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Hirngespenster (German Edition)

Hirngespenster (German Edition)

Titel: Hirngespenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Keller
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es und komm hierher«, sagte er mit Grabesstimme. »Emma und Clara gehen zu deinen Eltern, Luna bleibt bei mir.«
    Ich begriff zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht, was er gegen mich hatte. Das ganze Theater wegen dieses doofen Hauses? Jeder tickt eben anders, und Matthias, sorry, aber der tickte nicht richtig.
    Johannes sagte: »Du tust Anna keinen Gefallen, wenn du hinfährst. Er wird ausrasten und es an ihr auslassen. Sei froh, dass deine Eltern zu ihr dürfen.« Er hatte recht, Anna besaß nicht die Kraft und auch nicht den Willen, Matthias zu verlassen. Ich hätte ihr dabei geholfen, weiß Gott, aber dafür war wohl kaum der richtige Zeitpunkt. Eigentlich war für gar nichts der richtige Zeitpunkt, auch nicht für mein Treffen mit diesem Lovegod, das ich angezettelt hatte, und erst recht nicht für unseren Umzug.
    Wir hatten tatsächlich eine Wohnung im Nordend gefunden. Sie kostete zwar ein Vermögen, aber wir mieteten sie trotzdem. Eine Wohnung mit vier Zimmern und Gäste-WC; die beiden Kinder sollten in einem Zimmer schlafen, und ich bekam ein Arbeitszimmer, damit ich auch von zu Hause aus arbeiten konnte.

    Genau in dieser stressigen Phase, in der ich Zimmer strich und Türen abschliff, verabredete ich mich mit diesem Lovegod, um ihm gründlich die Meinung zu geigen. Ich war so richtig schön geladen, als ich zu unserer Verabredung fuhr; die Plackerei mit dem Umzug zerrte an meinen Nerven, ich hatte seit Monaten keinen Sex gehabt, die große Sorge um Anna – ich wollte Dampf ablassen. Sinnigerweise lud er mich in die Bar eines Hotels ein, das ich schon lange von innen hatte sehen wollen. Das Fleming‘s lag gar nicht weit von unserer neuen Wohnung entfernt, direkt in der Innenstadt. Ich freute mich diebisch auf Lovegods langes Gesicht, wenn er meinen Umfang sah! Entschlossen betrat ich das Hotel, nahm mit viel Vergnügen den alten Paternoster in den vorletzten Stock, ging noch eine weitere Treppe zu Fuß und steuerte geradewegs auf die ultramoderne Bar zu, bestellte mir beim Barkeeper eine Apfelsaftschorle und kletterte umständlich auf den Barhocker. Der Feigling würde sich möglicherweise gleich wieder verdünnisieren, wenn er mich sah, überlegte ich noch, als mir jemand von hinten eine warme Hand auf die Schulter legte. Überrascht wandte ich mich um und blickte in zwei blaugesprenkelte Augen, die mich interessiert musterten. Sie gehörten zu einem lässigen dunkelhaarigen Typen, der Chucks trug, genau wie ich.
    »Du bist schwanger«, stellte er amüsiert fest.
    »Offensichtlich«, grinste ich und überlegte mir eine erste verbale Ohrfeige für einen Ehebrecher wie ihn, als er sagte: »Du siehst wunderschön aus mit deinem dicken Bauch. Unglaublich.«
    »Wirklich?!«, fragte ich.
    Er nickte und machte es sich auf dem Barhocker neben mir bequem, bestellte ein Alkoholfreies und fragte im gleichen Atemzug: »Darf ich mal anfassen?«
    Ich fuhr mir mit der Zunge über die trockenen Lippen. »Äh …«, murmelte ich und reckte meinen Bauch vor.
    Vorsichtig platzierte er seine Hand genau auf meiner Bauchmitte und schloss die Augen. Ich schluckte. Mir wurde verdammt heiß, es musste an seiner warmen Hand liegen oder an dieser Situation, dass … In diesem Moment schob er seine Hand ganz langsam unter mein dünnes T-Shirt und legte sie mir auf die nackte Haut, direkt auf den sich bereits herausstülpenden Nabel. »So kann ich's besser fühlen«, zwinkerte er und übte sanften Druck mit seinen Fingerspitzen aus.
    Ich glaube, ich guckte ziemlich dumm aus der Wäsche; er lachte plötzlich auf und hob mit der freien Hand sein Glas. »Auf unser Abenteuer«, sagte er, »ich bin Jens.«
    »Silvie«, antwortete ich und knallte meine Apfelschorle gegen sein Bierglas, dass es nur so schepperte. Wir lachten und tranken, seine Hand noch immer auf meinem dicken Bauch, in dem mein Baby eine halbe Drehung machte. Als Jens schließlich die Hand von meinem Bauch nahm, war ich zunächst sprachlos – aber das hieß noch lange nicht, dass ich ihm die Sache durchgehen lassen würde! Unbeholfen suchte ich nach einem Entree für den unangenehmen Teil des Nachmittags, als er sich zu mir herüberbeugte und sagte: »Eine Sache würde ich gerne klarstellen.«
    »Hm?«, fragte ich neugierig und blickte über den Rand meiner Apfelschorle. Gleich war ich dran, mein Lieber!
    »Ich frage dich nichts über deinen Mann, deinen Freund oder deine Kinder – du nichts über meine Freundin oder Frau oder meine Kinder. Keine Nachnamen, keine

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