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Himmelskinder

Himmelskinder

Titel: Himmelskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Feldhausen
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von irgendwo flüchten können, erstens aufgrund der Verletzungen, und zweitens war sie mit Drogen vollgepumpt. Die hätte keinen Schritt mehr gehen können.«
    »Richtig«, meinte Alvermann mit genervtem Blick auf seine Männer. Er hielt den Bericht des Rechtsmediziners erneut hoch und wedelte damit vorwurfsvoll in alle Richtungen.
    »Flucht können wir ausschließen«, fuhr er fort. »Nehmen wir mal an, der Ältere mit dem hellen Mantel ist der Kunde, der andere vermutlich jemand von der Abteilung Logistik – unser Bruzillus, jünger, mit Glatze und Hemd. Der Kunde merkt irgendwann, was er angerichtet hat, und sucht Hilfe beim Lieferservice. Beide nutzen voller Panik die nächstbeste Gelegenheit, das Mädchen loszuwerden. Der Jüngere scheint der Tatkräftigere zu sein. Er trägt das Bündel, er fährt den Wagen. Der Ältere ist nervöser, er dreht sich ständig um. Warum kommt später einer zurück? Hat er was verloren, oder wollte er sich vom Tod des Mädchens überzeugen und, falls nicht, nachbessern? Ist es überhaupt einer der beiden Täter? Frau Kremin spricht ebenfalls von einem Hemd, kann aber mit unserem Phantombild nichts anfangen. Wenn es einer der beiden Täter ist, vermutlich der Jüngere – wo ist der andere geblieben?«
    Masur nickte nachdenklich.
    »Wie das so ist, der hat vielleicht die Drecksarbeit den niedrigen Rängen überlassen. Überlegt war die ganze Aktion auf jeden Fall nicht. Aber was hat sie so kopflos werden lassen? Der Zustand des Mädchens? Überzeugt mich nicht.«
    Alvermann schaute in die erschöpften Gesichter seiner Truppe.
    »Wir machen jetzt Schluss«, reagierte er auf die allgemeinen Anzeichen von Müdigkeit.
    Bulleken, der mit seinem Stuhl kippelte, hatte noch ein Schlusswort:
    »Die geraten doch eigentlich nur in Panik, wenn die Falle zuschnappt.«
    Meiners klopfte ihm im Vorbeigehen zwischen die Schulterblätter:
    »Gut hier der Mann, zungenmittig vielleicht etwas flach, aber im Abgang fast spritzig.«
    Bulleken lachte gutmütig.
    »Zungenmittig habe ich auch einiges zu bieten. Erschließt sich aber eher nur dem komplexer Strukturierten.«
    »Punktegleichstand, die Herren«, war Masur zu hören.
    Alvermanns Stelle über dem Ohr machte sich bemerkbar. Zeit, hier rauszukommen, den Fall einschließlich der Kollegen hinter sich zu lassen und sich stattdessen mit einer Abarisco in der Wanne zu tummeln.

17
    Masur war der Erste. Um kurz vor sieben Uhr setzte er die dezernatseigene Kaffeemaschine in Gang. Alvermann, der gleich nach ihm kam, stellte sich neben ihn und sah zu.
    »Wartest du wieder, bis es nicht mehr geht?«
    »Was geht dich das an?«
    »Masur, hör mit den Sprüchen auf. Das muss dich doch ankotzen.«
    »Willst du wissen, was mich ankotzt?«
    »Nein! Es wird nach jedem Absturz schwerer, das weißt du besser als ich. Also, wie lange willst du dich diesmal bescheißen?«
    »Komm mir nicht auf die Art, du Arsch.«
    Alvermann baute sich vor Masur auf.
    »Das ist jetzt die fünfte Runde. Die kannst du alleine drehen, ich bin draußen. Wenn du noch einmal so zum Dienst kommst wie gestern, kann sich die van Laack mit dir vergnügen.«
    Meiners steckte den Kopf durch die Tür:
    »Störe ich, soll ich später …?«
    »Nein, nein, gar nicht, komm rein«, sagte Masur betont gleichmütig und schaute Alvermann dabei an.
    Wenig später waren sie versammelt. Es dauerte noch, bis alle ihre Kaffeebecher vor sich stehen hatten.
    Meiners stellte seine obligatorische Brötchentüte auf den Tisch und legte seinen Arm darum. Alles grinste. Masur verrührte fünf Löffel Zucker in seinem Kaffee. Meiners konnte es nicht lassen:
    »Vier fand ich schon ziemlich widerlich, jetzt fünf. Sag mal, wofür brauchst du die Zuckerinfusion? Wieder ’ne harte Nacht?«
    Der übliche Schlagabtausch nach einer viel zu kurzen Nacht.
    Ellen Neusser öffnete die Tür.
    »Erik, Telefon für dich. Ein Doktor Krebber. Soll ich umstellen oder kommst du?«
    Alvermann nickte und stellte die Kaffeetasse auf den Tisch zurück.
    »Ich komme, Moment.«
    Er kaute eines von Meiners Brötchen zu Ende und nahm in Ellens Zimmer den Hörer in Empfang. Als er wenig später zurückkam, ging er zur Stellwand und blickte auf die Fotos des Mädchens aus dem Stettnerpark.
    »Wir haben jetzt ein Tötungsdelikt auf dem Tisch. Sie ist gestorben, vor ein paar Minuten.«
    »Ach«, sagte Johanna König.

18
    Etwa 15 Monate zuvor
    Das Jahr ging dem Ende entgegen. Der Winterburan wirbelte Massen von Schnee auf und trieb ihn auf

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