Himmelskrieg: Roman (German Edition)
dem Teller lag – oder in seinem speziellen Fall, was er in seinen klebrigen Händen hielt.
Das war der Grund, weshalb er Rachel und das seltsame brasilianische Mädchen, Camilla, beobachtete. Die Kids hatten eine völlig unterschiedliche Art, mit Keanus Speisen umzugehen. Beide verköstigten sich mit einer der purpurfarbenen Gemüsefrüchte, doch während Camilla herzhaft kaute und sich dabei noch mit einer Russin unterhielt, während ihr der Saft am Kinn herunterlief, mühte Rachel sich ab, von jedem Stückchen die Schale abzupellen, und sie musste sich zum Essen sichtlich zwingen. Camilla hatte offenbar jemanden gefunden, der Portugiesisch sprach, wahrscheinlich die einzige Person in der ganzen Gruppe, die diese Sprache beherrschte. Das war ein Glück für alle, besonders natürlich für dieses einsame, neunjährige Mädchen. Ihre Gesprächspartnerin war eine Frau mittleren Alters, und noch vor Kurzem hatte Harley gesehen, wie sie sich mit Dale Scott unterhielt, den sie augenscheinlich kannte.
Camilla weckte seine Neugier, aber nun riss Rachel ihn aus seinen Betrachtungen. »Bist du sicher, dass wir noch mehr zu essen finden?«, wollte sie von Zack wissen.
»Wir werden es schon schaffen, weitere Nahrungsmittel aufzutreiben«, erwiderte Zack. »Wenn eine Tür sich schließt, öffnet sich eine andere.«
»Jetzt klingst du wie Mom.« Obwohl Rachel ihren typischen flapsigen Ton anschlug, hörte Zack heraus, wie ihre Stimme zitterte. Es fehlte nicht viel, und das Mädchen würde weinend zusammenbrechen. Rachel wandte sich an Harley. »Findest du nicht auch, dass er wie meine Mom klingt?«
Aus verschiedenen Gründen wollte sich Harley aus diesem Gespräch heraushalten, denn wenn er Partei ergriff, konnte das gefährlich werden. Er würde sich genauso wenig in eine Angelegenheit zwischen Vater und Tochter einmischen, wie er sich in einen Ehestreit eingemischt hätte.
Obendrein ging es um Megan, und Harley hatte nicht vergessen, welche Rolle er bei ihrem tödlichen Unfall gespielt hatte. O nein, da bewegte er sich auf dünnem Eis. »Harley möchte sich nicht an unserer Diskussion beteiligen«, sagte Zack zu Rachel.
Dann blickte er Harley an, als wolle er sagen: Ich kann nicht kneifen … sieh zu, dass du dich rettest . Er wandte sich wieder an Rachel. »Hör mal, du hast doch immer gesagt, mit dir könne man ein offenes Wort reden.«
»Seit wann hörst du zu, wenn ich was sage?«
»Ich höre dir immer zu, mein Mädchen.« Er lächelte. »Aber manchmal tue ich nicht das, was du willst.«
»Manchmal?«
Zack wechselte das Thema. »Hier, probier das mal.« Er bot Rachel eine andere Gemüsefrucht an, deren Rinde der Borke eines Baumstamms ähnelte. »Ich habe einen ganzen Tag lang davon gekostet, und ich lebe immer noch.«
»Ha-ha.«
Aber sie knabberte daran. »Das ist wie … wie heißt das doch noch mal, Herky-Jerky?«
»Beef Jerky. Trockenfleisch. Doch Herky-Jerky wäre ein passender Name dafür. Schmeckt es dir?«
»Besser als dieser purpurfarbene Mist.«
»Hunger ist der beste Koch.«
»Jetzt klingst du wie Grandma.« Und so ging auch diese emotionale Krise vorbei. Rachel bezog Harley wieder in das Gespräch ein. »Ihr beide beobachtet sie ständig«, sagte sie. »Ich spreche von Camilla.«
»Allerdings. Weil sie ebenfalls ins Leben zurückgeholt wurde.« Harley zögerte nicht lange. Diese Sache war so ungeheuer wichtig, dass man darüber sprechen musste, selbst auf die Gefahr hin, dass man Gefühle verletzte.
»Genau«, sagte Zack. Er senkte die Stimme. »Und weil sie von allen, die sie wieder zurückgeholt haben, die Einzige ist, die noch am Leben ist. Megan und die anderen … überdauerten nur wenige Tage.«
» Wer hat diese Menschen zurückgeholt?«, fragte Rachel mit viel zu lauter Stimme.
»Die Architekten«, antwortete Zack. »Anscheinend ist das die Bezeichnung für die Aliens, die diesen Ort kontrollieren oder früher einmal kontrolliert haben. Wir begegneten nur einem einzigen, und der ist jetzt tot.«
Harley beobachtete Rachel, während sie diese Information aufnahm. Für jeden, der in den letzten fünfzig Jahren auf die Welt gekommen war, war das nichts weiter als eine SF -Story mit einem vertrauten Motiv.
Aber diese Geschichte war auch real. Und Rachels Eltern spielten darin eine Rolle. Harley drängte sich der Vergleich mit Kriegsspielen am Computer auf – als Junge hatte er sich damit beschäftigt und später derlei Szenarien studiert –, die plötzlich zur Realität
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