Himmelsmechanik (German Edition)
sie marschieren, singend und unbekümmert mit ihren immer so unpassenden Schuhen, und mühselig von der Mündung der Rifogliola bis zur Serenaia hinaufsteigen. Und von Beginn an ist es, als gingen sie zur Vesper nach Prati, aber sie halten sich weiter oben, dicht am Rande des Steinbruchs, und von dort aus beginnen sie das eigentliche Wagnis, indem sie, auf die Gefahr hin abzustürzen, die aus den Trümmern der Eiszeit entstandenen Karsttrichter passieren, und auf den von den Spitzhacken geschaffenen Furchen die von den Baggern gegrabenen Schluchten wieder hinaufsteigen und im ewigen Schatten den Karnelkirschwald durchqueren, der oberhalb der Granitfelsen wächst. Und schließlich, wie in Filmen über verloren gegangene Kulturen, müssen sie sich mit ihren Bündeln und Kleidern dünn machen, um durch den Spalt zwischen zwei Menhiren hindurchzuschlüpfen, die in der undurchdringlichen Schlucht aus Brombeer- und Holunderbüschen emporragen, zwei Steine hoch wie babylonische Türme, von denen niemand weiß, ob sie von Gott oder von den Vorfahren der Menschen erbaut wurden. So betreten sie, von ihrem Liebesgeplauder aufgezehrt und gereinigt, den heiligen Ort. Und was sie sehen, ist eine Talmulde aus Thymian, Silberdistel und Akelei, eine Wiese, die sich über die Zeiten hinweg mit der Erde gefüllt hat, die hergebracht wurde von den gegenläufigen Strömungen am Fuß der drei Ursprungsgipfel der Apua mater: Pizzo d’Uccello, Grandilice, Pisanino. Berge mit Zähnen wie Haifische.
Wenn das einmal ein Garten war, dann war er gut geschützt; wenn dieser Garten blühte, dann musste der Duft, den man heute noch riecht, einmal berauschend gewesen sein.
Dem liegt natürlich eine Geschichte zugrunde. Die Geschichte besagt, dass in dieser geheimen Talmulde in den tragischen Zeiten der Kriege Roms gegen unsere Völker sich ein kleiner Volksstamm in seiner Einsamkeit Mut machte. Und die Geschichte besagt weiter, dass im Verlauf dieser Kriege eine äußerst erbitterte Schlacht gekämpft wurde zwischen den Legionen des Invasoren und dem, was von den Apuanischen Banden übrig geblieben war. Die Schlacht vollzog sich auf offenem Feld, für unsere Guerilleros auf verhängnisvolle Weise ungeeignet, in den überschwemmten Ebenen in der Nähe der Arnomündung, mehr oder weniger dort, wo heute die Stadt Pisa ihr Leben fristet. Die Unsrigen wurden vom letzten großen König und seinem letzten noch lebenden Sohn angeführt. Wie es sich gehörte, war der König sehr stolz auf seinen Sohn, und er liebte ihn zärtlich; so auch der Sohn, der ihm respektvoll mit seiner außerordentlichen Kühnheit und seinem ungezähmten Mut erwiderte. Zudem war der Prinz von einer so klaren und lieblichen Schönheit, dass sie übermenschlich erschien; eine Schönheit, die jeden zum Hochmut verführt hätte, nur ihn nicht. Wie es immer geschah, beunruhigte die Schönheit des jungen Prinzen die nach Blut und Herrschaft dürstenden Invasoren nicht, die ihn zu der Beute bestimmten, die als erste zu töten sei, und wüteten gegen ihn und seine von Feindesblut getränkte Fahne, die er als Banner führte. Es gelang ihnen nicht, sie ihm aus der Hand zu reißen, aber sie richteten ihn so zu, dass er lebensgefährlich verletzt wurde.
Es war die letzte große Schlacht und die entscheidende Niederlage, die den Anfang der Plünderung und der Unterwerfung dieses Landstrichs bedeutete. Die Banden zerstreuten sich und verloren sich in den Sümpfen, und der alte König nahm seinen leblosen Sohn auf seine alten, erprobten Schultern und machte sich auf zum Gebirge im verzweifelten Versuch, den einzigen ihm verbliebenen Reichtum in Sicherheit zu bringen. Wäre es nicht um die Liebe zu seinen Nachkommen gegangen, so hätte er sich gern auf dem Trümmerhaufen seiner Niederlagen geopfert; er hätte den Tod gesucht und ihn gefunden und mindestens eine Schar Legionäre in die Finsternis der apuanischen Unterwelt mitgenommen, diese törichten Männlein, die keinen anderen Wagemut kannten, als sich zur Schildkröte zusammenzuschließen und blind wie Nachtfalterlarven vorzurücken, vorzurücken und vorzurücken. Er beschwor stattdessen das, was von seiner königlichen Kraft noch geblieben war, und drang in die wohlbekannten Pfade der apuanischen Festungen vor. Seine wertvolle Last lag ihm sanft wie ein Lamm auf den Schultern; der König bemerkte ihn nur wegen des rauen Atems seines Todeskampfs.
Nach unsäglichen Mühen gingen sie zur Tambura hinüber und dort wurde ihnen von den
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