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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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Holländer schmackhafter zu machen. Aber ob sie uns deshalb Land schenkt, damit wir hier siedeln und womöglich unsere Waren in alle Welt verschiffen können?«
    Adele war ein bitteres Lachen über die Lippen gekrochen. »Wer weiß, wie hoch ihr Preis dafür ist. Ich traue kaum noch einem Menschen, Hiske. Nie mehr.« Beim letzten Satz hatte sich der Tonfall verändert. Adele klang verletzt, ängstlich. Hiske wollte erst nachfragen, aber ein Blick in die Augen ihrer Gastgeberin hielt sie davon ab. Sicher würde sie ihr eines Tages erzählen, was in Münster vorgefallen war. Jetzt war nicht der rechte Zeitpunkt. Daher hatte sie nur gefragt: »Gibt es eigentlich Menschen auf der Welt, denen du vertraust?«
    Adeles Antwort war ein kurzes, heftiges Kopfschütteln gewesen. »Es gibt nur sehr wenige, das glaube mir.«
    Hiske beschloss, zunächst abzuwarten und auszuharren, bis die Menschen wieder aus dem Keller kamen. Mit etwas Glück konnte sie ein paar Gesprächsbrocken aufschnappen und ihre Theorie bestätigt sehen. Sie fragte sich zum wiederholten Mal, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, genau hierhergeflohen zu sein. In Jever galt sie als Toversche, da war sie zwar die Zauberin, aber auch eine angesehene Hebamme gewesen, für die vielleicht auch jemand ein zweites Mal eine Bürgschaft übernommen hätte, damit sie freikam. Vielleicht hätte sie es darauf ankommen lassen sollen. Mach dir nichts vor, Hiske Aalken, schalt sie sich dann jedoch selbst. Dich hätte keiner mehr freigekauft. Niemand hätte den Mut aufgebracht.
    Hier in der Fremde war sie eine Außenseiterin, der kaum einer über den Weg traute und die von vorneherein von der Sache ausgeschlossen wurde, die diese ganze Gemeinschaft zusammenhielt. Dieses Band ließ die Menschen den Dreck und die Widrigkeiten der Lebensumstände hier aushalten.
    Hiske fror, sehnte sich tatsächlich in ihre Kammer nach Jever zurück, nach ihrer geregelten Arbeit, nach dem alten Leben, bevor das Unheil der Anklagen über sie hereingebrochen war. Sie war so entsetzlich allein, auch zu Adele hatte sich in der kurzen Zeit nicht so schnell ein Band spinnen können. In der Stadt waren zumindest ein paar Frauen gewesen, die ihr wohlgesonnen waren. Am meisten vermisste sie Gesche, die einen so grausamen Tod hatte erleiden müssen. Sie musste sich eingestehen, dass das anfängliche Wohlgefühl, das sie in der neuen Kammer bei Adele empfunden hatte, schon jetzt einer großen Leere gewichen war. In fast jedem Gespräch, egal mit wem sie es führte, kam der- oder diejenige auf den Mord zu sprechen, und jeder von ihnen schien Angst zu haben. Es war, als habe sich mit dem Tod von Ascheburgs eine Schlange in das Leben eingenistet und warte nun versteckt darauf, erneut ihre Zähne in das nächste Opfer schlagen zu können. Sie suchten nach ihr, doch fanden sie sie nicht. Wer von ihnen hatte sich so sehr der Gemeinschaft entzogen, dass er tötete? Welchen Hass, welche Beweggründe gab es, wo sie doch scheinbar alle so fest miteinander verschworen waren?
    Hiske sah in den Himmel, der sich düster und mit schweren Wolken verhangen über dem Land wölbte. Aus dem Keller drang kein Laut. Es wirkte wirklich beinahe so, als wären sie in eine andere Welt verschwunden. Hiske drückte sich an den Wänden des Burghofes herum, nahm den Geruch der vor sich hinkokelnden Feuerstellen wahr, roch den Unrat, der noch vom Abend herumlag, und betrachtete den Abort, der in der hintersten Ecke des Hofes lag. Gerade, als sie sich entschlossen hatte, doch nach Hause zu gehen, hörte sie eine Frauenstimme. »Was tust du hier?«
    Hiske schreckte zusammen, sie hatte nicht erwartet, dass sie beobachtet wurde. Ihr lief es eiskalt den Rücken herunter, als sie der Frau des Baders Dudernixen gegenüberstand. Ihr Blick war kalt, irgendwie leblos und alles andere als freundlich.
    »Warum bist du auf dem Burghof?« Die schneidende Stimme passte zu ihrem Auftreten.
    »Ich warte«, sagte Hiske.
    »Du brauchst auf gar nichts zu warten, Hebamme! Es kommt kein Kind, und ansonsten hast du um diese Zeit an der Burg nichts verloren.«
    Hiske überlegte, wie sie ihre Anwesenheit hier mitten in der Nacht erklären sollte. »Es hat jemand an mein Fenster geklopft und gesagt, Maria ginge es schlecht. Da bin ich hergekommen. Das ist meine Arbeit, Badersfrau, auch wenn es Euch nicht gefällt. Krechting hat es so bestimmt!«
    Magda Dudernixen kniff die Augen zusammen. »Du lügst doch, wenn du den Mund aufmachst! Kein Mensch hat an dein

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