Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition)
Hause.«
Zahra zögerte immer noch, aber dann nickte sie kurz und ruckartig, wie ein Vogel, der auf eine Nuss einhackt. »Also gut«, entschied sie. »Jetzt muss ich aber. Danke für den Besuch, Vianne.«
Damit schloss sich die grüne Tür, und wir drei standen draußen, wo der Wind immer noch durch die Dachrinnen pfiff und der lange Schatten des Minaretts wie vom Zeiger einer Sonnenuhr über die helle Straße fiel.
Joséphine sah mich skeptisch an. »Hast du nicht gesagt, das sind Freunde von dir?«
»Sind sie auch.« Ich wusste selbst nicht so recht, was ich denken sollte. »Zahra war irgendwie durcheinander. Vielleicht macht sie sich Sorgen um den alten Mahjoubi.«
Während wir den Boulevard entlanggingen, hüpfte Maya vor uns her und sprang in alle Pfützen, und ich erklärte Joséphine, was es mit der Krankheit des Alten auf sich hatte, und erzählte von dem Zerwürfnis zwischen ihm und dem Rest der Familie. Seine Warnung, ich solle mich vom Wasser fernhalten, und seine Träume von mir und Inès erwähnte ich nicht. Wir kamen am Gym vorbei. Wie immer stand die Tür einen Spaltbreit offen, und der Chlorgeruch von drinnen vermischte sich mit dem Geruch von Les Marauds, diesem Potpourri aus Staub, kif, Essensdünsten und Flusswasser. Mir fiel auf, dass Maya an dem Gässchen vorbeihuschte, während sie vor einem Durchgang, der zu dem Plankenweg am Ufer führte, herumtrödelte. Für einen Erwachsenen wäre es gar nicht so leicht, sich zwischen den Häusern hindurchzuquetschen, aber Maya hätte es leicht geschafft.
»Da wohnt mein Dschinn«, sagte sie und deutete auf den Durchgang.
»Tatsächlich?« Ich lächelte. »Du hast einen Dschinn?«
»Mhm. Er hat gesagt, ich habe drei Wünsche frei.«
»Oh. Und hat er einen Namen?«
»Ja. Foxy!«
»Das ist hübsch.«
Ich musste lachen. Wie sie da in ihren Gummistiefelchen herumhüpfte, mit ihrem lebhaften Gesicht und dem strahlenden Lächeln, erinnerte sie mich so an Anouk in dem Alter. Anouk, meine kleine Fremde, die eines Tages ein Kaninchen namens Pantoufle aus dem Wald mitbrachte, das nur wenige Privilegierte sehen konnten.
»Ach ja, Kinder«, seufzte Joséphine.
»Pilou spielt ganz toll mit Rosette. Man könnte denken, er hat eine Schwester.«
Sie lächelte. Wenn Pilous Name fällt, leuchtet ihr Gesicht immer auf. »Du hast ja selbst gesehen, wie er ist. So süß, durch und durch. Verstehst du meine Entscheidung? Ich hätte es nicht ertragen, ihn mit Paul zu teilen. Er hätte mit allen Mitteln versucht, Pilou seine eigenen Ideen in den Kopf zu setzen.«
Das stimmte wahrscheinlich. Aber andererseits – der Junge ist Pauls einziger Sohn. Wer weiß, ob die Vaterschaft ihn nicht verändern würde.
Sie konnte mir ansehen, was ich dachte. »Du meinst, es war falsch.«
»Nein, aber …«
»Ich weiß«, seufzte sie. »Mir lässt es auch keine Ruhe. Vor allem nicht, wenn ich mich schwach fühle. Wenn ich stark bin, dann bin ich mir meiner Sache wieder sicher. Pilou verdient etwas Besseres als Paul-Marie.«
»Du sagst, Pilou hat dein Leben verändert, Joséphine. Verdient Paul nicht auch so eine Chance?«
Trotzig schüttelte sie den Kopf. »Du kennst ihn doch. Er ändert sich nie.«
»Jeder kann sich ändern.«
Im Weitergehen fragte ich mich, ob dieser Satz wirklich stimmte. Manchen Menschen ist nicht zu helfen, man kann sie nicht heilen. Aber wie ist es für Paul, unter einem Dach mit dem kleinen Jungen zu leben, den er für den Sohn seines Rivalen hält? Ich dachte an die hellen, bösen Augen, an den wütenden und zugleich hoffnungslosen Zug um seinen Mund. Er sah aus wie ein Tier in der Falle, das nach jedem schnappt, der ihm nahe kommt. Natürlich bin ich nicht so naiv zu glauben, dass ein Mann wie Paul-Marie sofort dahinschmilzt, wenn er hört, er hat einen Sohn. Aber verdient er nicht wenigstens eine Chance? Und was macht diese Lüge mit Joséphine?
Wir waren am Ende des Boulevards angekommen. Als ich das letzte Mal hier war, lag Inès Bencharkis Hausboot vertäut am Pier. Jetzt war es fort. Nur noch ein ordentlich aufgerolltes Tau wies auf die Stelle hin, wo es gelegen hatte. Joséphine riss entsetzt die Augen auf. Verständlich – das Boot gehört ja ihr, auch wenn sie es selten benutzt.
»Meinst du das ernst? Die Frau hat hier gewohnt?«, fragte sie, nachdem ich ihr alles erzählt hatte, was ich wusste. »Wie kann sie es wagen, in mein Boot einzubrechen? Und wohin zum Teufel ist sie damit gefahren?«
Ich hatte nicht die geringste Ahnung. Vom
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