe und warf sie auf den Boden. »Scheiße«, flüsterte er, was ihn so hilflos wirken ließ, dass mir die Spucke im Hals verklumpte.
    Corbin schlug ihm sanft auf die Schulter. »Hey. Du packst das. Du hast das Richtige getan, das weißt du.«
    Marlon sagte »Ja«, aber es klang resigniert, als wären er und sein Bruder unterschiedlicher Meinung, was das Richtige war.
    Â»Du findest das richtig ?«, ließ Emma in nasalem Ton verlauten.
    Corbin stand auf und nickte, eine schnelle Bewegung voller Härte, die mich an einen Soldaten erinnerte. »Ja. Ich habe ihm gesagt, er soll schauen, ob bei dem Mädel was geht. Er braucht sie. Dass so was Risiken nach sich zieht, musst du mir nicht sagen.«
    Ich weiß nicht, was es war, das Emma dazu brachte, den Kopf zu senken und eine Entschuldigung zu murmeln. Etwas in Corbins Tonfall oder wieder einmal eine Information, über die jeder im Raum verfügte, nur ich nicht?
    Ich nahm einen Schluck aus meinem Becher, wenn auch nur aus Wut, weil man mich überging. Sie sprachen über mich, als sei ich nicht anwesend. Vielleicht wollte ich diesem Corbin aber auch nur beweisen, dass ich nicht kniff. Der Whisky war eiskalt in meinem Mund, brannte Rillen in meinen Hals und zwang mich zum Husten. Aber im Magen angekommen, verursachte er ein warmes Gefühl und so zwang ich einen weiteren Schluck durch meine Kehle. Ein scheußliches Zeug. Aber es wirkte.
    Â»Wenn alles gut geht«, sprach Corbin an mich gewandt weiter, »werden wir Anfang August von hier verschwunden sein. Olivier und seine Leute werden dich dann nicht länger behelligen. Bis dahin müssen wir uns auf dich verlassen können. Kein Mensch darf wissen, wo wir uns aufhalten, hast du mich verstanden?«
    Das erinnerte mich an Marlons Worte. »Wohin geht ihr denn?«
    Â»Hast du mich verstanden?«, wiederholte Corbin.
    Obwohl ich verneinen wollte – und zwar mit Nachdruck –, gelang es mir nicht. Es ging einfach nicht. Ich trank einen weiteren Schluck, der Becher war leer und mein Kopf schwamm in Whisky. Es war, als würden meine Gedanken aus mir herausgleiten. Ich konnte sie nicht festhalten. »Ja.«
    Corbin nickte, diesmal sehr bedächtig. Vielleicht lag es am Alkohol, aber er wirkte plötzlich sehr viel sanfter. Als er sich am Hals kratzte, fiel mir eine dünne Narbe auf. »Wohin wir gehen, kann ich dir nicht sagen. Ich weiß es selbst nicht, niemand weiß es.«
    Ich konnte nur noch flüstern. »Hat es etwas mit Krieg zu tun? Seid ihr … Terroristen?«
    Corbin lächelte und schenkte meinen Becher noch einmal voll. »Nein. Wir tun nichts Illegales, wir versuchen, niemandem zu schaden. Es liegt einfach in unserer Natur, irgendwann fortzugehen, verstehst du?«
    Erneut verstand ich nichts, aber etwas in seiner Stimme zwang mich, das für mich zu behalten.
    Er legte mir kurz die Hand auf den Oberarm und sah dabei zwischen Marlon und mir hin und her. »Was neulich passiert ist, tut mir leid. Aber ich glaube, dich zu entführen war gar nicht so falsch, wie wir zunächst dachten.« Damit setzte er Marlon in einer halb freundschaftlichen und halb dominanten Geste die Faust an die Brust und stieß sich dann von ihm ab, um aufzustehen.
    Corbin grinste, Emma seufzte, Marlon kommentierte das

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