Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)
30, 40 Prozent seiner Pläne umsetzen kann im Leben, ist man schon ganz gut dabei. Die meisten können davon gar nichts umsetzen. Oder sie kennen ihre Pläne, setzen aber bewusst nichts davon um.
Ein weiterer Trick, mit dem Mike arbeitet, sind kleine Belohnungen. Wenn der Athlet dem Team Kaffee mitbringt, fängt der Test schon ganz anders an. Oder die Geschichte mit dem freien Freitag. Nach eineinhalb, zwei Wochen hat das Team gemerkt, dass die Übungen bei mir in die richtige Richtung gehen. Freitagabends bin ich immer nach Santa Monica in mein Apartment gefahren, weg von der Arbeiterstadt Lancaster, ein Tapetenwechsel als Belohnung für eine harte Arbeitswoche. Plötzlich heißt es vom Team: »Du, Felix, das läuft schon so gut, es geht schon um einiges besser, als wir geglaubt haben. Wir können eigentlich den Freitag freimachen. Das heißt, du kannst schon am Donnerstagabend heimfahren, dann hast du Freitag, Samstag und Sonntag in Santa Monica. Wir bringen das schon hin.« Langes Wochenende: ein feines Angebot. Aber jetzt kommt der Psychologe und Stratege in mir durch, der sagt: Das mache ich jetzt nicht. Ich gehe lieber mit gutem Beispiel voran und fange an, das Tempo anzuziehen. Ich hole mir meine Führungsposition zurück!
Also sage ich zu meiner Mannschaft auf das Angebot, schon früher heimzufahren: »Super, danke für das Angebot. Aber ich würde gern den Freitag nutzen. Santa Monica ist super, aber mir reichen die Samstage und Sonntage dort. Den Freitag machen wir Folgendes: Wir schauen uns die Technik der Kapsel an, die Schaltpläne, damit ich weiß: Was setzt dieser Knopf in Bewegung? Wofür ist jener da? Wir haben jetzt alles komplett, die Kapsel ist fertig, jetzt muss ich langsam alles wissen, jetzt soll das Ding zu meinem Raumschiff werden. Was kann dieses Raumschiff ? Ich bin der Einzige, der an Bord ist. Ich habe keinen Techniker dabei, kann nur über Funk Fragen stellen. Da ist es ganz gut, wenn ich die Technik verstehe, falls mal ein Problem auftaucht. Also machen wir am Freitag eine Technikschulung. Alles klar?«
Das Team sieht in diesem Moment: Aha, er beginnt sich für die Technik zu interessieren. Früher war es genau umgekehrt. Da habe ich gesagt: »Mir reicht es im Anzug. Ich brauche nicht länger. Und ihr habt ja eh noch einen Haufen Arbeit.« Und ich bin abgehauen, in mein Santa-Monica-Wochenende. Jetzt aber muss das Team dableiben, kann nicht früher heimfahren, muss was arbeiten, sich vorbereiten, weil ich morgen dies oder jenes abfrage.
Ich halte meine Truppe auf Trab: »Ich möchte mal den Anzug komplett zerlegen: Innenfutter raus, Schläuche raus, Hardware raus. Was macht dieser Regler? Wie viel Druck haben wir da drin? Wo geht diese Leitung hin? Wenn diese Leitung kaputtgeht, was passiert dann mit dem Anzug?« Jeden Abend um fünf verteile ich an meine Leute noch ein paar Hausaufgaben: »Mike, kannst du mir bitte bis morgen so eine Liste machen. Die brauche ich noch für dies und das.« Damit die Truppe auch noch nach fünf beschäftigt ist. Sie werden gefordert, sind beschäftigt – und kommen nicht auf den Gedanken, dass ich womöglich nicht 100 Prozent dabei bin.
Andy beobachtet mich und sagt zu mir: »Ich weiß nicht, woher du das hast, aber du machst es genau richtig. Nach diesem ersten Team-Meeting habe ich dir gesagt: Du musst deine Führungsrolle zurückholen. Wahnsinn, wie du das jetzt machst! Aus dem Bauch heraus! Ich höre ja die Leute am Abend reden, wenn du draußen bist. Die wundern sich über dich: ›Der kommt jetzt immer schon am Sonntagnachmittag. Früher ist er erst am Montag gekommen.‹ So etwas macht sofort die Runde: ›Der Chef ist schon da!‹«
Es geht aufwärts. Das Team ist motiviert. Meine Autorität kommt wieder zurück, mal in kleinen Schritten, mal in großen Schritten. Das wiederum wirkt sich auf meine eigene Motivation aus: Ich gehe abends wieder ins Fitnessstudio, gebe eine Stunde lang noch mal richtig Gas. Und als Belohnung danach mit meinem Kumpel Richie ins »Black Angus« auf ein schönes Steak und eine gute Flasche Rotwein vom Weingut des Golfers Greg Norman. Irgendwann hieß es dann zwischen uns nur noch: »Und jetzt ein Steak und einen Golfschläger.«
Für die Tests in Brooks ist mein Kopf nun perfekt eingestellt. Bevor ich in den Anzug steige, klatschen wir uns jetzt sogar ab. Wie eine Footballmannschaft, die vor dem Spiel in der Umkleidekabine noch mal die Köpfe zusammensteckt und sich aufputscht. Das ist zu meinem Ritual
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