Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo
an Viberti denkend, für einen Fernet Branca.
Langsam ging es ihm besser. Und es gelang ihm immer präziser, die Bruchstücke seiner Erinnerung zusammenzufügen. Hipp setzte sich an den kleinen Schreibtisch und massierte sich die kalten Finger. Dann schaltete er sein Notebook ein, ging über den Hotspot des Hotels online und rief eine Suchmaschine auf.
Eine Stunde später lief er gedankenverloren die Via Maestra hinunter, den Kragen seiner Jacke nach oben geschlagen. Trotz des leichten Regens trug er eine Sonnenbrille. Den Cortile della Maddalena mit dem Trüffelmarkt ließ er rechts liegen. Vor einer Kirche stehend, erreichte ihn der Anruf des Maresciallo.
»Tutto chiaro«, sagte dieser triumphierend. »Carlo Giardina ist überführt: Das Gewehr ist definitiv die Waffe, mit der Ildefonso Battardi erschossen wurde! Und sie ist mit seinen Fingerabdrücken übersät!«
»Congratulations«, sagte Hipp.
»Grazie, mille grazie! Aber ich weiß sehr wohl, dass ich ohne Ihre Hilfe …«
»Nicht der Rede wert. Wo ist er jetzt? Haben Sie bereits die Verhaftung in die Wege geleitet?«
»Schon erledigt. Vor zwei Minuten ist mir der erfolgreiche Zugriff gemeldet worden. Er ist bereits auf dem Weg zu mir.«
»Wer sagt es seiner Schwester Maria?«
Viberti räusperte sich. »So schnell können Sie einem die Freude am Ermittlungserfolg nehmen. Eine unangenehme Aufgabe, höchst unangenehm. Ich fürchte, ich kenne nur einen Mann, der diese Mission mit der erforderlichen Sensibilität erledigen kann.«
»Das sind Sie selbst, oder?«
»Ja, mein lieber Dottore, das sehe ich leider genauso.«
»Rufen Sie mich an?«
»Nachdem ich mit Maria gesprochen habe?«
»Nein, nach dem Verhör mit Carlo.«
»Aber gerne. Sie sind nach meinen Vorgesetzten der Erste, der von seinem Geständnis erfährt. Dann werde ich eine Pressekonferenz einberufen. Es gibt viel zu tun. Was machen Sie gerade?«
»Ich gehe spazieren.«
Viberti stöhnte. »In meinem nächsten Leben möchte ich gerne mit Ihnen tauschen.«
79
H ipp kaufte sich eine Zeitung, schlenderte über Nebenstraßen zum Caffè Calissano, nahm in der Ecke Platz, bestellte einen Espresso und begann zu lesen. Es dauerte zwar länger als erwartet, aber wie von ihm vermutet und ohne sich verabredet zu haben, trafen schließlich die drei jungen Damen ein. Mit Einkaufstüten und in gelöster Stimmung.
Ihm wurde plötzlich bewusst, dass es Sabrina, die ihren gesamten Bekanntenkreis in Amerika zurückgelassen hatte, in Italien an gleichaltrigen Freundinnen fehlte. Die Führung eines Weingutes, die damit verbundenen, immer aber geschäftlichen Kontakte sowie die Freundschaft mit einem Typen wie ihm, das war für eine junge Frau als soziales Umfeld zu wenig. Da kamen selbst so schräge Mädels wie Gina und Roberta für Sabrina wie gerufen.
Hipp faltete die Zeitung zusammen, stand auf und begrüßte das Trio infernale. Mit großem Hallo und vielen Küsschen ließen sie sich erschöpft auf die Stühle sinken. Roberta zeigte ihre neuen Schuhe. Dann kramte sie eine Seidenbluse hervor und einen roten Slip. Wenigstens verschonten ihn Gina und Sabrina mit ihren Einkäufen. Er hätte das nervlich nicht ausgehalten.
Wie es seinem Auto gehe, wollte Gina wissen. Was ihn daran erinnerte, dass sie vor ihrer wundersamen Verwandlung zu einer modischen Frau eine überaus handfeste Person gewesen war, die einen Anlasser mit einem Pflasterstein reparieren konnte.
Sehr gut, antwortete er, die Giulietta sei fertig, er hole sie morgen ab, dann gehe es zurück in die Toskana.
Er brauche sich nicht vom Trennungsschmerz überwältigen zu lassen, sagte Roberta. Gina und sie hätten bereits ausgemacht, dass sie bald zu Besuch kämen.
»Nach Montalcino?«, fragte er.
»Nein, natürlich zu dir. Gina hat gesagt, du hättest gewiss Platz für uns.«
Hipp zuckte zusammen. Er hasste es, Gäste zu haben, von Sabrina abgesehen. Während er nach einer passenden Erwiderung suchte, klingelte sein Handy. Viberti war dran.
»Dottore, ich kann Ihnen vermelden, dass Carlo Giardina unter der Last meiner Anschuldigungen zusammengebrochen ist. Er hat den Mord an seinem Schwager Ildefonso gestanden. Im Falle der Tötung von Hubertus Rettenstein hat er eingeräumt, kurz vor der Tat im Haus gewesen zu sein. Das Trüffelbuch habe er entwendet, während er nach Entdeckung der Leiche zusammen mit seiner Schwester auf die Polizei gewartet habe. Das ist natürlich absoluter Unsinn! Er wird auch diese Tat gestehen, da bin ich mir
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