Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
Vom Netzwerk:
der unergründlichen Tiefe des Sees.
    „Was sind das? Eine Art Nymphen oder Nixen?“
    „Nein, sie sind die Seelen des Elementes sozusagen, das Innenleben, seine Kraft. Sie befinden sich in den Gewässern der magischen Seen und in den Meeren, Seen und Flüssen der Welt. Nur dass man sie dort nicht mit dem bloßen Auge erkennen kann.“
    „Es gibt mehrere magische Seen?“
    Neve nahm meine Hand und zog mich wieder in den Wald.
    „Hier gibt es nur einen. Aber es gibt viele magische Blasen auf der Welt, meist hinter den Großstädten, weil dort die meisten Menschen mit magischen Kräften geboren werden oder in die Großstadt flüchten, sobald ihre Symptome beginnen.“
    „Es gibt noch mehr dieser Orte?“
    „Natürlich.“
    „Sind sie denn untereinander verbunden?“
    „Natürlich. Du kannst dort genau so hinreisen wie in der realen Welt. Aber das ist jetzt noch nicht wichtig für dich.“
    Je weiter wir gingen, desto wärmer wurde es. Bald spürte ich glühende Hitze im Gesicht und hatte Angst, schon wieder einen Brand zu verursachen. Doch die Hitze kam nicht aus mir. Vor uns öffnete sich der Wald zu einem fruchtlosen Acker, an dessen Ende sich ein Graben befand, aus dem hohe Flammen aufstiegen, die den ganzen Himmel verdeckten.
    „Was wird hier verbrannt?“
    „Nichts, es sind die Feuerdurchgänge. Schau genau hin!“
    Jetzt erkannte ich, dass die Flammen aussahen wie Gestalten mit wohlgeformten Gliedern, die in Rottönen gecheckt waren. Sie wisperten und machten den Eindruck, als würden sie einen wilden Tanz aufführen.
    „Die Salamander …“, sagte ich ehrfürchtig.
    Im selben Moment trat eine Gestalt aus den Flammen und kam auf uns zu. Sie sah frisch und munter aus und hatte nicht eine Spur Ruß auf den Schultern, als sie grüßend an uns vorbeiging. Ich sah ihr nach, eine Frau in Jeans um die vierzig.
    „Wer war das?“
    „Marika. Aber ich kenne sie nicht weiter. Sie hat vor ungefähr zwanzig Jahren hier studiert, lebt aber in der Realwelt draußen.“
    „Warum kommt sie wieder her?“
    „Bestimmt hat sie Freunde hier. Und es gibt immer mal Treffen der verschiedenen Elemente. Du darfst nicht vergessen, da draußen verstehen dich die Leute nur bis zu einem gewissen Punkt. Ein Teil von dir ist ihnen immer verborgen. Ein Teil von dir gehört in die magische Welt.“
    Mir wurde komisch bei Neves Worten. Sie bedeuteten: Ich würde etwas sein, was über das Normalverständnis der Menschen hinausging. Und das würde mich in gewisser Weise von ihnen abtrennen.“
    Lebst du deshalb in der magischen Welt und nicht mehr dort, wo du geboren bist?“
    „Vielleicht …“, sagte Neve nur und schob viel zu schnell hinterher:
    „Und jetzt kommen wir zu deinem Durchgang: Erde. Bist du schon neugierig?“ Ich zuckte mit den Schultern und versuchte, meine gleichgültige Geste mit einem wenig überzeugenden Nicken wieder gutzumachen. Ich war in Gedanken noch beim Wasser und ein bisschen schon beim Feuer, grübelte über Neves ausweichende Antwort nach und versuchte, eine Ordnung unter all den heranstürmenden Fragen herzustellen.
    „Kommt man denn immer am gleichen Ort raus?“, fragte ich.
    „Ja.“
    „Wo genau?“
    „Den Wasserdurchgang kennst du bereits. Es gibt aber noch einen unterseeischen Höhlengang, der irgendwo in die Spree führt, soweit ich weiß. Die Feuerleute gehen durch die Müllverbrennungsanlage …“
    „Ihh …“
    „Es macht ihnen nichts aus. Es ist wichtig, dass es unbeobachtete Orte sind. Es können nicht an irgendwelchen belebten Orten immerzu Menschen verschwinden oder wieder auftauchen.“
    Das machte Sinn.
    „Luft geht durch einen stillgelegten U-Bahnschacht am Alexanderplatz. Und Erde – das wird dich am meisten interessieren – unter einem riesen Schuttberg in Reinickendorf gibt es eine Erdhöhle, die führt direkt in die magische Welt und wieder hinaus. Das wäre dein eigentlicher Weg gewesen.“
    Den Schuttberg kannte ich sogar. Hier waren ein großer Teil der Kriegstrümmer aus dem Zweiten Weltkrieg begraben. Inzwischen war der Berg mit Wiesen überzogen und teilweise bewaldet. Auf der einen Seite ragten hässliche Neubauten auf. Auf der anderen hatte man dagegen einen wunderschönen Blick über ausgedehnte Felder. Einmal hatte mich eine Kindergartenfreundin dorthin zum Drachen steigen mitgenommen. Kurz spürte ich leise Wut auf Atropa. Warum hatte sie mir das nur mit dem Wasser angetan?!
    „Voilà“, sagte Neve. Wir waren immer noch im Wald und standen vor einem

Weitere Kostenlose Bücher