Himmelsmechanik (German Edition)
Büchlein.
»Es wär ein großes Glück für den Jung, wenn er diese schöne Sprache lernen tät«, sagte er.
Und er akzeptierte es, ein Glas frisches Wasser zu trinken, im Stehen, an den kalten Rand des Marmorwaschbeckens gelehnt, während ich versuchte, diese Neuigkeit zu begreifen.
Schachtel und Büchlein und Sprache waren amerikanische Dinge. Die Schachtel hatte einen Scharnierdeckel und war eine Art kugelsicherer Kasten, den die Soldaten im Rucksack trugen, um darin ihre wichtigen Dinge aufzubewahren. Sie war ein wenig verbeult, aber der Verschluss funktionierte noch gut, und man konnte deutlich die leuchtend rot lackierte Schrift mit der Nummer des Bataillons und der Stammnummer des Soldaten lesen. Das Büchlein war rautenförmig, so groß wie ein der Hälfte nach durchgeschnittenes Buch, mehr oder weniger wie manche Comic-Hefte, die damals in Streifen verkauft wurden. Es war eine Militärausgabe, ein ganzes Buch und kein Digest, wie auf dem Umschlag steht. Später habe ich erfahren, dass die Armee der USA ihre Soldaten mit einer ihnen gewidmeten literarischen Buchreihe ausstattete, die extra für sie in diesem merkwürdigen Format gedruckt wurde, das sich besonders dafür eignete, in eine Tasche des Kampfanzugs gesteckt zu werden.
Der Generalstab hatte für seine Soldaten eine reiche Auswahl der besten Abenteuer- und Liebesgeschichten aus nationaler Produktion ausgewählt, wahre Geschichten und fantastische Geschichten. Bei der Planung des Krieges und der Grundlagen für den Sieg dachte jemand in den höheren Kreisen, es sei für die Soldaten nützlich, ab und zu etwas zu lesen; während der Gefechtspausen, in den toten Zeiten vor dem Angriff, während der langen Bombardements zum Feuerschutz, wenn die Artillerie versucht, den Druck des Feindes abzuschwächen und dabei einen zermürbenden Druck unter den eigenen Leuten erzeugt. Lesen, da haben sie sich wohl informiert, lenkt ab, erbaut, zerstreut; und es hebt die Moral, falls der Soldat auch das braucht.
Ich weiß nicht, ob es andere Armeen außer der amerikanischen gab, die ihre Truppen mit Literatur versorgten; ich kann es mir schon vorstellen, obwohl ich nichts dergleichen gesehen habe. Denn Bücher drucken kostet wenig, und wenn sie dick genug sind, können sie auch ein Leben retten, wenn sie sich in der tödlichen Schussbahn einer auf das Herz gerichteten Kugel befinden. Sofort nach dem Krieg wurde die Idee, kleine Bücher zu drucken, die man in die Tasche stecken konnte, unverändert für den zivilen Markt übernommen. Die Duse hatte etliche davon zu Hause; sie hatten dieselben Maße, sogar das gleiche gelbliche, grobe Papier, und sie kosteten hundert Lire. Als kleiner Junge habe ich sie alle gelesen, und es müssen noch einige davon im Haus sein. Es waren meistens amerikanische Romane, doch da gab es, wie ich mich erinnere, auch ein Leben Jesu und historische Erzählungen: Sie hießen Bücher zum Wiederaufbau. Auf der Rückseite des Einbands stand, sie sollten zum wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes dienen. Der wirtschaftliche Wiederaufbau könne nur kommen, wenn auch ein moralischer und kultureller Wiederaufbau stattfände. Gut gesagt. Und so wie diese Bücher den Soldaten vielleicht dazu dienten, den Krieg zu gewinnen, haben sie uns geholfen, im Frieden, der mit all seinen Ängsten vor der Tür stand, durchzuhalten.
Das Büchlein in der Blechschachtel erzählte die Abenteuer eines berühmten Polarforschers. Ein Typ mit einem Bart und stechendem Blick, wie man auf dem Umschlag sehen konnte. Es war natürlich auf Englisch geschrieben. Ich habe beide noch. Das Büchlein habe ich mehrmals gelesen, die Blechschachtel dient nun dazu, Gegenstände aufzubewahren, die nicht verloren gehen sollen.
Den Tag, an dem ich diese Geschenke bekam, wusste ich, so glaube ich heute, nicht richtig zu schätzen. Ich spürte, dass es ein schönes Geschenk war, das begriff ich schon, als ich es nur in der Hand hielt, aber ich war gegenüber dem Mann, der es mir gebracht hatte, sehr schüchtern. Damals war dieser Mann, der nackt herumlief und den man nur selten, und wenn, dann plötzlich zu sehen bekam, für uns Kinder nicht zu deuten, wie die Unruhe, die uns beim Spielen kurz vor dem Abendessen etwas enger in den Höfen zusammenstehen ließ, als wir zugeben wollten. Wenn er gegen Abend zufällig auf der Straße vorbeiging, sagten sie, der Omo Nudo würde leuchten. So hielt ich dieses Geschenk in den Händen, unschlüssig, ob ich es irgendwo hinlegen oder offiziell
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