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Hinter der Nacht (German Edition)

Hinter der Nacht (German Edition)

Titel: Hinter der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Walter
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geben! Wenn hier einer böse ist, dann bist du es, nicht Mike! Kein
Wunder, dass keiner was mit dir zu tun haben will!“
    Okay, ich hatte
ihn treffen wollen - aber mit einer solchen Wirkung hatte ich nicht gerechnet.
Aus seinem Gesicht wich jegliche Regung. Er wurde aschfahl.
    „Was hast du
gesagt?“, fragte er tonlos.
    Auf einmal
spürte ich einen Anflug von Zweifel. Er wirkte, als hätte ich ihm einen echten,
killermäßigen Tiefschlag verpasst. Doch dann siegte mein Ärger. Schließlich
hatte er ja mit diesem Streit angefangen, nicht ich. Übertrieben langsam
wiederholte ich: „Ich habe gesagt, dass du böse bist. Finster und böse. Mit
jemandem wie dir will ich nichts zu tun haben!“
    Er sah mich mit
einem unbeschreiblichen Blick an. Dann drehte er sich jäh um und stapfte
wortlos davon.
    Mit einem
mulmigen Gefühl im Bauch blickte ich ihm nach. Ich hätte mich gut fühlen
müssen. Auch wenn ich zugegebenermaßen nicht gerade zimperlich mit meiner
Wortwahl gewesen war, war ich eindeutig als Siegerin aus diesem Gefecht
hervorgegangen. Und er hatte sich schließlich alles selbst zuzuschreiben.
Außerdem brauchte ich mir in nächster Zeit wohl auch keine Sorgen mehr über
unerwünschte Begegnungen mit ihm zu machen. Ich hätte also allen Grund gehabt,
innerlich zu jubeln. Doch ich fühlte mich einfach nur schlecht. Zu deutlich sah
ich seinen Blick vor mir, nachdem mir meine unbedachten Worte entfahren waren.
Seine Augen, aus denen jedes Licht schlagartig verschwunden war. So, als hätte
es tatsächlich nie existiert.
     
     
    Arik
     
    Böse. Böse
und finster. Ich weiß nicht, warum mich das so trifft. Menschen
interessieren mich nicht. Was sie von mir denken, ist mir egal. Noch dazu hat
sie nichts als die Wahrheit gesagt. Sie hat nur ausgesprochen, was ich schon
lange weiß. Seit ich entdeckt habe, warum ich anders bin. Warum ich nie hätte
geboren werden dürfen. Und doch treffen mich ihre Worte wie ein Schlag ins
Gesicht.
    Dabei sollte ich
ihr dankbar sein. Denn mit ihren Worten rüttelt sie mich endlich wach. Weil sie
auch in dieser Hinsicht recht hat: Für jemanden wie mich ist kein Platz hier.
Es ist an der Zeit, dass ich mich auf meine eigentliche Aufgabe besinne. Die
Aufgabe, wegen der ich überhaupt nur hierher gekommen bin. Zu lange habe ich
mich von Nebensächlichkeiten blenden lassen. Habe mich immer mehr einlullen
lassen. Bin fast schon wie sie geworden. Sie hat mich mit ihren Worten daran
erinnert, dass dieses Leben nicht mein Leben ist. Ich habe hier nichts mehr
verloren. Ich werde nicht länger warten. Es ist Zeit, mich auf den Weg zu
machen.
     
     
     

Krise
    Clarissa
     
    Die folgenden
Wochen waren die schlimmsten meines Lebens. Sogar noch schlimmer, als nach
Amandas und Phils Hochzeit. Denn damals war ich einfach nur ein unschuldiges
Opfer. Jetzt hingegen…
    Das Problem war
Arik. Nicht etwa das, was er zu mir über Mike gesagt hatte. Was mir nicht aus
dem Kopf ging, war vielmehr das, was ich zu ihm gesagt hatte. Und seine
Reaktion darauf. Ständig sah ich seine Augen vor mir, und mit der Zeit wuchs
mein schlechtes Gewissen ins Unermessliche. Denn seit unserer Auseinandersetzung,
in deren Verlauf ich ihm Dinge an den Kopf geworfen hatte, die ich
normalerweise niemandem sagen würde, kam er nicht mehr zur Schule.
    Zunächst war ich
darüber erleichtert, denn mir war gar nicht wohl in meiner Haut gewesen bei dem
Gedanken, ihm wieder unter die Augen treten zu müssen. Zwar fühlte ich mich im
Prinzip im Recht, doch je länger ich darüber nachdachte, desto unangenehmer
wurde mir meine Wortwahl. Im Grunde hatte er mir ja nichts Schlimmes getan.
Okay, was er über Mike gesagt hatte, war unmöglich, aber so war er eben. Ich
dagegen war schon etwas übers Ziel hinausgeschossen. Und meine Worte hatten ihn
getroffen. Mehr, als ich beabsichtigt hatte. Das war deutlich zu sehen gewesen.
    Deswegen war ich
zunächst froh, als er am Dienstag nicht zum Sportunterricht auftauchte, und
noch erleichterter, als er auch bei Geschichte fehlte. Seite an Seite mit ihm
und seinem anklagenden Gesichtsausdruck zu sitzen wäre mir unerträglich
erschienen. Aber als sich seine Abwesenheit im Unterricht auch über die ganze nächste
Woche hinzog und ich ihn nirgendwo erblicken konnte – weder sein Motorrad auf
dem Parkplatz noch ihn beim Lunch oder in der Pause – begann ich, mir Gedanken
zu machen. Jeden Tag, an dem ich ihn wieder nicht sah, nahmen diese ein wenig
zu. Gegen Ende der Woche dachte ich fast ständig

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