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Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben

Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben

Titel: Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Quarch
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wir im Dilemma stecken, weil wir es nur „falsch“ machen können, das aber aushalten müssen. Was also befähigt uns, in solchen Situationen im Gleichgewicht zu bleiben? Was befähigt uns, damit klarzukommen, uns mit mehr als nur einem Menschen auch körperlich so tief verbunden zu fühlen, dass es unwahrhaftig wäre, die sexuelle Begegnung auszuschließen? Ich glaube, es ist allein die tiefe, bewusste, achtsame und wahrhaftige Liebe, die uns dies ermöglicht: die Liebe, die auch die unausweichlichen Verletzungen umfasst; ebenso wie das Bewusstsein des Sichschuldig-Machens; die der Tragik des Eros ins Gesicht zu blicken vermag. Das aber ist eine reife und tiefe Liebe. Darunter geht es, glaube ich, kaum.
    „Liebe, und tue, was du willst!“, hat Augustinus gesagt. Dabei hat er sicher nicht an Sex gedacht, und trotzdem passt dieser Satz hierher. Wenn du wirklich in der Liebe bist; wenn du dir dieser Liebe, ihrer Wahrhaftigkeit und Tiefe bewusst bist; wenn du die Reinheit deines Herzens geprüft hast; wenn du weißt, dass mit deiner Sehnsucht nach sexueller Berührung mit deiner Geliebten kein Haben-Wollen einhergeht; wenn du weißt, dass du sie auch wieder gehen lassen könntest, weil die Begegnungaus der Seele und nicht aus dem Ich kommt – dann kannst du es tun und dich an der Begegnung erfreuen. Aber du musst vorsichtig sein: Dein Ich ist schlau, und es weiß sich gar zu gut etwas einfallen zu lassen, um sein Begehren zu tarnen und dich ins offene Messer laufen zu lassen. Und am Ende musst du sehen, wie du aus dem Schlamassel herauskommst, und auslöffeln was du dir eingebrockt hast.
    Ich rede aus Erfahrung: Sex ist nicht die einzige Form, in der Verliebtheit körperlichen Ausdruck findet. Es gibt eine Metamorphose der körperlichen Liebe. Sie führt von der sexuellen Begierde zur zärtlichen Berührung. Je weiter wir auf dem Weg der erotischen Lebenskunst voranschreiten und uns mit einem verliebten und offenen Herzen durch die Welt bewegen, desto mehr wird es uns ein Anliegen sein, die Menschen, mit denen wir uns verbunden fühlen, zu berühren. Wir werden ihre Hand halten wollen, wenn wir ein tiefes Gespräch mit ihnen führen, wir werden sie in den Arm nehmen, wenn sie unsere Nähe und Unterstützung brauchen, wir werden ihre Wangen trocknen, wenn sie weinen. Wir können das alles ohne Begehren tun, aber doch mit der Zärtlichkeit echter Liebe. Ich bin mir sicher, dass es gut wäre, wenn wir alle einander etwas öfter berührten …
    Aber wir tun es nicht, weil wir meinen, körperliche Nähe dürfe es nur geben bei denen, die wir „haben“ oder die uns „haben“. Zugegeben, in Sachen Sex gibt es gute Gründe dafür – in Sachen nicht-begehrender, reifer und freier Berührung gibt es die aber nicht. Nur: Dahin muss man erst mal kommen. Dafür braucht es erotische Reife. Der stehen jedoch so manche Hindernisse im Wege, denen ich mich jetzt etwas genauer zuwenden möchte.
    Erinnern wir uns noch mal: In der jungen Verliebtheit reißt es uns hin. Wir wollen Sex und Sex und Sex, unsere Herzen und Körper begehren danach. Das ist okay. Es ist ehrlich und wahrhaftig und echt. Der sexuellen Sehnsucht eignet in der frischen Verliebtheit eine einzigartige Unschuld und Natürlichkeit. Sex – von Verliebtheit getragen – ist etwas Wunderbares: Sex mit Seele, beseelter Sex ist eine „göttliche Sache im Leben des Sterblichen“, wie Diotima sagt.
    Aber sobald sich das Ich in die Verbindung von Seele und Sex mischt, fängt es an, kompliziert zu werden. Auch das ist zunächst ganz normal und gut. Denn Sex braucht geschützte und stabile Bereiche; einfach, weil Sex ein extrem intimes Geschehen ist; weil Sex als körperlicher Ausdruck des Eros eine große Macht und Energie des Lebens innewohnt. Beim Sex werden Energien frei, die es zu schützen, zu hegen und zu pflegen gilt. Deshalb ist es gut, wenn das Ich dafür sorgt, dass Grenzen errichtet und Zäune gezogen werden. Zäune, die den intimen Bereich des Geschlechtlichen schützen und vor Missbrauch hüten. Deswegen ist es gut und richtig, dass wir feste Partnerschaften eingehen und unser Sexleben in den dadurch definierten Räumen feiern. So tragen wir am ehesten dieser wunderbaren Macht des Lebens Rechnung.
    So weit, so gut. Die Probleme gehen los, wenn die Verliebtheit nachlässt und aus dem Komplex „Seele & Ich & Sex“ ein einfaches „Ego & Sex“ übrigbleibt – ohne Seele, ohne Liebe, ohne Herz. Nur Ego und Sex. Dann wird es kalt und gefährlich. Die

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