Hintergangen
werde, doch irgendwie eine Verbindung aufbauen. Und ich habe noch niemanden getroffen, bei dem ich mich so fühle wie du dich bei Will. Und ganz bestimmt hat sich noch kein Mann ständig in meine Gedanken gedrängt. Bis zu Hugo Fletcher.
Ich wollte Simon unbedingt nach ihm ausfragen, aber der kam erst um drei Uhr ins Büro – gehört wohl zu den Privilegien, wenn man der Chef ist. Natürlich wollte jeder die Ereignisse des letzten Abends besprechen – ich aber wollte Simon private Fragen stellen. Endlich kriegte ich ihn zu fassen.
»Laura, du weißt, mir entgeht kaum etwas. Du willst mich wegen Hugo Fletcher sprechen, stimmt’s? Der hat dich ja den ganzen Abend nicht aus den Augen gelassen, Darling.« (Fernsehsprache – bitte, bewahre mich davor, auch so zu sprechen! Ich liebe Simon, aber letzthin habe ich gehört, wie er sogar den Elektriker »Darling« genannt hat.)
Jedenfalls war das Musik in meinen Ohren, und ich lauschte wie gebannt, während Simon mir von dem Mann erzählte, seiner Charity-Arbeit, seiner Firma, seinen Investments … und seiner Frau!
Warum war ich nicht auf den Gedanken gekommen, dass er verheiratet ist? Mit verheirateten Männern lasse ich mich nicht ein. Niemals – zumindest nicht bewusst – würde ich Teil dieses unvermeidlichen Elends sein wollen. Irgendjemand ist immer der Leidtragende.
Aber immer der Reihe nach. Wir hatten schließlich bloß ein paar Worte gewechselt! Doch da war ein Funke übergesprungen, wenigstens fühlte es sich für mich so an.
Nachdem ich mehr oder weniger beschlossen hatte, sein Angebot zum Mittagessen nicht weiterzuverfolgen, überraschte mich Simon.
»Ich finde, du solltest dich mit ihm treffen. Du könntest ein bisschen mit ihm flirten. Ich weiß, weiter lässt du es nicht kommen, denn so bist du nun mal. Er ist aber wichtig für uns. Er ist sehr wohlhabend, hat aber noch nie jemandem erlaubt, einen Dokumentarfilm über seine Stiftung zu machen, und das wäre eine ganz große Sache. Du musst lernen, deine Pluspunkte auch zu nutzen, Darling. Du unterschätzt, wie großartig du bist, und wenn es okay ist, Geschäfte mit Köpfchen zu machen, warum dann nicht auch mit Schönheit?«
Was sagst du dazu , Imo? Ich war mir nicht ganz sicher, ob er damit unterstellen wollte, ich hätte kein Köpfchen, aber das glaube ich nicht.
Vielleicht war es ja eine gefährliche Entscheidung, doch ich verabredete mich schließlich mit Hugo zum Mittagessen. Ich wollte perfekt aussehen – businesslike, aber attraktiv –, und so leistete ich mir ein Donna-Karan-Kostüm und ein traumhaft schönes Paar hohe graue Wildlederstiefel. Ich hatte schon ein paar Schmetterlinge im Bauch, als ich bei Regen den Weg zu seinem Haus in Egerton Crescent (wirklich ein reizender Ort) hinauflief. Die junge Frau, die mir die Tür öffnete, schaffte es in ihrem Chanel-Kostüm, dass ich mir trotz meiner eigenen schicken Garderobe wie ein Landei vorkam. Sie hatte diesen stilvollen Look, den man sich zulegt, wenn man jahrelang in den richtigen Geschäften einkauft. Trotzdem schenkte ich ihr mein breitestes Lächeln.
»Hallo, ich bin Laura Kennedy. Ich bin mit Sir Hugo Fletcher verabredet«, sagte ich und streckte ihr die Hand hin.
Es war offenkundig, dass ich von diesem mürrisch dreinblickenden Mädchen beurteilt wurde und dabei nicht besonders gut abschnitt. »Guten Morgen, Ms Kennedy. Ich bin Jessica Armstrong, Sir Hugos persönliche Assistentin. Er erwartet Sie. Bitte kommen Sie herein.«
Ich wurde in Hugos Privatbüro geführt, wo er sich von seinem Platz hinter dem Schreibtisch erhob, um mich zu begrüßen. Ich war noch nie in so einem Büro gewesen, mit dunkelgrünen Wänden voller Kunstwerke und Walnussholzmöbeln, die definitiv antik waren. Der Schreibtisch selbst war gigantisch und frei von jeglichem Papierkram, obendrauf eine Schreibunterlage ohne Tintenflecke oder Kritzeleien, an deren Oberkante schnurgerade ausgerichtet ein silberner Mont-Blanc-Füllfederhalter lag. Der einzige andere Gegenstand auf dem Schreibtisch war ein riesiger, ledergebundener Terminplaner, auf dessen Vorderseite die aktuelle Jahreszahl in Gold geprägt war. Gott sei Dank hatte ich Hugo nicht in mein Büro eingeladen, das in jeder Hinsicht das genaue Gegenteil von diesem hier ist.
Er kam um den Schreibtisch herum. »Willkommen, Laura. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn ich Sie Laura nenne?«
Ziemlich verwundert, wie er mich denn sonst nennen sollte, wusste ich keine rechte
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