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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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nicht viel abgewinnen konnte. Er hatte allerdings schon davon gehört, hielt es aber für Humbug. Schemering und Krechting würden sich keinen Gefallen tun, wenn sie sie verhaften ließen. Vermutlich verstand der Bader nur etwas vom Aderlass, Schröpfen oder Purgieren, weiter reichte sein Wissen nicht, weshalb er es auch immer und überall einsetzte, egal, ob es sinnvoll war oder nicht.
    »Ihr habt eine Menge Wissen«, sagte Jan.
    Hiske nickte. »Ich halte nichts von den barbarischen Methoden mancher Wundärzte und Bader, Medicus. Was Ihr so treibt, kann ich nicht einschätzen, nur dass Ihr den Mönch sträflich vernachlässigt habt. Er spricht dem Alkohol gern zu, das sieht man ihm an, und das erleichtert die Sache nicht.«
    Jan lachte. »Dafür, dass er gern Bier und Wein trinkt, kann ich nichts, Teuerste. Ich kenne ihn erst ein paar Monate.«
    »Nun denn. Lasst ihn in meiner Obhut, ich versichere Euch, dass ich alles tun werde, damit er gesund wird. Ihr könnt ihn gern besuchen.« Hiske sah Jan an. »Ihr habt vorhin den Jungen erwähnt …«
    Er sah auf die Erde, stieß mit der Schuhspitze einen Stein beiseite. »Ja. Ihr habt Euch um diesen Jungen gekümmert, den alle für einen Irren halten oder für einen Schatten …«
    »Was ist mit ihm?« Hiske war der Unterton in Jans Stimme nicht entgangen.
    »Sie suchen ihn. Als Mörder.«
    Hiske wurde blass. »Warum das? Was sind das für Teufel, für Menschen, die einen Jungen als Sündenbock benutzen, um sich selbst reinzuwaschen?« Sie hatte die Lage auf Anhieb erfasst.
    »Erzählt mir von ihm, ich möchte dem Kind helfen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass er auch nur das Geringste mit dem Mord zu tun hat.«
    Hiskes Gesichtszüge wurden tatsächlich weicher, als Jan das sagte. »Folgt mir. In meiner Kammer können wir reden. Und Ihr habt die Möglichkeit, einen Blick auf Garbrand zu werfen.«
    Hiske lief so rasch los, dass Jan ihr kaum folgen konnte. Sie öffnete die Tür, sah kurz in die Küche, wo das Feuer geschürt war und der Kessel darüberhing. Garbrand lag noch immer auf der Küchenbank und schnarchte. Sein Gesicht wirkte nicht mehr ganz so blass und teigig, hatte einen leicht rötlichen Hauch.
    »Sein Atem geht ruhiger«, sagte Jan.
    »Er ist völlig erschöpft.« Hiske schaute sich in der Küche um. »Adele ist nicht hier.« Sie warf einen Blick in den Kessel, in dem das heiße Wasser siedete. »Kann ich Euch ein Gebräu aus Kräutern anbieten? Das ist in Ostfriesland besser zu genießen als das Bier.«
    Jan nickte und sah zu, wie Hiske ein paar Blätter aus einem irdenen Gefäß nahm und in eine Kanne füllte, die sie mit heißem Wasser füllte.
    »Wir können uns dort hinsetzen, dann haben wir Euren Freund auch im Blick.« Hiske wies zum Küchentisch, vor dem ein paar dreibeinige Hocker standen.
    »Was wisst Ihr von dem Jungen?«, fragte Hiske, nachdem sie Jan einen Becher auf den Tisch gestellt hatte.
    »Schemering braucht einen Mörder, weil die Menschen im Lager unruhig sind. Er fürchtet, dass sie aufsässig werden. Außerdem haben alle Angst.«
    Hiske lachte hämisch auf. »Wenn sie ihnen eine Heimat versprechen und die Zusammenkünfte im Keller wichtiger sind als die Baumaßnahmen, sollten sie dort beginnen. Der Junge kann es gar nicht gewesen sein. Er ist eine zutiefst verstörte, aber liebe Seele.«
    »Woher kennt Ihr ihn?«
    »Er stand plötzlich in meinem Kräutergarten. Ich habe ihn angesprochen, aber er verstand kein Wort. Doch hat er so nach und nach Zutrauen gefasst, ich habe mit ihm sprechen geübt. Er ist nicht dumm, begreift schnell.« Jetzt lächelte die Hebamme, und ihr Gesicht wurde fast zärtlich. »Ich habe ihn den Wortsammler genannt, und es war so wichtig für ihn, dass er einen Namen hatte.« Hiske prüfte, ob die Kräuter dem Sud die richtige Stärke gegeben hatten, und schenkte Jan dann ein.
    Er umschlang den Becher mit beiden Händen. Es kam ihm so vor, als müsse er sich an dem warmen Gebräu, das tatsächlich sehr wohlschmeckend war, festhalten. Es schmeckte ein wenig nach Brombeere, aber auch ein Hauch von Holunder drang durch.
    »Wisst Ihr, woher der Junge stammt? Er muss doch Eltern haben.«
    Hiske zuckte mit den Schultern, und jetzt war es Jan, als strecke sie wie eine Katze die Krallen heraus. »Die, die das aus ihm gemacht haben, haben sich an ihm versündigt!« Sie sprang auf. »Was sind das für Menschen, die ein Neues Jerusalem bauen wollen, eine heilige Stadt, und gleichzeitig ein Kind den Löwen zum Fraß

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